FÜHRUNGSKRÄFTE 05. Dez 2014 Peter Ilg Lesezeit: ca. 3 Minuten

Führungsposition wird oft mit einem Ingenieur besetzt

In den Chefetagen deutscher Industrieunternehmen haben Ingenieure das Sagen. Mindestens jeder zweite Geschäftsführer oder Vorstand hat laut Mikrozensus ein Ingenieurstudium abgeschlossen. Gespür für Innovationen und Produkt-Wissen sind die Stärken von Ingenieuren, sagt der Volkswirt Oliver Koppel vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Manche hielten aber zu lange an einer Idee fest.

Ingenieure steigen vor allem in Technologieunternehmen häufig in die Führungspositionen auf.
Foto: Thomas Frey/Imago

VDI nachrichten: Laut Mikrozensus des Statistischen Bundesamts hat 2012 von den 1,7 Mio. erwerbstätigen Ingenieuren in Deutschland nur etwa die Hälfte in einem traditionellen Ingenieurberuf gearbeitet. Ein großer Anteil arbeitet als Hochschulprofessoren oder leitet ein Technologieunternehmen. Ist es in anderen Berufen auch so, dass viele nicht das tun, was sie gelernt haben?

Koppel: Ja, das ist in fast allen Berufen der Fall. Ausnahmen sind vor allem Mediziner und Lehrer, von denen die meisten in ihrem erlernten Beruf arbeiten. Deren Berufsfelder sind sehr eng gefasst. Ingenieure dagegen haben viele Möglichkeiten.

Zunahme an akademischer Ausbildung

Laut Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit ist die Anzahl der Erwerbstätigen mit akademischem Abschluss innerhalb von zehn Jahren erheblich gewachsen. 2003 waren es 5,6 Mio. und 2012 8 Mio. Wirtschaftswissenschaftler, Lehrkräfte, Ingenieure bilden in dieser Reihenfolge die größten akademischen Berufsgruppen. Laut Statistischem Bundesamt liegt der Anteil der selbstständigen Ingenieure an den Selbständigen insgesamt bei 4,1 %.

PI/cer

Eine weitere Erkenntnis aus dem Mikrozensus ist: 51 % der Manager in der Industrie haben einen Studienabschluss in Ingenieurwissenschaften. Eigentlich erwartet man doch, dass Wirtschaftswissenschaftler das Sagen haben, weil sie in Unternehmensführung ausgebildet sind. Ingenieure nicht.

Das Ergebnis überrascht mich nicht, denn der Erfolg eines Individuums und eines Unternehmens in der Industrie ist in erster Linie auf das technische Know-how zurückzuführen. Selbstverständlich braucht ein Ingenieur in einer leitenden Funktion auch Managementkenntnisse. Aber um ein technisches Unternehmen führen zu können, ist das Produktverständnis im „Business to Business“ deutlich wichtiger als das Erlernen wirtschaftlicher Kennzahlen und deren Anwendung. Das kann ein Ingenieur in der Praxis lernen und mit gesundem Menschenverstand anwenden.

Woher kommt es, dass so viele Ingenieure Geschäftsführer oder Vorstände in Technologieunternehmen sind?

In vielen eigentümergeführten Unternehmen haben die Gründer einen technischen Hintergrund, typischerweise ein Ingenieurstudium. In Technologiekonzernen ist es so, dass der Aufstieg ins Topmanagement für Ingenieure möglich ist, weil sie in einer Technologiesparte bereits nachgewiesen haben, erfolgreich Produkte entwickeln und am Markt platzieren zu können. Forschung und Entwicklung ist der Kernbereich vieler Hightech-Unternehmen. Dort herrschen uneingeschränkt Ingenieure und deshalb gelingt ihnen der Aufstieg ins Management gerade in der Industrie durchaus einfacher als in Dienstleistungsunternehmen.

Ist das gut so, dass Ingenieure Industrieunternehmen dominieren? Ist es eine logische Konsequenz der Wirtschaftsstruktur in Deutschland?

In der Tat spricht beides dafür, dass das Ergebnis so ist, wie wir es vorfinden. Ingenieure eignen sich aufgrund ihrer Produktnähe gut für eine Position im Management. Grundsätzlich aber erklärt die sehr stark industrielastige Wirtschaft Deutschlands, warum viele Ingenieure in Positionen ganz oben ankommen. Ingenieure sind auch in anderen Branchen erfolgreich, in der Industrie eben überproportional stark.

Was können Ingenieure, was Wirtschaftswissenschaftler nicht leisten?

Ingenieure können Innovationen generieren und sie erfolgreich am Markt platzieren. Letzteres schaffen Wirtschaftswissenschaftler auch, sie können aber keine technisch komplexen Produkte entwickeln. Im direkten Vergleich haben Ingenieure ein deutlich besseres Marktgespür, für welche Entwicklungen Kunden bereit sind, Geld auszugeben. Dazu fehlt Wirtschaftswissenschaftlern das technische Verständnis.

Ohne betriebswirtschaftliches Wissen wird kein Ingenieur Geschäftsführer oder Vorstand. Wo lernen sie Unternehmensführung und in welcher Tiefe ist betriebswirtschaftliches Wissen nötig?

Für Ingenieure, die an der Spitze eines Unternehmens stehen, ist profundes kaufmännisches Wissen unerlässlich. Manche Hochschulen bieten für Ingenieure modularisierte Aufbaustudiengänge an, in denen sie sich dieses Wissen aneignen können. Und wie gesagt: Häufig haben Ingenieure im Laufe ihres Berufslebens ausreichend betriebswirtschaftliche Erfahrung gemacht, etwa als Budgetverantwortliche in der Entwicklung. Sie haben BWL in der Praxis gelernt.

Man hört immer wieder: Ingenieure lernen leichter wirtschaftswissenschaftliches Wissen als Wirtschaftswissenschaftler ingenieurwissenschaftliches. Stimmt das?

Ja, definitiv. Das hat mit der intellektuellen Tiefe eines Ingenieurstudiengangs zu tun. Ein Ingenieurstudium ist deutlich anspruchsvoller als das eines Betriebswirts.

Was wäre anders, wenn Wirtschaftswissenschaftler an der Spitze von Industrieunternehmen stehen würden?

Ingenieure können manchmal aufgrund ihrer Technikverliebtheit nicht Abstand von einer Idee nehmen, die sich am Markt nicht durchsetzen ließ. Wirtschaftswissenschaftler reiten keine toten Pferde. Aber sie legen Wert auf kurzfristige Gewinnkennziffern und streichen dafür eher Forschungs- und Entwicklungsgelder zusammen. Langfristig gefährden sie damit die Gesundheit eines Technologieunternehmens. Denn das lebt von Innovationen.

Als Manager wird man nicht geboren, dahin entwickelt man sich. Welcher Typ Ingenieur eignet sich zum Geschäftsführer oder Vorstand?

Wir wissen, dass interdisziplinär ausgebildete Ingenieure, allen voran Wirtschaftsingenieure, schnell ins Topmanagementaufsteigen.

Diese Ingenieure kennen sich mit Technik und Wirtschaft aus, das macht sie erfolgreich und begehrt am Arbeitsmarkt. Sie haben Produkt-Know-how und Innovationsgespür, das zeichnet sie aus und genau das brauchen Topmanager in der Industrie. Deshalb besetzten Wirtschaftsingenieure besonders häufig Managementpositionen.

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