Wassereinspritzung verspricht mehr Effizienz bei großen Schiffsdieseln
Lange Zeit „flogen“ die großen Diesel der Binnenschiffe unter dem Radar der Emissionsgesetzgebung. Das hat sich jetzt geändert – zum Wohl der Umwelt. Allerdings stellen neue Grenzwerte Ingenieure weltweit vor neue Herausforderungen. Eine viel versprechende Lösung präsentiert das Troisdorfer Ingenieursunternehmen Exomission. Sein Ansatz: Wassereinspritzung in den Brennraum.
Während der Gesetzgeber die Abgasemissionen von Pkw und Nutzfahrzeugen mit scharfen Grenzwerten bedachte, genossen große Diesel für Lokomotiven oder Binnenschiffe bisher kaum Beachtung. Das ändert sich nun. Allerdings nur langsam, denn hier hat es der Gesetzgeber nicht mit wenigen Automobilfirmen zu tun, sondern – vor allem im maritimen Bereich – mit einer unüberschaubaren Vielzahl von Motorenbetreibern und teilweise Jahrzehnte alten Motoren, deren Nachrüstung extrem teuer werden kann.
Durch die Initiative eines jungen Ingenieurunternehmens namens Exomission kommt in die Schadstoffreduzierung großer Diesel nun Bewegung, zumal der Gesetzgeber Versäumtes nachzuholen gedenkt. Dabei ist Ruß das Hauptproblem, während Schwefel keine Rolle spielt. Seit dem 1. 1. 2011 enthält der Dieselkraftstoff für Binnenschiffe nur noch 10 ppm Schwefel wie für die Straßenfahrzeuge. Lediglich das Schweröl für die Überseeschiffe enthält heute noch bis zu 4 % Schwefel, der bei den Abgasemissionen eine erhebliche Rolle spielt.
Bisher standen für die Schadstoffreduzierung bei Binnenschiffen lediglich die auch für Straßenfahrzeuge üblichen Mittel wie Partikelfilter und SCR-System zur Verfügung. Eine weitere, vielversprechende Option ist die Einspritzung von Wasser in den Brennraum. Zwar ist seit vielen Jahrzehnten bekannt, wie die Abgasemissionen – aber auch Verbrauch und Leistung – durch die zusätzliche Einspritzung von Wasser in den Brennraum von Otto- und Dieselmotoren beeinflusst werden könnten. Eine großflächige Anwendung gab es jedoch nicht. Als Hauptproblem galt, dass Kraftstoff und Wasser ohne chemische Zusätze keine stabile Emulsion bilden. Emulgatoren aber sind nicht nur teuer, sie können auch bei der Verbrennung Nebenprodukte bilden, die niemand wünscht.
Vor knapp drei Jahren gründeten die beiden erfahrenen Ingenieure Stefan Fischer und Uwe Israel das Unternehmen Exomission. Sie entwickelten ein Verfahren, mit dem Wasser ohne chemische Zusätze in den Kraftstoff einemulgiert werden kann. Dazu erwarben sie alle Rechte an einem mechanisch- hydraulischen Mischer von Scarabaeus, der keine bewegten Teile besitzt und keine zusätzliche Energie benötigt. Sie richteten ihr Augenmerk zunächst auf die Dieselmotoren der Binnenschiffe, bei denen die Schadstoffreduzierung besonders dringlich ist. Diese Motoren mit Hubräumen um 50 Liter sind zum Teil über 60 Jahre alt und sprechen jeder Schadstoffnorm Hohn. Zwar wird der nachträgliche Einbau von Partikelfilter und SCR-Reaktor staatlich gefördert, doch die Nachfrage von Seiten der Schiffseigner ist bisher extrem gering.
In Deutschland gibt es rund 4000 Binnenschiffe, von denen etwa 400 jeden Tag den Rhein zwischen Köln und Bonn befahren und dabei mehrere Umweltzonen passieren. Dabei emittieren sie so viel Ruß wie 3,8 Mio. Pkw, die für die Euro 5-Norm ausgelegt sind. Jede Maßnahme, die Emissionen des Straßenverkehrs noch stärker zu begrenzen verläuft angesichts der Schiffsemissionen im Ergebnis somit fast im Sande.
Aus der Literatur sind viele Möglichkeiten der zusätzlichen Wassereinbringung bekannt: Emulsionseinspritzung, direkte Wassereinspritzung zusätzlich zur Kraftstoffeinspritzung oder die Befeuchtung der Ansaugluft differieren im Ergebnis sehr stark voneinander. Die Ergebnisse waren allesamt nicht befriedigend, obwohl sie von den großen Motorenherstellern über längeren Zeitraum versucht wurden. Zudem war der Aufwand oft untragbar hoch.
Für Stefan Fischer und Uwe Israel kam nur die Emulsionseinspritzung ohne chemische Emulgatoren infrage. Gegenüber Straßenfahrzeugen vereinfacht sich das Problem, weil die großen Diesel nahezu ausschließlich mit konstanter Last und Drehzahl laufen. Exomission entwickelte ein Kraftstoff-Wasser-Emulsionssystem (KWE), bei dem der Scarabaeus- Mischer in die Kraftstoffleitung vor den Hochdruckpumpen eingefügt wird. Ein Steuergerät sorgt dafür, dass der Motor mit reinem Dieselkraftstoff gestartet und die Wasserzufuhr vor Stilllegung des Motors abgeschaltet wird, um Korrosionsschäden zu vermeiden.
Außerdem regelt das Steuergerät die Wasserzufuhr, wenn der Motor mit schwankender Last und Drehzahl läuft, um stets eine optimale Rußreduzierung zu erreichen. Verwendet wird normales Trinkwasser, das in der KWE eine Aufbereitung durchläuft und mit etwa 10 bar in den Kraftstoff einemulgiert wird.
Prüfstandsversuche und erste Einbauten lassen aufhorchen
Sowohl die Testergebnisse bei Untersuchungen des TÜV Nord in Essen wie in der Praxis ergaben eine Rußminderung von 100 %, wenn der Wasseranteil 40 % beträgt. Dann sinkt die Partikelanzahl um 94 % und die Partikelmasse um 83 %.
Bei einem Wasseranteil von 40 % wird nicht nur der Ruß vollständig beseitigt, auch NOx sinkt bis zu 30 % und der Verbrauch um 2,2 %. Die höchste Verbrauchsreduzierung um 2,8 % ergab sich im TÜV-Test bei einem Wasseranteil von 25 % , wobei die NOx-Minderung immer noch rund 20 % betrug und Ruß zwischen 91 % und 95 % eliminiert wurde. Die hier genannten Zahlen werden von Motor zu Motor differieren. So auch der Kraftstoffverbrauch, der bei einigen Motoren laut den vorliegenden Angaben bis zu 10 % sinken kann.
Entscheidend ist, dass mit der Wassereinspritzung der Einbau des ungeliebten Partikelfilters vermieden werden kann, dessen nachträglicher Einbau bei älteren Schiffen auf nahezu unüberwindbare Schwierigkeiten stößt. Er muss zudem bei einem Binnenschiff etwa viermal pro Jahr ausgebaut und gereinigt werden. Wie auch bei Straßenfahrzeugen steigt der Kraftstoffverbrauch mit zunehmender Beladung des Filters an, um nach der Säuberung wieder den Ausgangswert zu erreichen („Sägezahnverbrauch“). Ohne Partikelfilter, jedoch mit Wassereinspritzung wird zugleich NOx reduziert und die notwendige SCR-Anlage kann kleiner ausfallen. Sie wird passgenau von Emitec zugeliefert und benötigt viel weniger Harnstofflösung („AdBlue“) als in Kombination mit einem Partikelfilter.
Nach den Prüfstandsversuchen rüstete Exomission das neue, 110 m lange Gefahrgutschiff „TMS Rudolf Deimann“ mit einer Tonnage von 2322 t mit einer KWE aus. Das Schiff wird von einem Wärtsilä-Motor 6L20 mit einem Hubraum von 52,8 l angetrieben, der je nach Fahrweise zwischen 80 und 200 l Kraftstoff pro Stunde verbraucht. Der moderne Sechszylinder-Vierventil-Turbodiesel mit Ladeluftkühler arbeitet mit Einzel- Einspritzpumpen (Pumpe-Leitung-Düse, PLD) und einem Einspritzdruck von 1500 bar. Nach Fertigstellung wurde das Schiff auf der dafür vorgesehenen Teststrecke in den Niederlanden durchgemessen und übertraf die Erwartungen aller Beteiligten. Seither lief der Motor mit dem KWE rund 1800 h.
Durch die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der AdBlue-Menge, aber auch durch den Wegfall des Partikelfiltereinbaus und seiner Wartung amortisiert sich die KWE schon nach etwa einem Jahr und entlastet die Umwelt. Da die KWE modular aufgebaut ist, lässt sie sich jedem Anwendungsfall optimal anpassen. Kein Wunder, dass der Staat den Einbau der KWE von Exomission finanziell fördert. Nun muss er nur noch den Weg aufs Wasser finden.