1981: Bahn unter Druck und mit Plänen für die Zukunft
Durch die sich abzeichnende Ölkrise drohte viel Güterverkehr von der Straße auf die Bahn verlagert zu werden. Doch Autor Paul Kalinowski sah keine ausreichenden Kapazitäten der Deutschen Bahn dafür.
VDI nachrichten meldete am 10. April 1981 auf S. 13: „Bundesbahn ist für den Ernstfall nicht gerüstet“. Dort hieß es: „Der Fahrzeugpark mit 330 000 Güterwagen und 2700 elektrischen Lokomotiven reicht gerade aus, um den gegenwärtigen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn die sich zuspitzende Ölpreiskrise zu einer Mengenkrise wird, dürfte die DB kaum in der Lage sein, einen ins Gewicht fallenden Anteil der rund 300 Mio. t Jahresmenge des Straßengüterverkehrs zu übernehmen und die Versorgungssicherheit der Wirtschaft zu gewährleisten.“
Zum Hintergrund: Nach der Islamischen Revolution im Iran 1979 und dem Angriff des Iraks auf den Iran stieg der Ölpreis erneut stark. Dies wirkte sich mit leichter Verzögerung auch auf die deutsche Wirtschaft aus. Sie schrumpfte.
Interessant ist die Entwicklung des Güterverkehrs auf der Schiene in den Jahren zuvor. Er sank von 366 Mio. t transportierter Güter im Jahr 1970 auf 305 Mio. t im Jahr 1978. 1979 gab es dann den Sprung nach oben auf 338 Mio. t und bis 1981 wuchs der Güterverkehr der Bahn auf 340 Mio. t. Der Straßengüterfernverkehr legte dagegen stark zu: Von 165 Mio. t. 1970 auf 290 Mio. t. im Jahr 1979 zog er im Krisenjahr fast gleich mit der Bahn.
Weniger Güter auf der Bahn als vor 40 Jahren
Interessant der Vergleich mit heute: Die Menge der beförderten Güter von DB Cargo betrug im Jahr 2019 rund 232 Mio. t – Tendenz seit Jahren kontinuierlich fallend, nachdem 2012 noch 399 Mio. t auf der Schiene transportiert worden waren.
Der Autor des Beitrags von 1981 zieht ein prophetisches und zugleich ernüchterndes Fazit: „… dürfte sicher sein, dass die auf Arbeitsteilung und Spezialisierung beruhende hohe Produktivität unserer Industrie mit weniger Öl auskommen wird, jedoch nicht ohne einen leistungsstarken, vom Öl unabhängigen Verkehrsträger. Im jetzigen Zustand ist die Bundesbahn kaum in der Lage, bei kritischer werdender Erdölsituation die Wirtschaft in der Bundesrepublik ausreichend zu versorgen.“
Deutsche Bundesbahn Thema auf sechs Zeitungsseiten
Auf weiteren fünf Seiten widmete sich VDI nachrichten in der gleichen Ausgabe anderen Aspekten der damaligen Deutschen Bundesbahn. Schon damals lautete eine der Titelzeilen: „Bahnstromversorgung ist unabhängig vom Erdöl“, wichtig in Zeiten politischer Unruhen im Nahen Osten. Hoffnungsfroh schien der Redaktion damals der Ausblick auf den Transrapid. Wir wissen heute: Es kam anders.
Technische Aspekte beleuchtete ein Beitrag über die Linienzugbeeinflussung– eine der entscheidenden Voraussetzungen für den heutigen Schnellfahrbetrieb.
Auch der internationale IC-Verkehr war Thema. Der Fortschritt in der Antriebstechnik der Bahn durch die leistungsfähiger werdende Leistungselektronik wurde ebenso thematisiert wie die Optimierung des Rad-Schiene-Systems für neu zu bauende Hochgeschwindigkeitsstrecken.
Bahnkunden organisieren sich
Auch in der Personenbeförderung brachte das Jahr 1981 Neues für die Bahn. Bahnfahren hieß auch damals schon einerseits: während der Reise essen, arbeiten oder schlafen zu können. Andererseits gab es auch damals Verspätungen, Zugausfälle, dreckige Sitze, eklige Toiletten oder verpasste Anschlüsse. Deshalb wurde am 28. März 1981 in Köln der Verein „Pro Bahn“ gegründet. Zweck der neuen Institution mit Sitz zunächst in Bonn war und ist die Verbraucherberatung und die Vertretung der Kundeninteressen.
Heute hat der Verband nach eigenen Angaben 4000 persönliche Mitglieder – bei „leicht steigender Tendenz“, wie es auf der Homepage heißt. Die Bilanz dort nach 40 Jahren: „Pro Bahn hat in vielen Gebieten Deutschlands neue Angebote im öffentlichen Verkehr (z. B. Spätverkehre, Wochenendangebote) und Aufwertungen durch Ausschreibungen angestoßen, verbesserte Anschlüsse eingefordert, den Erhalt von Bahnlinien gefördert, den integralen Taktverkehr auf der Schiene miterfunden.“