2004: Tsunami-Katastrophe in Indonesien und Thailand
Der Beitrag „Neue Riffe und Mangroven fürs Paradies“ von unserem Autoren Urs Müller, erschienen am 11. März 2005, ist nur einer von vielen Beiträgen, die wir den Auswirkungen des verheerenden Tsunamis im Ostindischen Ozean von 2004 gewidmet haben. Bis heute wird intensiv an effektiven Frühwarnsystemen geforscht. Eines, das mithilfe von Methoden der Künstlichen Intelligenz noch schneller und genauer werden soll, haben japanische Wissenschaftler gerade der Öffentlichkeit vorgestellt.
Nach der unfassbaren Flutwelle, die zu Weihnachten 2004 mindestens 230 000 Menschen in den Tod gerissen und in vielen Ländern für unvorstellbares Leid gesorgt hatte, mehrten sich die Forderungen nach Schutzmaßnahmen und Frühwarnsystemen. In dem Beitrag vom 11. März 2005 berichtete unser Autor Urs Müller über Möglichkeiten, mithilfe von Pflanzen und Riffs Tsunamis effektiven Widerstand zu leisten.
In dem Text von 2005 heißt es: „Natürliche Barrieren wie Korallenriffe, Mangroven und Sanddünen sind der beste Schutz vor Flutwellen“, erklärt Brian Thomson, Ingenieur für Umwelttechnik des Marine Biological Research Centre in Phuket. Sein Zeigefinger deutet auf Satellitenbilder von Südwestthailands Küste vor und nach dem 26. Dezember. Darauf ist zu erkennen, dass ein ausgedehnter Korallengürtel die Inselgruppe Similan schützte, während die Urgewalt des Tsunamis den 40 m östlich gelegenen Badeort Khao Lak buchstäblich dem Erdboden gleich machte.
„Vom Tsunami verschont wurde auch Thailands südwestlichste Provinz Trang“, fährt Thomson fort, „da die nichtstaatliche Yadfon-Vereinigung seit Mitte der 1980er-Jahre die Fischer zum Schutz und zur Rehabilitation des Ökosystems anhält.“ Heute managen schon 30 der 65 Fischerdörfer der Provinz ihre Mangrovenwälder und Riffe selbst. „Kommunales Engagement ist effizienter als staatlicher Umweltschutz“, resümiert Yadfon-Gründer Pisit Chansnoh, „da der Fischer aus Eigeninteresse auf ein gesundes Ökosystem zur Steigerung des Fangs und Einkommens achtet.“
Auch künstliche Riffe aus Beton bieten Schutz
„Das Amt für Meeres- und Küstenrohstoffe wird 3 km vor der Küste für 30 Mio. € rund 700 wuchtige Betonriffe versenken. Ähnliche Riffe sollen um die malerischen Phi Phi Inseln versenkt werden, wo viele Korallen längst abgestorben sind.“
„Alles in allem schätzt die Regierung die reinen Wiederaufbaukosten der Fischerdörfer und Infrastruktur auf höchstens 30 Mio. €, da der Tsunami außer Ban Nam Khem an Thailands andamanischer Küste nur noch 29 weitere der insgesamt 418 Dörfer verwüstete.“
Zwei weitere Beiträge aus dem Jahr 2005 beschäftigten sich mit der digitalen Satellitenaufklärung und Bojen zur Tsunami-Früherkennung.
Dringend benötigt: Frühwarnsysteme
Schätzungen gehen davon aus, dass bei einem Seebeben in 300 km Tiefe und etwa 50 km Entfernung von Land ein Tsunami schon 15 min bis 30 min später mit voller Wucht auf die Küste prallen kann. Viele moderne Warnsysteme aber arbeiten selbst heute noch entweder zu langsam oder sie sind zu ungenau. Beim japanischen Elektronikkonzern Mitsubishi Electric tüfteln Teams deshalb an einem System, das genauer als die bisherigen sein soll.
Es arbeitet mit der konzerneigenen KI-Technologie Maisart (Mitsubishi Electric‘s AI creates the State-of-the-ART in technology). Dabei erfassen Radarwellen von der Küste aus die Strömungsgeschwindigkeit auf der Meeresoberfläche und schätzen die Wellenhöhe ab. Mithilfe des Algorithmus wird aus den Radardaten anschließend die Wellenrichtung errechnet.
Der Blick hinter den Horizont
Das Hochfrequenzradar aus Japan blickt 200 km weit aufs Meer hinaus und deckt so in einem breiten Winkel eine große Fläche ab. Dabei folgen die Radarsignale nach Herstellerangaben sogar der Erdkrümmung. Das System kann also sozusagen hinter den Horizont schauen – und zwar bei einer Frequenz von 3 MHz bis 30 MHz zwischen 30 km und 300 km weit.
Der Deep-Learning-Algorithmus, den die Forschenden von Mitsubishi Electric auch für andere Anwendungen nutzen, wird mit Daten zur Wellengeschwindigkeit und der daraus resultierenden Höhe der möglichen Flutwelle am Ufer trainiert. Dafür nutzt das Team Simulationen früherer Erdbeben und von Verwerfungen am Meeresboden. Damit lernt die KI Zusammenhänge zwischen Geschwindigkeit und Überschwemmungstiefe eines Tsunamis.