Pietätvoll graben ist das Spezialgebeit der Firma Schmelzer
Sie sind extra dafür gebaut, jene Löcher auszuheben, in die Särge abgesenkt werden sollen. Dabei dürfen die Nachbargräber auch in engen Reihen nicht zu Schaden kommen. In diese Lücke stößt die Firma Schmelzer.
Gerade rund um Allerheiligen, im Herbst, besuchen viele Menschen die Gräber ihrer Verstorbenen. Dabei erwarten sie Pietät und Vorsicht, wenn im Nachbargrab des Friedhofs ein neues Grab geschaufelt wird. Benachbarte Einfassungen oder Grabsteine dürfen dabei auf keinen Fall beschädigt werden.
Hermann Schmelzer Maschinenfabrik
Gründung: 1930 durch Hermann Schmelzer. Heute geführt von Hans Schmelzer.
Branche: Bau- und Landmaschinen
Mitarbeiter: 20
Produktionskapazität: etwa 30 Bagger pro Jahr
Vor etwa 60 Jahren hatte Hermann Schmelzer die Idee, dafür besondere Bagger zu produzieren. Der Landtechnikingenieur aus Neustadt/Aisch war nach dem Zweiten Weltkrieg in die väterliche Werkstatt für Landtechnik eingetreten. Mit 23 Jahren hatte er sein Ingenieurstudium in Köln abgeschlossen.
Hermann Schmelzer war ein Tüftler, der bereits Mitte der 1950er-Jahre hydraulische Nachrüsthubgabeln für Ackerschlepper entwickelte, baute und verkaufte. Auch Hydraulikpatente hatte er dafür bekommen. Dann kam der „Hytrac 450S“: Nach eigenen Angeben produzierte die kleine Maschinenbaufirma diesen, als ersten serienmäßigen Grabbagger.
Auf diesen Bagger ist man bei Schmelzer heute noch stolz. Doch eigentlich, gibt der aktuelle Chef Hans Schmelzer zu, war ein Frankfurter Friedhofsamtsleiter mit „dran schuld“: Er fragte damals, ob es den auf einer Messe ausgestellten mobilen Misthaufenlader nicht auch in einer schmaleren Ausführung gäbe, um Gräber ausheben zu können. Hermann Schmelzer ließ sich nicht lange bitten: Ein Prototyp wurde in Frankfurt erfolgreich getestet. „Und danach wurde der 450S vielfach gebaut“, erzählt sein Sohn Hans schmunzelnd.
30 Maschinen pro Jahr verlassen durchschnittlich das Werk im Aischgrund; über 1700 Grabbagger kamen seit dem ersten 450S zusammen. Und die heutige Unternehmerfamilie – der Wirtschaftsingenieur für Maschinenbau und seine Ehefrau Sabine Breuer-Schmelzer sind die dritte Generation – will die Erfolgsgeschichte offenbar noch länger fortsetzen. Dabei firmiert Schmelzer bis heute als Einzelunternehmer, haftet also mit seinem gesamten Vermögen.
Der Betrieb sieht sich „in der Friedhofstechnik seit nahezu 60 Jahren als eines der führenden Unternehmen“. Und als innovativ wie zu Beginn. Zurzeit bauen die Neustädter drei verschiedene handgeführte Grabbagger, die unter der Bezeichnung ASL-Robo laufen. Dazu kommt der „Hytrac 400S“, der vierradgelenkte Nachfolger des Ur-Grabbaggers.
Besondere Merkmale haben die Robos: Sie sind vor allem dort im Einsatz, wo enge Wege zwischen Gräbern verlaufen. „Rechtwinklig von 88 cm breiten Haupt- in 30 cm breite Seitenwege fahren“ können die Friedhofsbagger nach Herstellerangaben.
Auf dem Friedhof der 120 000-Einwohner-Stadt Fürth, 30 km von Neustadt/Aisch entfernt, heben die Arbeiter seit etwa fünf Jahren mit einem solchen ASL-Robo Gräber aus. Gerade, wenn ein Grab in den schmalen, alten Reihen neu belegt wird, kommt der Grabbagger zum Einsatz. Aus der Friedhofsverwaltung hört man nur Gutes über das Gerät.
Der Bagger wird dabei von Hand mit einer Deichsel durch die Wege gelenkt. Wobei auch das Rad unter der Deichsel angetrieben wird: Allradantrieb also. Beim Ausheben des Grabes wird der Bagger dann wieder sitzend vom Führerstand einer Kabine aus bedient.
Hans Schmelzer nennt diese Maschinen „Zwei-Wege-Portal-Bagger“. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist eine Erfindung, die er 2002 patentieren lies: Die Räder des Gerätes können dank Hydrauliklenkung um 90 Grad gedreht werden. Auch der Räderabstand, also die Spurweite, kann hydraulisch verstellt werden. Darüber hinaus lässt sich auch die Neigung regulieren. Das übernimmt ebenfalls die Hydraulik. Damit kann der Bagger auch für Arbeiten am Hang eingesetzt werden.
Mit den extrem manövrierfähigen Robos-Modellen stieß Schmelzer erneut in eine Marktlücke. Denn gerade die Wege auf kleineren Friedhöfen mit historischen Grabfeldern seien schlecht für große Vierradbagger geeignet.
Sein Unternehmen sei so klein und flexibel, um sich „auch individuellen Anforderungen und Wünschen der Kunden stellen zu können“, berichtet der Firmeninhaber stolz. Die Fertigungstiefe ist enorm, sogar die Hydraulikkolben werden im Werk selbst gedreht. „Es ist für uns kein Problem, einzelne Kolben 10 cm länger zu machen“, beispielsweise um die Reichweite des Baggers zu erhöhen, erläutert er.
Besucher der Fertigung, in einem Neustädter Auengebiet gelegen, bekommen fast das Gefühl: Außer dem Motor werden alle Metallteile von den Mitarbeitern selbst hergestellt. Weshalb die Belegschaft auch in der Lage ist, aus alten Grabbaggern nahezu neue zu machen.
Auf der „22. Internationalen Fachmesse Urbanes Grün und Freiräume – Planen – Bauen – Pflegen“, kurz GaLaBau 2016, auf dem Nürnberger Messegelände präsentierte die Neustädter Grabbaggerschmiede im Herbst eine weitere Neuentwicklung: das Mehrzweckfahrzeug GT 1101. Das ist ein allradgelenkter Geräteträger – dafür steht das Kürzel GT – mit 1,6 t Nutzlast, der ebenso als Zugmaschine eingesetzt werden kann.
Für den 20-Mitarbeiter-Familienbetrieb aus dem Aischgrund ist das eine neue Herausforderung. Doch was tut man nicht alles, wenn „die Kundschaft danach fragt“. Gegenüber dem Vorgängermodell GT 5001 ist der „Neue“ nicht nur technisch, sondern auch optisch verändert: der GT 1101 hat ein Fahrerhaus. Bisher saß der Fahrer noch im Freien.
Derzeit tüftelt der Ingenieur Hans Schmelzer an einem Elektroantrieb für den GT 1101. Ein Trend, der gerade für solche Fahrzeuge anhalten dürfte, die künftig in innerstädtischen Bereichen unterwegs sein wollen. Das jedenfalls vermutete Christian Labonte von Audi-Design in seinem Impulsvortrag „Zukunftsmobilität – Chancen und Trends“ auf der Branchenmesse Galabau.
Durch das neue Mehrzweckfahrzeug will Hans Schmelzer die Verlagerung zur Feuerbestattung ausgleichen, die zu einem Rückgang bei den Friedhofsbaggern führt. Doch die wirkliche Kompetenz von Schmelzer soll auch künftig im Herstellen von Grabbaggern liegen.ciu