„Wir brauchen Handlungsspielraum“
Zum ersten Mal seit 13 Jahren erhöht der VDI seine Mitgliedsbeiträge zum 1. Januar. Präsident Udo Ungeheuer und Direktor Ralph Appel stehen dazu Rede und Antwort.
VDI NACHRICHTEN: Herr Ungeheuer, demnächst wird es teurer, VDI-Mitglied zu sein. Wie erklären und begründen Sie Ihren Mitgliedern die Beitragsanpassung?
Ungeheuer: Unsere Mitgliederangebote und die Zahl unserer Projekte sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen und wir konnten dies realisieren, ohne die Beiträge zu erhöhen. Wir haben also 13 Jahre lang gut gewirtschaftet. Allerdings ist eine Erweiterung unserer Leistungen, gerade auch auf Basis unseres neuen Leitbildes, mit bestehenden Mitteln dauerhaft nicht möglich. Wir möchten und müssen uns aber für die Zukunft rüsten und strategische Projekte, an deren Ideen ehren- und hauptamtliche Mitglieder mitarbeiten, bald umsetzen, damit unsere Mitglieder auch weiterhin aus einem attraktiven Angebotsportfolio schöpfen können.
Herr Appel, ist die Beitragsanpassung nicht gerade für Studierende und junge Mitglieder zu hoch?
Appel: Natürlich sind die Studierenden und jungen Mitglieder ganz wichtige Zielgruppen für die Zukunft unseres Vereins. Gleichzeitig verfügen sie über ein begrenztes Einkommen. Deshalb subventionieren wir die Beiträge für junge Mitglieder ja bereits heute. Aufgrund gestiegener Kosten ist allerdings auch in dieser Mitgliedergruppe eine moderate Erhöhung erforderlich, denn gerade für diese Zielgruppe bieten wir eine Menge. Betrachten wir die Beitragsanpassung einmal anders: Für Studierende sind es 60 Cent/Monat, für Berufseinsteiger durchschnittlich 1,17 €/Monat mehr; das sind moderate Anpassungen. Darüber hinaus unterstützen unsere ordentlichen Mitglieder die Beiträge für junge Menschen mit einer etwas höheren Anpassung von ca. 2,30 €/Monat. Insofern ist das eine Investition in die Zukunft unseres Vereins.
Sie sprachen von einem attraktiven Angebotsportfolio für Ihre Mitglieder, was heißt das konkret?
Ungeheuer: Jedes VDI-Mitglied hat in allen Lebensphasen die Möglichkeit, aus einem großen Fundus von Vereinsangeboten zu schöpfen. Mit 55 technisch-wissenschaftlichen Fachbereichen in zwölf Fachgesellschaften, den berufspolitischen Fachbeiräten und Beratungsangeboten sowie unseren 45 Bezirksvereinen und 15 Landesverbänden wie auch in unseren Social-Media-Netzwerken bieten wir eine fachliche Heimat für alle Ingenieurinnen und Ingenieure.
In diesen Netzwerken findet jeder seine Ansprechpartner, um daraus Kontakte und auch Vorteile für seinen beruflichen Werdegang und für die persönliche Entwicklung generieren zu können – oder einfach neue interessante Menschen kennenzulernen.
Im Mitgliederbereich „Mein VDI“ auf www.vdi.de bieten wir diese Angebote und Möglichkeiten personalisiert an. Wir sind aber nicht nur fachliche Heimat für Ingenieurinnen und Ingenieure, sondern auch Sprecher der Technik und Wissenschaft und verstehen uns als Gestalter in zahlreichen technikbezogenen, politischen und beruflichen Fragestellungen, wie etwa der Ingenieurgesetze.
Aber ist der VDI in den Augen einiger Mitglieder nicht ein anonymer Traditionsverein, für den sie jetzt mehr bezahlen sollen?
Appel: Tradition ist wichtig, wir kennen unsere Wurzeln. Wir sind heute, mit unserem sehr großen Netzwerk von Experten aus Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie der Wirtschaft mit unseren vielen Kontakten in die Politik ein sehr moderner Verein. Wir leisten als größter technisch-wissenschaftlicher Verein Europas einen sehr maßgeblichen Beitrag zur Sicherung und Entwicklung des Technikstandortes Deutschland. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern, dem Ehrenamt und unseren Mitarbeitern im Hauptamt prägen wir maßgeblich das Berufsbild des Ingenieurs mit verschiedensten Kampagnen zu relevanten Themen aus Technik, Wissenschaft und Bildung. Der VDI ist eine gefragte Organisation von Experten, anerkannter Regelsetzer und Ratgeber der Politik. Das empfinde ich, der ich ja quasi von draußen dazu kam, aus eigener Erfahrung nach nun fast drei Jahren in meiner Rolle sehr deutlich so und freue mich darauf, den VDI in diese Richtung weiterzuentwickeln.
Was dürfen die Mitglieder in Zukunft vom VDI erwarten?
Appel: Auf Basis unseres Leitbildes haben wir in den letzten Monaten unter der Überschrift „VDI2020“ erste Projekte definiert, die wir jetzt angehen. So wollen wir zum Beispiel unter dem Arbeitstitel „VDI digital“ die Vernetzung unserer Mitglieder noch umfassender und einfacher gestalten. Das Internet verändert in rasanter Art und Weise unser Informations- und Kommunikationsverhalten. Der VDI nutzt schon jetzt sehr aktiv Xing, Facebook, Twitter, LinkedIn und You Tube, um seine Mitglieder zu erreichen, aber wir müssen die Vernetzung noch einfacher gestalten, auch um fit für die Zukunft, moderner und schneller zu werden. Darüber hinaus wollen wir unsere öffentliche Präsenz und Wahrnehmung weiter forcieren, damit die Stimme der Ingenieure und Ingenieurinnen noch besser gehört wird.