„Wir müssen wieder klar machen, wer sich Ingenieur nennen darf“
Die Ingenieurkammern drängen darauf, die Ingenieurgesetze der Bundesländer zu verschärfen. VDI-Präsident Udo Ungeheuer lehnt dies ab. Die Position des VDI erläutert er im folgenden Beitrag.
Um den Ingenieurbedarf unserer Volkswirtschaft decken zu können, brauchen wir mehr Absolventen mit einer hohen Ausbildungsqualität. Zudem benötigen wir eine angemessene Regulierung des Ingenieurberufs und des Ingenieurarbeitsmarkts. Dafür gibt es die Ingenieurgesetze. Sie regeln nicht nur den Schutz der Berufsbezeichnung Ingenieurin und Ingenieur, sondern auch die Anerkennung ausländischer Hochschulabschlüsse.
Diese Gesetze werden in den Bundesländern derzeit überarbeitet. Der VDI befürchtet, dass es in einigen Bundesländern zu Änderungen kommen könnte, die die bisherige sinnvolle und bewährte bundeseinheitliche Regelung aufweicht.
Wir haben deshalb vier Forderungen aufgestellt. Erstens: Wir brauchen auch weiterhin bundesweit einheitliche Regelungen darüber, wer die Berufsbezeichnung Ingenieur führen darf. Am einfachsten ließe sich dies erreichen, wenn hierfür der Bund zuständig wäre. Doch auch bei Länderzuständigkeit muss es selbstverständlich sein, dass derjenige, der sich im Hamburg als Ingenieur bezeichnen darf, auch in München oder Dresden als Ingenieur gilt.
Nach unserer Auffassung soll das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung derjenige erhalten, der ein ingenieurwissenschaftliches Studium an einer deutschen Hochschule mit einer Regelstudienzeit von mindestens sechs Semestern Vollzeit erfolgreich abgeschlossen hat.
Zweitens: Wir müssen endlich wieder klar und transparent machen, wer sich Ingenieur nennen darf. Seit der Bologna-Reform haben wir keinen einheitlichen akademischen Grad mehr. Aus der Hochschulabschlussurkunde lässt sich nicht mehr erkennen, ob der Absolvent Ingenieur ist.
Deshalb sollten die Hochschulen einheitlich die akademischen Grade „Bachelor“ und „Master of Engineering“ vergeben. Ebenso sollte auf den Abschlussurkunden und im Diploma Supplement der Zusatz stehen, dass der Abschluss zur Berufsbezeichnung Ingenieur berechtigt. Das System der Akkreditierung sorgt neben der Hochschule dafür, dass es sich bei dem Studiengang auch wirklich um einen ingenieurwissenschaftlichen handelt.
Drittens: Wir wollen Lösungen mit Augenmaß. Absurde Vorgaben, wie etwa ein MINT-Anteil von 80 % in den Ingenieurstudiengängen sind nicht mehr zeitgemäß und bringen nicht zwingend bessere Ingenieure hervor.
Studiengänge müssen auch weiterhin autonom von den Hochschulen festgelegt werden. Nur sie haben dafür die Expertise. Die Qualitätssicherung erfolgt dann über die seit Jahren in Deutschland bewährte Akkreditierung.
Viertens: Wir brauchen einfache Verfahren, um qualifizierte Ingenieure aus dem Ausland anzuerkennen. Deshalb schlägt der VDI vor, die bisherigen Verfahren zu vereinfachen, indem eine Servicestelle eingerichtet wird, die bundesweit Transparenz über ausländische Studiengänge schafft. Wir sind gerne bereit, unsere Kompetenzen in den Aufbau einer solchen Servicestelle einzubringen.