Autoindustrie: Umfangreiche Stellenkürzungen geplant
Eine Umfrage der Unternehmensberatung Horváth zeigt, dass über die Hälfte der deutschen Automobilunternehmen in den nächsten fünf Jahren Stellen abbauen will, hauptsächlich wegen hohem Kostendruck und wachsender Konkurrenz aus China.
Laut einer Umfrage sind viele Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie gefährdet. Über die Hälfte der befragten Unternehmen aus dieser Branche plant in Deutschland Stellen abzubauen, wie eine Erhebung der Unternehmensberatung Horváth unter Führungskräften zeigt. Hauptursachen hierfür sind der hohe Kostendruck und die zunehmende Konkurrenz, insbesondere aus China.
59 % der befragten Unternehmen planen Stellenabbau
59 % der befragten Unternehmen erwarten, dass sie in den nächsten fünf Jahren ihre Mitarbeiterzahl in Deutschland verringern werden, wobei 14 % sogar von einem deutlichen Abbau ausgehen. Nur 15 % der Unternehmen planen hingegen, ihre Belegschaft aufzustocken.
Ähnlich düster sieht es in den anderen westeuropäischen Ländern aus, wo 53 % der Befragten Stellenkürzungen planen. Zwar wird sowohl in Deutschland als auch in Westeuropa weiterhin stark investiert, doch entstehen neue Arbeitsplätze vorwiegend in anderen Regionen.
„Produziert wird zunehmend in den Regionen, wo die Autos am Ende verkauft werden“, kommentiert Frank Göller, Partner und Automotive-Experte bei Horváth, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Das sei nicht neu, habe sich jedoch weiter verstärkt. Daran hätten auch die schlechten Erfahrungen der letzten Jahre mit Lieferengpässen, besonders bei Halbleitern, nichts geändert. Der Prozess beschleunige sich weiterhin, was zur Folge habe, dass Arbeitsplätze verlagert würden.
Kapazitäten im Ausland ausbauen
Als Ergebnis werde fast überall auf der Welt Personal aufgestockt – nur nicht in Deutschland und Westeuropa. 75 Prozent der befragten Unternehmen planen demnach, Kapazitäten in Indien auszubauen, 60 Prozent in China und ebenso viele in Osteuropa. Auch im restlichen Asien sowie in Nord- und Südamerika stünden die Zeichen auf Wachstum. Ein Zeichen der Deindustrialisierung?
„Neue Werke entstehen in Deutschland eher selten“, sagt der Experte. „Wenn neue Werke entstehen, dann in der Regel außerhalb Deutschlands. Und dort findet dann auch der Beschäftigungsaufbau statt“.
Trotzdem fließe weiterhin ein Großteil der Investitionen nach Deutschland. Laut Göller zeige ein Blick auf die Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland zumindest, dass ein Viertel der Gesamtinvestitionen dieser global agierenden Firmen nach wie vor hierher fließe. Das sei deutlich mehr als in jeder anderen Weltregion.
Das Geld gehe jedoch vor allem in neue Produkte und Technologien sowie in die Umrüstung bestehender Standorte auf Elektro-Antriebe. In der Produktion werde stark in die Automatisierung der Fertigungsanlagen und die Digitalisierung investiert. Entsprechend schlecht falle die Beschäftigungsbilanz aus.
Wird Deutschland zum reinen Entwicklungsstandort?
„Wir sehen jetzt nicht, dass Deutschland zum reinen Entwicklungsstandort reduziert wird“, warnt Göller. „Viele Unternehmen, gerade auch die großen Konzerne, bekennen sich nach wie vor zum Standort Deutschland und auch zu den Werken hier.“
Allerdings seien viele der Fabriken in Deutschland und Europa bereits heute bei weitem nicht voll ausgelastet. Dadurch sei der Kostendruck groß, weshalb viele Hersteller mit Sparprogrammen und Stellenabbau reagierten.
Für die Untersuchung hatte die Unternehmensberatung Horváth im vergangenen Quartal 91 Führungskräfte der Branche in Einzelgesprächen befragt, darunter 55 aus Deutschland. Mehr als die Hälfte der Befragten stammte von Autoherstellern, der Rest von Zulieferern, großen Händlern und Mobilitätsanbietern. (dpa/ili)