Autokonzerne verlieren an Anziehungskraft
Dank ihres über viele Jahre gewachsenen Images bleiben die Automobilbauer bei angehenden Ingenieuren beliebt. Der Trend aber ist negativ, so eine Umfrage des Beratungsunternehmens Trendence.
Die alten Tabellenführer sind auch die neuen. Allerdings nicht mehr so souverän wie in früheren Jahren. Im aktuellen Ranking des Beratungs- und Marktforschungsunternehmen Trendence rangieren die großen Automobilhersteller bei der Beliebtheit unter angehenden Ingenieuren nach wie vor auf den Spitzenplätzen. Daimler, Porsche, Audi und BMW sind auf den ersten vier Rängen. Beliebt bleiben Konzerne wie Bosch (Platz 6) und Siemens (Platz 7).
Die Automobilhersteller werden offenbar von einem über Jahrzehnte aufgebauten positiven Image getragen. Aber aufgepasst: Gleichzeitig geht die Attraktivität ebenso deutlich in den Keller wie die Absicht von Studierenden und Absolventen, sich dort zu bewerben – bis zu 3,8 % – im Falle von Audi – sinken die Werte im Vergleich zum Vorjahr.
Tesla ist schwer im Kommen
Das liegt nicht nur an etlichen Skandalen, das ist auch auf die neue Konkurrenz zurückzuführen. Tesla mischt den Markt auf und schafft es als Neueinsteiger im Ranking auf Anhieb auf Platz 8 und steht damit direkt vor VW. Bei Trendence ist man mit Prognosen zurückhaltend. „Es bleibt abzuwarten, wie sich dies entwickelt und wie nachhaltig diese Werte sind, wenn Tesla auch als Arbeitgeber in den deutschen Markt eintritt.“
Auswirkungen der Corona-Krise machen sich bei der Umfrage noch nicht bemerkbar, da der Erhebungszeitraum bis Februar 2020 lief. Unternehmen wie Airbus (Platz 4) und Lufthansa Technik (Platz 11) erzielen Bestwerte. Erste Erkenntnisse aus dem „Corona HR Monitor“ von Trendence zeigen, dass es hier zu Verschiebungen kommen wird und sich die Krise auch auf die Beliebtheit der Arbeitgeber auswirken wird.
Die Deutsche Bahn gewinnt an Attraktivität und kann sich im Ranking leicht von Rang 12 auf Rang 10 verbessern. Starke Bemühungen im Bereich Employer Branding scheinen ihre Wirkung zu zeigen.
Bei Gehalt hört Zurückhaltung auf
Angehende Ingenieure definieren ihren beruflichen Erfolg stark über den Faktor „Spaß an der Arbeit“. Aufstieg und Verantwortung in Projekten oder Unternehmen sind weniger wichtig. Der Arbeitgeber wird vor allem danach ausgewählt, ob er ein faires Gehalt (97,9 %), spannende Arbeitsaufgaben und persönliche Entwicklung (je 96,4 %) verspricht. Führungsstil, Karriereperspektiven und Kollegialität sind weiterhin wichtig. Prestige, Internationalität oder der Standort spielen eine geringe Rolle.
Das erwartete Einstiegsgehalt erreicht eine neue Höchstmarke und liegt über 50 000 € jährlich, Frauen erwarten deutlich weniger (45 000 €). Der Gender Pay Gap zeigt sich also bereits in den Erwartungen der Studierenden.
Wechselbereitschaft steigt
Monatlich befragt Trendence darüber hinaus Bundesbürger zu deren Sicht auf den Arbeits- und Bewerbermarkt. Demnach steigt mit den jüngsten Corona-Lockerungsmaßnahmen wieder die Wechselbereitschaft von Arbeitnehmern in Deutschland. Der Anteil der aktiv nach einem neuen Job suchenden Akademiker stieg im Mai im Vergleich zum April von 7,7 % auf 13,2 %. Der Anteil der aktiv suchenden Akademiker lag im Februar noch bei 19 %.
Die passive Wechselbereitschaft bei Akademikern ist im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit sogar noch einmal angewachsen. So waren im Februar 40,7 % offen für eine neue Herausforderung. Dieser Wert hielt sich im März und April und stieg nun sogar auf 43,5 % an.
„Nun zeigt sich, dass mit der aktuellen Phase der Entspannung auch der Mut der Bewerber wieder ansteigt. Bemerkenswert ist dagegen, dass Akademiker derzeit passiv noch offener für einen Wechsel sind als vor der Krise. Hier haben es einige Arbeitgeber offenbar versäumt, ihre Mitarbeiter fester an sich zu binden“, so Robindro Ullah von Trendence.