Arbeitsmarkt 04. Nov 2022 Von Claudia Burger Lesezeit: ca. 3 Minuten

Fachkräftenachfrage trübt sich in fast allen Branchen ein

Einen Nachfragerückgang bei den Stellenausschreibungen für Fach- und Führungskräfte im dritten Quartal hat der Hays-Fachkräfte-Index Q3/2022 ergeben. Damit hat sich laut des Personalberatungsunternehmens ein Trend fortgesetzt. Der Bedarf an Ingenieurinnen und Ingenieuren bleibt nahezu unverändert.

Finanzanalysten, Finanzbuchhalter sowie Risikomanager sind von der Entwicklung ausgenommen. Aber selbst auf dem IT-Arbeitsmarkt ist die Nachfrage nach Fachkräften zurückgegangen, befindet sich aber immer noch auf hohem Niveau.
Foto: PantherMedia / Andriy Popov

Dass es um die Stimmung in der deutschen Wirtschaft aktuell nicht zum Besten steht, lässt sich auch am aktuellen Hays-Fachkräfte-Index für das dritte Quartal 2022 ablesen. Der bereits im Vorquartal sichtbare Nachfragerückgang bei den Stellenausschreibungen für Fach- und Führungskräfte hat sich im aktuellen Quartal laut Hays nochmals bestätigt. Demnach sinkt der Wert im dritten Quartal 2022 um 15 Prozentpunkte (PP).

Zwar befände sich die Nachfragesituation insgesamt auf einem sehr hohen Niveau, dennoch dürfte die aktuelle Flaute ein Indikator für die verhaltene Rekrutierung aufgrund von Preissteigerungen, Inflation sowie der drohenden Rezession sein, konstatiert Hays. Unternehmen schauten verstärkt auf Einsparpotenziale und den Return on Investment, anstatt in weitere personelle Kapazitäten zu investieren, heißt es weiter. Der Hays-Fachkräfte-Index basiert auf einer quartalsweisen Auswertung der Index Internet und Mediaforschung GmbH für Hays. Einbezogen werden Stellenanzeigen der meistfrequentierten Onlinejobbörsen, von Tageszeitungen sowie dem Business-Netzwerk Xing. Der Fachkräfte-Index zeigt die prozentuale Veränderung zum Ausgangswert vom ersten Quartal 2015 an. Sämtliche Positionsbezeichnungen gelten grundsätzlich für alle Geschlechter.

Suche nach Finance- und Life-Science-Fachkräften trotzt dem Abwärtstrend

Ein Lichtblick: Die Nachfrage nach Finanz- und Life-Science-Spezialisten und -Spezialistinnen scheint ungebrochen, auch wenn der Anstieg in Summe nur einen Prozentpunkt ausmacht. Gute Jobaussichten bieten sich vor allem für Finanzanalysten und -analystinnen (+4 PP), Finanzbuchhalter und -buchhalterinnen (+12 PP) sowie Risikomanager und Risikomanagerinnen (+8 PP).

Denn in der jetzigen Situation geht es den meisten Unternehmen darum, verstärkt Risikobewertungen vorzunehmen und Einsparpotenziale zu identifizieren. Auch die Nachfrage nach Life-Science-Spezialisten und -Spezialistinnen ist dank Corona nach wie vor im Aufwind. Nachdem sie im Vorquartal deutlich zurückgegangen war (–53 PP auf 238 %), gab es in diesem Quartal einen zaghaften Zuwachs von einem Prozentpunkt auf 239 %. Den deutlichsten Zuwachs verzeichnen Data-Scientists (+16 PP) und Medical Advisors (+24 PP). Die Coronapandemie hat der gesamten Branche einen deutlichen Nachfrageschub verschafft.

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HR-Fachkräfte werden weniger nachgefragt

Den deutlichsten Rückgang verzeichnet der Index bei den Personalern. Um insgesamt 47 PP (Vorquartalswerte) ebbt ebenfalls die Nachfrage nach den vormals noch stark gesuchten Personalfachkräften ab. Erwartungsgemäß sind vor allem Stellengesuche von Recruitern und Recruiterinnen (–110 PP/Vorquartal) zurückgegangen. Denn wo weniger Fachkräfte eingestellt werden, braucht man folglich auch weniger Recruiter. Auch die im Vorquartal viel gefragte Berufsgruppe der Employer Branding Manager und Managerinnen verzeichnet erstmals seit der Coronakrise eine sinkende Nachfrage (–27 PP auf 384 %).

Suche nach IT-Fachkräften flaut ab

Nachdem die Nachfrage nach IT-Spezialisten seit Ersterhebung des Index im Jahr 2015 kontinuierlich stieg, weist er seit Beginn des Jahres erstmals weniger IT-Stellengesuche aus. Für das dritte Quartal brach die Gesamtnachfrage um 12 % ein, wobei absolut gesehen immer noch über 100 000 IT-Jobs pro Monat ausgeschrieben werden. Der Blick auf die Positionen ergibt ein gemischtes Bild: Während IT-Administratoren und -Administratorinnen und -Projektmanagerinnen und -manager sowie IT-Entwicklerinnen und -Entwickler für Embedded Systems nach dem Rückgang im Vorquartal wieder etwas stärker gesucht werden, ist die Nachfrage nach IT-Security-Spezialisten und -Spezialistinnen (–28 PP) und IT-Architekten und -Architektinnen (–12 PP) gesunken. „Aktuell wird unternehmensintern insofern auf die Kostenbremse gedrückt, als dass der Return on Investment laufender Projekte stärker hinterfragt wird“, so Andreas Sauer, Abteilungsleiter Technology bei Hays.

Bedarf an Ingenieuren bleibt nahezu unverändert

Der Hays-Fachkräfte-Index Engineering ging im dritten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal um drei PP auf 98 % zurück. Die Indexwerte der drei Quartale dieses Jahres liegen deutlich höher als die von allen Quartalen im Zeitraum seit 2015. Die Mehrzahl der untersuchten Ingenieurpositionen war im dritten Quartal 2022 stärker gesucht als im Vorquartal. Am kräftigsten stiegen die Indexwerte für Fertigungsingenieure und -ingenieurinnen (+18 PP auf 17 %), Hardwareentwicklungsingenieure und -ingenieurinnen (+13 PP auf 40 %) und Maschinenbau-Entwicklungsingenieure und -ingenieurinnen (+11 PP auf 33 %). Zuletzt lagen die Indexwerte für diese drei Positionen 2018/19 ähnlich hoch.

Dagegen weisen die Indexwerte von Bauingenieuren und -ingenieurinnen (–28 PP auf 181 %), Betriebsingenieuren und -ingenieurinnen (–12 PP auf 94 %) und Planungsingenieuren und -ingenieurinnen (–12 PP auf 140 %) die deutlichsten Rückgänge auf. Der Bedarf der untersuchten Branchen entwickelte sich im dritten Quartal 2022 gegenüber dem Vorquartal sehr uneinheitlich. Am stärksten stieg der Indexwert der IT-Branche (+58 PP auf 252 %) und der Automobilindustrie (+17 PP auf 27 %). Dagegen sank der Indexwert des Baugewerbes drastisch (–63 PP auf 145 %), gefolgt von den Architektur- und Ingenieurbüros (–11 PP auf 46 %).

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Bau, IT und Handel suchen weniger Fachkräfte

Betrachtet man die Entwicklung der verschiedenen Branchen weist der Index für Q3 in nahezu allen Bereichen weniger Stellengesuche aus. Lediglich die öffentliche Verwaltung und die Personaldienstleister verzeichnen leichte Zuwächse. Mit einem Rückgang um 37 PP auf 208 % erfährt die IT-Branche den stärksten Rückgang, gefolgt vom Handel (–27 PP auf 141 %) und dem Baugewerbe (–25 PP auf 195 %). Letztere Entwicklungen dürften in direktem Zusammenhang mit der abnehmenden Kaufkraft und gestiegenen Bauzinsen stehen.

Dirk Hahn, Hays CEO Deutschland und CEMEA, resümiert: „Die Unternehmen leiden derzeit unter einer extrem herausfordernden wirtschaftlichen Situation, was auch die Zurückhaltung bei der Fachkräftesuche teils begründen dürfte. Aber trotz angespannter politischer und ökonomischer Lage sollten die starken Auswirkungen der demografischen Veränderungen nicht aus dem Auge gelassen werden. Denn die Planung und Steuerung personeller Ressourcen ist gerade vor dem Hintergrund der Knappheit ein wichtiger Hebel.“

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