Mehrzahl ausländischer Studierender will in Deutschland bleiben
Über deutsche Hochschulen kommen viele junge Menschen aus dem Ausland auf den hiesigen Arbeitsmarkt. Wären die Rahmenbedingungen besser, könnten es mehr sein.
Inhaltsverzeichnis
- Jeder zweite Studierende ausländischer Herkunft belegt ein Mint-Fach
- Studienabbruchquoten internationaler Studierender deutlich über denen deutscher Studierende
- Mehr als die Hälfte will in Deutschland bleiben
- Sprache ist der größte Hemmschuh bei der Integration
- Finanzielle Probleme führen häufig zum Studienabbruch
Immer häufiger entscheiden sich Studierende aus dem Ausland für ein Studium in Deutschland. Zum Wintersemester 2022/23 waren dies knapp 370 000 Studierende. Damit gehört Deutschland zu einem der weltweit attraktivsten Gastländer für internationale Studierende: Nach den USA, die mit knapp 960 000 internationalen Studierenden mit großem Abstand klar führend sind, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland mit rund 550 000 internationalen Studierenden und Australien mit knapp 370 000 gehört Deutschland zu den führenden vier Gastländern weltweit. Das geht aus einer Studie im Auftrag des Stifterverbandes hervor.
Jeder zweite Studierende ausländischer Herkunft belegt ein Mint-Fach
Mehr als jeder Zweite aus der Gruppe der internationalen Studierenden entschied sich für ein Fach der Mint-Disziplinen. 43 % wählten ein Studium der Ingenieurwissenschaften, rund 12 % entschieden sich für den Bereich Mathematik und Naturwissenschaften.
Technische Studiengänge sind damit bei internationalen Studierenden deutlich stärker nachgefragt als bei ihren deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen (23 %), die sich mit knapp 39 % mehrheitlich vor allem für die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften entscheiden.
Studienabbruchquoten internationaler Studierender deutlich über denen deutscher Studierende
„Deutschland versteht es vergleichsweise gut, internationale Studierende auch tatsächlich hier zu halten und ihnen attraktive Perspektiven im deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Bleibequote ist international gesehen hoch, in der Zehnjahresbetrachtung mit einem Wert von 45 % weltweit am höchsten“, heißt es in der Studie, bei der die Digitalplattform Fintiba knapp 7300 internationale Studierende aus rund 120 Ländern befragte. Nach zehn Jahren scheinen die ehemaligen internationalen Studierenden stark in Deutschland integriert zu sein. 28 % haben demnach die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen und 32 % der ehemaligen internationalen Studierenden ohne deutsche Staatsbürgerschaft haben eine Aufenthaltsgenehmigung für Erwerbszwecke; in der Gruppe der chinesischen ehemaligen Studierenden sogar 53 %. Dennoch, so die Studienautoren, lägen die Studienabbruchquoten internationaler Studierender deutlich über den Abbruchquoten bei deutschen Studierenden, insbesondere im Bachelorstudium. Dort beträgt die Abbruchquote bei internationalen Studierenden 41 %, bei deutschen Studierenden hingegen „nur“ 28 %.
Mehr als die Hälfte will in Deutschland bleiben
Bei der Fintiba-Befragung geben 57 % der 6436 eingeschriebenen internationalen Studierenden an, sicher in Deutschland bleiben zu wollen. Nur etwa 5 % schließen ein Bleiben in Deutschland für sich aus. Unter den angehenden Ingenieuren und Ingenieurinnen planen sogar 59 % fest zu bleiben. Darüber hinaus geben 71 % von allen befragten internationalen Studierenden an, eine Karriere in Deutschland verfolgen zu wollen. Auch hier liegen die Studierenden der Ingenieurwissenschaften mit 73 % etwas über dem allgemeinen Anteil. Laut Studie sei eine Integration in das soziale Umfeld und die Gesellschaft mitentscheidend. Vor allem ein gutes soziales Netzwerk aus Kommilitonen, Kolleginnen, Mitbewohnerinnen oder Nachbarn wurden von den Befragten als hilfreich im Integrationsprozess angegeben. Eine Unterstützung durch die besuchte Hochschule ist ebenfalls zentral für eine Erleichterung der Integration. Hierbei zeigen sich extra-curriculare Veranstaltungen oder Programme als wirksamer Ansatz.
Sprache ist der größte Hemmschuh bei der Integration
Basis für den Erfolg seien gute Deutschkenntnisse. Fast 60 % der Befragten gaben an, dass unzureichende Deutschkenntnisse ihre Integration erschwert haben, während 40 % angaben, dass ihnen wichtige Informationen in englischer Sprache fehlten. Außerdem stellen für einen großen Anteil der Befragten bürokratische bzw. organisatorische Anforderungen ein Hindernis in der Integration dar: 22 % der Befragten hatten Schwierigkeiten mit den Einwanderungsbehörden sowie mit der Umstellung auf neue akademische Strukturen (17 %). Dabei empfanden 18 % auch eine fehlende Unterstützung durch die Universität als integrationshemmend.
Finanzielle Probleme führen häufig zum Studienabbruch
34 % der Studierenden fällt die Berufssuche „schwer“ oder „ziemlich schwer“. Neben Problemen bei den Sprachanforderungen werden unter anderem fehlende Praxiserfahrung, ein fehlender Zugang zu möglichen Arbeitgebern sowie fehlende Informationen zum deutschen Arbeitsmarkt von den Befragten als Herausforderungen bei der Berufssuche angeführt. Finanzielle Probleme waren der am häufigsten angegebene Grund für einen Studienabbruch. Studienabbruch führt in der Regel auch zu einer Abreise aus Deutschland. Neben anderen Gründen für die Rückkehr in das Heimatland wurden hohe Lebenshaltungskosten, Schwierigkeiten bei der Anpassung an das Leben in Deutschland sowie die Wahrnehmung geringer Karrierechancen in Deutschland angeführt. Der Stifterverband sieht folgende zentrale Handlungsfelder: Sprachbarrieren abbauen, soziale Netzwerke und Verbindungen in den Arbeitsmarkt schaffen, bürokratische Hürden überwinden sowie individuelle Unterstützung anbieten.