Warum Unternehmen mit altem Führungsstil Probleme bekommen
Führungskräfte stehen vor enormen Herausforderungen – nicht nur durch die Pandemie. Alte Konzepte haben ausgedient. Heike Bruch von der Uni St. Gallen ist Expertin auf dem Feld der transformationalen Führung. Sie sagt, nur 13 % der Firmen im deutschsprachigen Raum verfügen über einen modernen Führungsstil.
Jahrzehntelang galt das eiserne Gesetz der Hierarchie: Die Chefetage befiehlt, die Mitarbeitenden führen aus. Moderne Unternehmen haben sich von diesem militärisch anmutenden Konzept verabschiedet, aber die Suche nach der perfekten neuen Art der Mitarbeiterführung ist längst nicht abgeschlossen. Der Schlüsselbegriff, den sich jetzt viele Firmen auf die Fahne schreiben: transformationaler Führungsstil – in Abgrenzung zum alten transaktionalen Prinzip. Was heißt denn das? „Man kann transformationale Führung auch mit inspirierender Führung übersetzen“, sagt Heike Bruch von der Uni St. Gallen. Sie ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre und hat ihren Schwerpunkt auf Forschungsthemen rund um die Bereiche Leadership, Energie und Engagement gelegt. Im Karriere-Podcast „Prototyp“ spricht sie darüber, wie dieser neue Führungsstil aussehen kann, welche Chancen er bietet – aber auch welche Risiken.
Vorreiter bei der Veränderung der Führungskultur sind die Big Player
„Die Grundidee ist, dass man den Sinn der Arbeit und die Identifikation der Mitarbeiter mit dem, was sie tun, ins Zentrum stellt“, so Bruch. Transformiert wird dabei die Sichtweise auf die Arbeit. „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen den Sinn im Blick haben: Wozu trage ich bei? Warum ist es wichtig, was ich tue? Warum werde ich gebraucht?“ Über New Leadership wird zwar viel gesprochen, doch transformationale Führung ist im Alltag nicht sehr weit verbreitet. Studien zufolge verfolgen 13 % der Unternehmen im deutschsprachigen Raum einen solchen Ansatz. „Wir haben viele Unternehmen, in denen einzelne Führungskräfte transformational agieren. Aber als Führungskultur ist das nicht sehr etabliert.“
Es seien bislang eher die Big Player, die ihr Führungsklima nachhaltig änderten. Der Weg dahin könne durchaus langwierig und hart sein. „Das ist typischerweise ein längerer Prozess und auch ein mutiger Prozess. Und es ist einer, der auch von oben mitgetragen werden muss.“ Mittelfristig würden aber immer mehr Unternehmen die Notwendigkeit sehen, diesen Prozess zu durchlaufen – allein um attraktiv genug für begehrte Fachkräfte zu sein, so Bruch: „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir zukünftig mehr Unternehmen haben werden, die in ihre Arbeitskultur und in neue Leadership-Konzepte investieren werden.“
Tesla-Chef Elon Musk ist nicht unumwunden ein Vorbild
Zu viel an Identifikation mit den großen Unternehmenszielen kann unter Umständen aber auch Probleme mit sich bringen, sagt die Expertin. „Die transformationale Führung hat auch eine Facette, die mit Charisma in Verbindung steht. Da gibt es positive und eher negative Komponenten.“ Ein Name, der beim Thema New Leadership immer wieder auftaucht: Elon Musk. Der charismatische Tesla-Chef gilt als jemand, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar für eine Sache begeistern, bisweilen aber auch überfordern kann. „Positiv bei solchen besonders herausgehobenen Führungspersönlichkeiten ist, dass sie Vorbild sein können und durch ihre Begeisterung für eine Vision andere anstecken. Eher kritisch wird es aber, wenn Menschen sich dann schwächer fühlen, weil sie das Tempo nicht mithalten können oder sich nicht mehr auf Augenhöhe sehen.“ Es gehe bei der transformationalen Führung also nicht um einzelne „Lichtgestalten“, sondern vielmehr um ein neues Klima. Bei welchem Unternehmen das besonders gut gelungen ist und wie sich das Konzept auch auf eine neue Bundesregierung übertragen lassen könnte, das verrät Heike Bruch im Karriere-Podcast „Prototyp“ von ingenieur.de und VDI nachrichten.