Start-up 02. Mrz 2017 Patrick Schroeder Lesezeit: ca. 3 Minuten

Autonome Putz-Kraft

Der Adlatus CR 700 navigiert autonom. Vollautomatisch nimmt er frisches Reinigungsmittel auf und entledigt sich des Schmutzwassers.
Foto: Adlatus Robotics

Was haben Albert Einstein, Sophie Scholl und Hildegard Knef gemeinsam? Alle drei berühmten Persönlichkeiten sind in Ulm geboren – der knapp 122 000 Einwohner großen Stadt am südöstlichen Rand der Schwäbischen Alb, direkt an der Grenze zu Bayern. Und mitten in dieser beschaulichen Stadt liegt der Firmensitz von Adlatus Robotics. Das Start-up, im Sommer 2015 gegründet, besteht aus einem achtköpfigen interdisziplinären Team – an Bord sind Elektriker, Mechatroniker und Spezialisten für Datenauswertung und Navigation. Ihr Ziel: Die Reinigungsbranche mit einem Putzroboter aufmischen. Er hört auf den Namen Adlatus CR 700 und sieht aus wie eine grüngraue Mischung aus Smart und Einkaufswagen.

Adlatus Robotics GmbH

Gründung: 2015
Branche: Robotik
Umsatz: 1,3 Mio. € (erwartet 2017)
Mitarbeiter: 8
Vertrieb: Internationaler Markt mit Start in Deutschland, Österreich und Schweiz

Der Clou des Putzroboters: Er ist autonom. Ähnlich wie die ersten selbstfahrenden Autos von Google und Tesla braucht der CR 700 keinen Fahrer. Er findet seine Route im Supermarkt selbstständig und umkurvt dabei Hindernisse wie Weinregale und Einkaufswagen – dank 3-D-Sensoren und der Einbindung ins IT-Firmennetzwerk. „Die meisten Supermärkte haben für ihre Angebotsplanung Digitalkarten, die Gänge und Regale abbilden. Diese Karten übernehmen wir in die Navigationssoftware des Roboters“, erklärt Matthias Strobel, Geschäftsführer der Adlatus Robotics GmbH.

Der Supermarkt legt in der Software mehrere Parameter für den Putztanz des Roboters fest: unter anderem Route, Reinigungsintensität und Reinigungszeit. Der autonome Helfer fährt dann zum Beispiel morgens – direkt nach der Auffüllung – automatisch an den Gemüseregalen vorbei und putzt besonders intensiv, indem er sich langsam bewegt und den Anpressdruck der Borsten erhöht. Alternativ ist es aber auch möglich, den Roboter per Smartphone und Tablet zum Spontaneinsatz an eine verschmutzte Stelle zu schicken. Er lässt sich sogar ganz oldschool über Handgriffe schieben.

Und womit reinigt der 300 kg schwere Putzteufel? Im Inneren des 1 m langen und gut 75 cm breiten Roboters befindet sich ein E-Motor, der das vierrädrige Gefährt auf eine Geschwindigkeit von bis zu 1 m/s beschleunigt. Verbaut ist außerdem eine Reinigungseinheit. Sie besteht aus Staubsauger und zwei Tellerbürsten mit einem Durchmesser von je 355 mm, die mit einem maximalen Anpressdruck von 60 kg und einer Maximalgeschwindigkeit von 200 U/min den Boden scheuern. An Bord befinden sich außerdem ein 2-l-Tank für Reinigungsmittel, ein 68-l-Schmutzwassertank und ein 120-l-Frischwassertank.

Adlatus hat den CR 700 an Referenzkunden ausgeliefert. Sie prüfen den Putzroboter im Alltag auf Herz und Nieren. Doch Strobel ist schon jetzt von seiner Wirtschaftlichkeit überzeugt: „Der CR 700 kommt für rund 30 000 € auf den Markt“, sagt Strobel. „Wir gehen davon aus, dass sich die Investition in ein bis zwei Jahren amortisiert.“ Denn der Roboter reduziert den Personalaufwand und arbeitet ohne Nacht- und Feiertagszuschläge. Und das ziemlich effektiv. Mit einer Batterieladung ist CR 700 drei bis fünf Stunden aktiv – pro Stunde schafft er 1500 m2. Danach fährt die Maschine automatisch zur Ladestation, die gleichzeitig auch Abwasser entsorgt und Frischwasser nachfüllt. Nach zwei bis fünf Stunden sind die Batterien für den nächsten Einsatz geladen. Teil des CR 700 ist auch ein sensorgestütztes Diagnosesystem, das drohende Defekte im Roboter frühzeitig erkennt und meldet. Ums Thema Bodenputzen sollen sich Supermärkte also kaum noch Gedanken machen müssen.

Zum Einsatz kommen soll CR 700 auch in Klinken, Industriebetrieben und auf Flughäfen. „Derzeit ist die Reinigungstechnik ein Markt mit großer Nachfrage“, sagt Strobel. „Wir planen zunächst die Produktion einer niedrigen zweistelligen Stückzahl pro Monat, bauen das Vertriebsnetz auf und schulen parallel unsere Servicemitarbeiter.“

Finanziellen Rückenwind gibt eine Anschubfinanzierung durch den Hightech-Gründerfonds (HTGF) und die MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg GmbH. „Der Markt der professionellen Servicerobotik ist zurzeit im Umbruch“, sagt Lucille Bonnet, Investmentmanagerin beim HTGF. „Mit unserer Finanzierung wird Adlatus Robotics eine robuste und wirtschaftlich attraktive Lösung für industrielle und professionelle Umgebungen auf den Markt bringen und damit dazu beitragen, die Akzeptanz von automatisierten Helfern weiter zu steigern.“

Der Adlatus-Geschäftsführer hat sogar schon ein anderes Feld für Serviceroboter evaluiert. Er liebäugelt mit Robotern, die auf Firmengeländen automatisch Patrouille fahren und verschiedene Gefahren erkennen – etwa drohende Brände oder Eindringlinge. Man darf also gespannt sein, was das Start-up aus Ulm in Zukunft auf die Beine – bzw. Räder – stellt.  sta

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