Jugend forscht 2024 − das sind die Gewinner
Beim Bundesfinale Jugend forscht beeindruckten Nachwuchs-Wissenschaftler mit innovativen Ideen zu komplexen Themen.
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Mit einem breiten Spektrum an hoch innovativen Ideen und Problemlösungen haben die diesjährigen Gewinner des Wettbewerbes Jugend forscht beim diesjährigen Bundesfinale in Heilbronn überzeugt. Die Schüler traten aus der gesamten Bundesrepublik bei dem Wettbewerb an, der zum nunmehr 59. Mal ausgerichtet worden war.
So befasste sich Finn Rudolph aus Bayern mit der sogenannten Rho-Methode des britischen Mathematikers John Pollard, mit der sich Primfaktoren identifizieren lassen. Der 18-jährige Jungforscher bestimmte unter anderem die optimalen Bedingungen, damit der Algorithmus besonders schnell und effektiv abläuft. 1975 erfand der britische Mathematiker John Pollard einen Algorithmus, der eine Zahl in ihre kleinsten Bausteine zerlegen kann – in Primzahlen, die nur durch sich selbst und eins teilbar sind. Anwendung findet Pollards Rho-Methode insbesondere bei der Verschlüsselung von digitalen Daten. In seinem Forschungsprojekt nahm Rudolph das Verfahren nun genauer unter die Lupe. Dafür erhielt er den Preis des Bundespräsidenten für eine außergewöhnliche Arbeit.
Schülerinnen analysieren „verkehrte“ Blasen
Über die Auszeichnung für die originellste Arbeit freuten sich indes Maja Leber (16) und Julius Gutjahr (17) aus Baden-Württemberg. Mithilfe eines eigenen Versuchsaufbaus analysierten und optimierten die Jugendlichen die Entstehung sogenannter Antibubbles. Sie bestehen aus einer Flüssigkeit, die durch eine dünne Luftschicht von ihrer Umgebung – meist derselben Flüssigkeit – getrennt ist. Um diese „verkehrten“ Blasen unter die Lupe zu nehmen, entwarfen die Jungforscher mehrere Versuchsaufbauten. Dabei lässt ein Glasröhrchen gezielt Tropfen in ein mit Spülmittel versetztes Wasserbecken fallen. Beim Auftreffen wird der Tropfen von einer dünnen Luftschicht eingeschlossen – eine Antibubble entsteht. Die Jungforschenden filmten das Geschehen mit einer Kamera. So konnten sie herausfinden, bei welchen Abwurfhöhen und Rohrdurchmessern das Erzeugen der Antibubbles am besten funktioniert.
Berechnungen fast so gut wie jene des Weltklimarats
Die Arbeit von Lilly Schwarz (16) aus Hessen wurde mit dem Preis der Bundesbildungsministerin für die beste interdisziplinäre Arbeit gewürdigt. Sie nutzte bei ihrem Projekt neuronale Netze, um die Rechenzeiten der Klimasimulationen zu reduzieren und eine stärkere geografische Differenzierung zu erreichen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit war das Betrachten möglicher Kipppunkte wie das Auftauen der Permafrostböden. Schwarz trainierte ihr System anhand von historischen Klima- und Atmosphärendaten und konnte damit für die Zukunft Szenarien errechnen, die den Daten des Weltklimarats recht nahekommen.
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Im Fachgebiet Arbeitswelt siegte Reinhard Köcher (16) aus Baden-Württemberg. Köcher konstruierte ein motorgesteuertes Stimmgerät, mit dem sich Violinsaiten automatisch auf die richtige Frequenz bringen lassen. Ein Mikrofon nimmt dabei den Ton auf und ein eigens entwickelter Algorithmus misst mit großer Genauigkeit die Frequenz der schwingenden Saite. Bringt man die Saite zum Klingen, nimmt ein Mikrofon den Ton auf, dann dreht der Motor den Feinstimmer in die richtige Position. Sobald der Ton stimmt, erscheint auf dem Display eine Meldung und der Apparat kann auf die nächste Saite umgesetzt werden. Das erleichtert vor allem jenen Menschen den musikalischen Alltag, die das Instrument gerade erst erlernen. Es ist ein marktreifes Produkt entstanden, das einfach zu bedienen ist und einen großen praktischen Nutzen besitzt.
Energieerzeugung aus Abwasser
Seit Jahrzehnten arbeiten Forscher daran, mithilfe bestimmter Bakterien Brennstoffzellen zu entwickeln. Anthony Eliot Striker (18) und Tina Thao-Nhi Schatz (18) aus Berlin gelang es nun, mit einem Stamm der Art Shewanella oneidensis MR-1 ein solches System zu etablieren. Es funktioniert nach dem Prinzip einer galvanischen Zelle mit zwei Kammern, die mit leitfähigen Flüssigkeiten gefüllt und über Elektroden verbunden sind, sodass Strom fließen kann. Die beiden jungen Forscher experimentierten unter anderem mit der Zusammensetzung der Elektrolytlösungen. Eine Anwendungsmöglichkeit könnte sein, dass kommunales Abwasser aufgrund der Ähnlichkeit zum verwendeten Bakteriensubstrat möglicherweise für eine Energieerzeugung auf Bakterienbasis genutzt werden könnte. Die beiden errangen den Bundessieg im Fachgebiet Biologie.
Ben Eumann aus Nordrhein-Westfalen wurde wiederum Chemie-Bundessieger. Der 18-Jährige fand eine kostengünstige Methode, aus minderwertigem Holzteer Guajacol zu extrahieren. Diese Substanz ist ein wertvolles Zwischenprodukt bei der Synthese von Vanillin und anderen Aromastoffen. Eumann testete dafür verschiedene Nachweis- und Isolationsverfahren und leistete so wertvolle Grundlagenarbeit.
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Anna Maria Weiß (18) aus Brandenburg überzeugte die Jury unterdessen im Fachgebiet Geo- und Raumwissenschaften mit einer systematischen, astrophysikalisch fundierten Vorgehensweise, die höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Weiß zeigte, dass das Objekt TOI1147b ein Exoplanet ist, der in einer stark elliptischen Umlaufbahn seinen Stern umkreist. Ferner fand sie heraus, dass er eine ähnliche Masse und Größe wie der Jupiter besitzt, aber eine deutlich höhere Oberflächentemperatur aufweist. Die Jungforscherin errechnete einen Radius von rund 2,3 Jupiterradien und eine Masse von rund 1,5558 Jupitermassen.
Alexander Reimer (17) und Matteo Friedrich (16) aus Niedersachsen siegten im Fachgebiet Mathematik/Informatik. Die beiden erforschten lernfähige neuronale Netzwerke, die mechanisch arbeiten, indem viele kleine Massen durch Federn verbunden sind. Sie konnten zeigen, wie man den Netzwerken durch Anpassen der Federn verschiedene Verhaltensweisen antrainieren kann. Dazu simulierten sie ein mechanisches neuronales Netzwerk im Computer, spielten verschiedene Szenarien durch und untersuchten die Details vielversprechender Trainingsansätze. Sie fanden heraus, dass lernfähige Materialien denkbar sind, die sich ihrer Umwelt ganz von selbst anpassen können. Ihre Arbeit ist äußerst innovativ, brillant umgesetzt und eindrucksvoll visualisiert, hieß es in der Laudatio.
Messelektronik selbst entworfen
Mit Strahlung aus dem Weltraum beschäftigte sich Josef Kassubek. Trifft hochenergetische Strahlung auf die Atmosphäre, entstehen unter anderem elektronenähnliche Myonen. Um den Einschlag dieser Teilchen auf der Erde nachweisen zu können, konstruierte Kassubek aus Baden-Württemberg einen Detektor mit extrem empfindlicher Elektronik. Der 18-Jährige war im Fachgebiet Physik erfolgreich. Besonders beeindruckte die Jury, dass der Jungforscher auf Basis elementarer Bauteile die komplexe Messelektronik selbst konzipierte, aufbaute und die zu gehörige Programmierung eigenständig verfasste.
Bundessieger im Fachgebiet Technik wurde Ediz Osman (19) aus Bayern. Er entwickelte ein innovatives Senkrechtstarterkonzept für die zivile Luftfahrt. Durch trickreiche Kombination erzeugen dabei vier Triebwerke sowohl einen Aufwärts- als auch einen Vorwärtsschub. Während Batterien den Startvorgang antreiben, übernimmt für den Horizontalflug ein Wasserstoffantrieb – das ermöglicht hohe Geschwindigkeiten und Reichweiten. Einige Komponenten des Konzepts konnte der Jungforscher bereits erfolgreich an einem Modell erproben.
Das Bundesfinale 2024, für das sich 175 junge Mint-Talente mit 107 innovativen Forschungsprojekten qualifiziert hatten, wurde gemeinsam von der Stiftung Jugend forscht e. V. und vom Science Center experimenta in Heilbronn ausgerichtet. Jugend forscht ist Deutschlands bekanntester Nachwuchswettbewerb und eine gemeinsame Initiative von Bund, Ländern, Stern, Wirtschaft, Wissenschaft und Schulen. Bundesweit führt Jugend forscht jedes Jahr mehr als 120 Wettbewerbe durch, um junge Menschen für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu interessieren, Talente frühzeitig zu entdecken und sie gezielt zu fördern.
Der Wettbewerb richtet sich dabei an Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchen sich selbst eine Fragestellung, die sie mit naturwissenschaftlichen, technischen oder mathematischen Methoden bearbeiten. Pro Runde werden Geld- und Sachpreise im Wert von mehr als 1 Mio. € vergeben. Mehr als 5000 Lehrkräfte unterstützen Jugend forscht ehrenamtlich als Projektbetreuende und Wettbewerbsleitungen, über 3000 Fach- und Hochschullehrkräfte sowie Expertinnen und Experten aus der Wirtschaft engagieren sich in den Jurys.