Corona-Krise: Elektroindustrie 2020 mit blauem Auge davongekommen
Der Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. (ZVEI) erwartet nach einem Produktionsrückgang von 7 % im Jahr 2020 für 2021 Wachstum von 5 %. Der Verband warnt vor erneuten Grenzschließungen infolge der Coronabekämpfung. Bei Klimaschutz und Energiewende sieht er die eigene Rolle stark unterschätzt und fordert einen strikten CO2-Preis statt einer EEG-Umlage.
„Die Corona-Pandemie hat auch die Elektronikindustrie hart getroffen. Wir sind mit einem Minus von 7 % aus dem Jahr herausgekommen“, sagte ZVEI-Präsident Gunther Kegel heute Vormittag bei der Vorstellung der Jahreszahlen für seine Branche. Der Umsatz sank 2020 um 5,6 % auf 180 Mio. € – die letzten drei Jahre davor hatte die Branche jeweils mehr als 1190 Mio. € erlösen können.
Kegel rechnet für 2021 mit einem Plus bei der Produktion von 5 %, das werde aber nicht ausreichen, um auf Vorkrisenniveau zurückzukommen, das werde man voraussichtlich erst 2022 wieder erreichen. „Dennoch hat sich die Elektroindustrie etwas besser geschlagen als manch andere Branche des verarbeitenden Gewerbes“, so Kegel.
Elektrobranche stabilisiert Belegschaft in der Krise
„Im Moment ist noch jeder achte Beschäftigte in der Kurzarbeit“, so Gunther, die Beschäftigtenzahl sei auch nur leicht zurückgegangen, um etwa 12 000 Beschäftige auf 870 000. „Wir sehen aber, dass im Januar und Februar die Anmeldungen zur Kurzarbeit tendenziell noch weiter zurückgehen, weil wir in der Elektrotechnik im Januar überraschend gute Auftragszahlen gesehen haben.“ Dadurch habe man einen Auftragsbestand erzeugt, der sicherlich helfe, die Branche über die nächsten Monate zu bringen.
Die Folgen der Corona-Krise für einzelne Branchen der deutschen Elektroindustrie sind en detail recht unterschiedlich. „Die deutschen Hausgerätehersteller haben eine Sonderkonjunktur mit über 11 %“, erklärte Kegel. Das sei „außergewöhnlich hoch, für eine Branche, die sonst im einstelligen Bereich wächst“. Das aber sei ein Einmaleffekt, die Branche geht davon aus, dass sie 2021 einen Seitwärtseffekt erlebe oder ein leichtes Wachstum. Gegenbeispiele sei „die gesamte Elektrotechnik, die in den Automobilen verbaut wird. Hier haben wir einen Rückgang von über 17 % zu verzeichnen.“
ZVEI warnt vor Grenzschließungen
Umso eindringlicher warnte ZVEI-Geschäftsführer Wolfgang Weber vor neuerlichen Grenzschließungen. „Der grenzüberschreitende Warenverkehr ist kein wesentlicher Faktor im Pandemiegeschehen und muss aufrechterhalten bleiben“, sagte er. Ansonsten drohe Europa erneut „ein massiver wirtschaftlicher Einbruch“.
Die deutsche Elektro- und Elektronikbranche ist stark exportorientiert. Zwischen Januar und November 2020 lagen die Ausfuhren bei 185,2 Mrd. € – 6,6 % weniger als im Vorjahreszeitraum. Auf die Ausfuhren nach Europa entfielen 117,8 Mrd. € (-6,5 %); der größte Einzelmarkt, China, ist mit 21,2 Mrd. € vertreten, was ein Plus von 5,7 % bedeutet.
ZVEI: EEG-Umlage durch CO2-Preis ersetzen
„Die Elektrobranche ist, was den Klimaschutz angeht, die am weitesten unterschätzte Branche, die wir in Deutschland haben“, meinte ZVEI-Präsident Kegel. Schließlich drehe sich alles um Elektrifizierung und Digitalisierung. Für Klimaschutz sei das Narrativ des Verzichts sicherlich nicht förderlich. „Die Lösung dafür heißt in erster Linie und konsequent: Innovation, Innovation, Innovation.“
Zugleich bekräftigte Kegel, dass die Bundesregierung die EEG-Umlage abschafft. Für Klimaschutz und die deutsche Energiewende brauche „es ein anderes Preissteuerungsinstrument als die EEG-Umlage. Die ist falsch, kontraproduktiv, muss rasch abgeschafft werden und durch einen CO2-Preis ersetzt werden.“
ZVEI sieht All Electric Society – alles wird elektrisch
Dabei steuere alles auf eine „All Electric Society“ zu. Das bedeute, so Kegel, dass der Energieträger Strom der wesentliche, vielleicht sogar der einzige Energieträger bleiben wird, der in einer vollständig dekarbonisierten Welt quasi alle versorgen werde. Und die Elektroindustrie sei da in einer Schlüsselposition: „In der durchgängigen Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung der Bereiche Energie, Industrie, Gebäude und Mobilität liegt großes Potenzial, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen.“
Wasserstoff mit zentraler Bedeutung für Dekarbonisierung
Wasserstoff sieht Kegel vor allem „als eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Energieformen“, wenn man zum Beispiel an den Flugverkehr oder die Schifffahrt denke. „Wenn wir die CO2-frei bekommen wollen, werden wir das wahrscheinlich nur über den Weg von synthetischen Brennstoffsystemen erreichen und dafür ist der grüne Wasserstoff Grundvoraussetzung.“ Hinzu kämen Prozesse, die heute noch sehr CO2-intensiv sind; diese ließen sich im Endeffekt mit grünem Wasserstoff klimaneutral gestalten.