Diversität allein ist kein Erfolgsgarant
Eine Studie der International School of Management (ISM) in München beleuchtet, ob Diversität allein schon die Teamleistung verbessert. Das Fazit: Gesteigerte Diversitätszahlen sind noch keine Garantie für unternehmerischen Erfolg.
„Das Thema Diversity ist in den letzten Jahren zu einem regelrechten Buzzword in Unternehmen geworden. Dabei wird oft die Devise vertreten, dass diverse Unternehmen weniger diversen Unternehmen überlegen sind“, sagt ISM-Absolventin Saskia Barnschen. Sie hat sich dem Thema in ihrer Masterarbeit im Bereich Wirtschaftspsychologie gewidmet und gemeinsam mit ihren Professoren Götz Walter und Ricarda Merkwitz einen Fachartikel darüber veröffentlicht. „Wir beobachten in Unternehmen groß angelegte Diversityinitiativen, häufig mit einem Fokus auf demografischen Faktoren wie Geschlecht oder Nationalität, deren Erfolg dann wiederum anhand steigender Diversitätszahlen gemessen wird. Für Diversität als reines personalpolitisches Ziel ist das in Ordnung. Ob Diversität aber einen Effekt auf die Leistungserbringung in Unternehmen hat, wird hierdurch nicht beantwortet.“
Geschlecht, Nationalität und Alter zeigten keinen signifikanten Einfluss
Barnschens Untersuchung, durchgeführt mit 97 Teams eines globalen Konsumgüterherstellers, kommt zu einem anderen Ergebnis. Die drei untersuchten Teamdiversitätsfaktoren Geschlecht, Nationalität und Alter zeigten in der Stichprobe keinen signifikanten Einfluss auf die Teamleistung. Eine größere Rolle als erwartet spielten hingegen die Führungskräfte: „Die demografischen Faktoren der Teamleitung haben wir eher explorativ in die Studie eingebaut. Ihre signifikanten Effekte haben uns überrascht und gezeigt, dass die Führungskraft und somit das Thema Leadership ein unterschätzter Erfolgstreiber in der Diversitydiskussion ist“, berichtet Barnschen. Besonders auffällig seien die Wechselwirkungen zwischen der Genderdiversität im Team und dem Geschlecht der Teamleitung sowie zwischen der Internationalität des Teams und dem Alter der Teamleitung. Haben Teams eine sehr niedrige Genderdiversität, bestehen sie also größtenteils aus Männern oder größtenteils aus Frauen, erzielten sie mit einem männlichen Teamleiter bessere Leistungen. Teams mit hoher Genderdiversität hingegen zeigen laut Untersuchung mit einer Frau als Teamleiterin eine bessere Performance. „Frühere Studien belegen, dass Frauen ihren Führungsstil flexibler anpassen und auf eine Kombination von Verhaltensmustern aus verschiedenen Führungsstilen zurückgreifen, was gemischten Teams entgegenkommen könnte“, vermuten die Autoren.
Das Klischee, ältere Teamleiter wären gegenüber Diversität weniger aufgeschlossen und dadurch weniger erfolgreich, werde in den Stichproben widerlegt. Teams, die im Faktor Nationalität eine höhere Diversität aufweisen, übertreffen laut Studie mit einer älteren Teamleitung jene mit einer jüngeren Führungskraft. „Von demografischen Merkmalen der Führungskräfte direkt auf ihren Erfolg im Umgang mit Teamdiversität zu schließen, bedient nur Stereotype und ist in keiner Art und Weise zielführend“, resümiert Barnschen. „Eine Analyse der spezifischen Situation ist nötig – Pauschallösungen gibt es nicht.“
Generalistische Aussagen mit Vorsicht betrachten
Gleiches gilt für das gesamte Thema Teamdiversität. Die allein birgt nämlich noch kein Erfolgsversprechen, sondern müsse differenziert betrachtet und analysiert werden. „Diversity Management in Unternehmen sollte mehr sein, als Maßnahmen zur Steigerung von Diversität zu entwickeln“, so Barnschen. „Zusätzliche Anwendungsfelder sollten detaillierte Analysen von Teamdiversität und deren organisatorischen Rahmenbedingungen sein, und wie diese sich gemeinsam auf die Team- und Unternehmensleistung auswirken. Mit den Ergebnissen unserer Stichprobe können wir unterstreichen, dass generalistische Aussagen zum unternehmerischen Erfolg durch Diversity mit Vorsicht zu betrachten sind.“