Diversity Management fördert Innovation und Lernfähigkeit
Deutschlands Unternehmen sind überzeugt vom Nutzen des Diversity Managements. In der Umsetzung hakt es allerdings noch an einigen Stellen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Arbeitgebendeninitiative „Charta der Vielfalt“.
Noch heute läuft der diesjährige Kongress der Arbeitgebendeninitiative „Charta der Vielfalt“ mit dem Titel „#diversitymatters: Für Vielfalt und Zusammenhalt“. Im Vorfeld des Kongresses veröffentlichte die Initiative eine Studie zur Akzeptanz und Wirksamkeit von Diversity Management. Das Fazit: Deutschlands Unternehmen seien überzeugt vom Nutzen dieses Instruments. In der Umsetzung hake es allerdings noch an einigen Stellen. In der Studie wurden deutschlandweit 580 Führungskräfte und Personalmanagerinnen und -manager zum Diversity Management befragt. Zwei Drittel aller Unternehmen in Deutschland sehen demnach mit Diversity Management konkrete Vorteile für ihr Unternehmen verbunden. Dazu zählen insbesondere die Attraktivität für bestehende und neue Beschäftigte, die Offenheit und Lernfähigkeit der Organisation sowie die Förderung von Innovation und Kreativität.
Rund 63 % der Unternehmen erwarten laut der Charta der Vielfalt, dass Diversity Management zukünftig noch stärker an Relevanz gewinnt. Doch während bei den durchschnittlichen Unternehmen in Deutschland nur gut ein Drittel überhaupt Diversity-Maßnahmen umsetzt, stechen laut Initiative die rund 3700 Unternehmen heraus, die die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet haben, und die damit für rund 13,5 Mio. Beschäftigte stehen. Hier setzten mehr als 80 % Diversity-Maßnahmen um und planen auch zu 76 % für die Zukunft schon die nächsten. Die häufigsten Maßnahmen des Diversity Managements seien die flexible Gestaltung von Arbeitszeiten in persönlichen Ausnahmesituationen wie Erkrankungen in der Familie, die generelle Flexibilisierung von Arbeitszeiten für Beschäftigte sowie die Berücksichtigung von Vielfaltskriterien bei der Personalauswahl.
Diversity-Unternehmen kommen besser durch die Corona-Krise
„Unsere Studie zeigt, dass die fortschrittlichen Unternehmen in den letzten Jahren eine Vielzahl von Aktivitäten gestartet haben, um ihre Produktivität und Innovationskraft durch ein wertschätzendes Arbeitsumfeld zu erhöhen“, erklärte Ana-Cristina Grohnert, Vorstandsvorsitzende von Charta der Vielfalt. „Wer allerdings versucht, um Diversity Management herumzukommen, der kann schnell den Anschluss verlieren.“ Diejenigen Unternehmen, die sich schon länger und umfangreicher mit Diversity Management beschäftigten würden, hätten auch flexibler auf die Corona-Pandemie reagieren können, ist die langjährige Top-Managerin überzeugt. Unternehmen mit einem hohen Engagement in Sachen Diversity setzen laut Studie dabei unter anderem deutlich stärker auf mobiles Arbeiten (57 % gegenüber 18 %). „Charta der Vielfalt“-Unterzeichnende unterstützten mehr als dreimal so oft die Förderung von Beschäftigtennetzwerken z. B. von Frauen oder LGBTIQ-Gruppen (lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intersexuell und queer), um Benachteiligung abzubauen. Darüber hinaus betreibe mehr als ein Drittel von ihnen Diversity-orientierte betriebliche Sozialeinrichtungen wie Kinderbetreuung oder Andachtsräume, und fast 40 % verfügen über Diversity-Beauftragte oder eine ganze Diversity-Abteilung. 59 % der Befragten stimmten der Aussage zu, Religion habe am Arbeitsplatz nichts verloren. Und die sexuelle Orientierung ist für 60 % der Befragten Privatangelegenheit. Aletta von Hardenberg, Geschäftsführerin von der Charta der Vielfalt, sieht das kritisch und vermutet hier vor allem eine Unsicherheit im Umgang mit diesen ursprünglich stark tabuisierten Themen. „Wer am Eingang zum Betrieb einen Teil seiner Persönlichkeit abgeben muss, wird niemals Funken sprühende Ideen produzieren können. Unternehmen müssen verstehen, dass sie den ganzen Menschen als Arbeitskraft mit all seinen Persönlichkeitsmerkmalen bekommen.“ Die langjährige Diversity-Managerin einer großen Bank kann aus eigener Erfahrung berichten: „Wenn das Unternehmen sich erst einmal den Themen öffnet, finden sich meist schnell auch Maßnahmen, die Betroffenen besser einzubeziehen.“
Benachteiligung durch soziale Herkunft ausschließen
Eine besondere Herausforderung stellt nach Ergebnissen der Studie die soziale Herkunft von Beschäftigten dar. So konnten 47 % der Befragten Führungskräfte bestätigen, dass sie schon einmal Benachteiligung im Unternehmen aufgrund der sozialen Herkunft beobachten konnten. Die häufigste Form der Benachteiligung liegt dabei in der Ausgrenzung durch Kommunikation, gefolgt von der Benachteiligung in Bewerbungsverfahren oder einer Geringschätzung der Leistungsfähigkeit.
„Die soziale Herkunft hat bislang in den Diskussionen rund um unsere Arbeitswelt eine Nebenrolle gespielt, das muss sich mit zunehmenden Erkenntnissen ändern“, so Ana-Cristina Grohnert. „Menschen nach ihrer sozialen Herkunft zu beurteilen, ist ein schwerer Fehler, und zwar menschlich und wirtschaftlich gleichermaßen“, ist Grohnert überzeugt. Eine Zahl aus der Studie macht ihr allerdings Hoffnung, dass die Unternehmen dieses Thema in Angriff nehmen: 88 % der Befragten sind der Überzeugung, dass es eine Aufgabe des Diversity Managements ist, etwas gegen diese Benachteiligung zu unternehmen.
Insgesamt ist Grohnert zuversichtlich, was die Entwicklung von Vielfalt in den Unternehmen anbelangt: „Deutschlands Unternehmen sehen klar die Verbindung zwischen Diversity und den Zukunftstrends wie Globalisierung, demografischer Wandel und Fachkräftesicherung. Dazu gehört auch der Aspekt, sich verstärkt für gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen. Die Unternehmen haben erkannt, dass nur das umfassende Miteinander alle weiterbringt.“