Tipps für gutes Management 10. Mrz 2023 Von Anne M. Schüller Lesezeit: ca. 3 Minuten

Entscheidungen: Wie Prozesse in Unternehmen beschleunigt werden können

Ein Hauptfaktor für den Zukunftserfolg ist die Schnelligkeit, mit der Unternehmen gute Entscheidungen treffen. Dabei unterscheidet man nach Typ 1 und Typ 2.

Entscheidungen fällen – das ist in Unternehmen oft so eine Sache. Wichtig ist zu wissen, welche Entscheidungen wirklich nur die Topebene treffen sollte, und welche Entscheidungen im operativen Bereich durchaus auch durch Mitarbeitende getroffen werden können und sollten, damit das Unternehmen sich nicht selbst blockiert.
Foto: panthermedia.net/Sergey Nivens

Zügige Entscheidungen sind in Hochgeschwindigkeitszeiten elementar, um nicht von der schnelleren Konkurrenz überholt zu werden. Doch viele Firmen sind davon weit entfernt. Selbst kleinste Anschaffungen brauchen dort das Okay nächsthöherer Vorgesetzter. Hierfür ist aufwendig ein Formular auszufüllen. Zudem dürfen nur gelistete Teile eingekauft werden, obwohl besser Geeignetes im Web grad viel günstiger und mit einem Klick bestellbar wäre. Was die zahlreichen und oft mehrstufigen Freigabeprozesse das Unternehmen kosten, wird außerdem fast nie gerechnet.

Anne M. Schüller: Die „Adlerperspektive“ hilft dem gesamten Unternehmen

In einem konkreten Fall war der Chef zwei Wochen in Urlaub, danach türmte sich bei ihm die Arbeit. Als endlich grünes Licht kam, war der Kunde, für dessen Auftrag die Anschaffung notwendig war, weg. Er konnte nicht länger warten. Neben den Kosten für die interne Prozessabwicklung belief sich der entgangene Umsatz auf 10 000 €. Das ist doch grotesk: Erst wollen die Firmen die besten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und dann werden diese geführt, als ob sie keine eigenen Entscheidungen treffen könnten.

Kluge Köpfe wollen autonom entscheiden

In Unternehmen der Zukunft ist das ganz anders. Zum Beispiel? Beim schwedischen Streamingdienst Spotify, Weltmarktführer für Musikvermarktung, sieht man das so: Ein guter Mitarbeiter trifft in 70 % aller Fälle dieselben Entscheidungen wie sein Chef. In 10 % der Fälle ist der Chef darin besser. Und zu 20 % fällt der Mitarbeiter die besseren Entscheidungen, weil er näher an einer operativen Sache dran ist und deshalb davon mehr Ahnung hat. Geht es um digitale Belange oder spezifische Fachgebiete, treffen Experten fast immer bessere Entscheidungen als ihre Chefs.

Wer selbst Bagatellentscheidungen seiner Mitarbeitenden abhaken muss, macht sich zum hoch bezahlten Edelsachbearbeiter. Zudem: Niemand weiß alles, um die Geschicke eines ganzen Unternehmens zu lenken. Es ist auch gar nicht die Aufgabe der Oberen, alles am besten zu wissen und zu können. Genau dafür hat man ja seine Leute. „Unser dezentrales Entscheidungsmodell ist ein fester Bestandteil unserer Kultur und einer der Hauptgründe dafür, dass wir so schnell wachsen und so innovativ sind“, schreibt Netflix-Gründer und CEO Reed Hastings in seinem Bestseller „Keine Regeln“.

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Typ 1 oder Typ 2? Strategische und operative Entscheidungsfelder

Natürlich kann man nicht alle Entscheidungen dezentralisieren. Ich unterscheide deshalb zwischen Typ 1 und Typ 2.

Platz für Neues schaffen mit dem Tool „Kill a stupid rule“

Selbstorganisiertes Entscheiden bedeutet: Weder mischt sich die Führungskraft in den Entscheidungsprozess ein, noch bittet sie das Team zum Rapport. Höchstens fragt sie bei Gelegenheit interessehalber, wies läuft.

Der konsultative Einzelentscheid: Den guten Rat anderer nutzen

Für das selbstorganisierte Entscheiden braucht es auch neue Entscheidungsmethoden. Eine davon ist die konsultative Beratung. Diese Methode bewährt sich immer dann, wenn eine Person oder Gruppe eigenständig entscheidet. Ziel ist es, die Expertise Dritter in seine Entscheidung mit einzubeziehen. So kann zum Beispiel bestimmt werden, dass vor jeder größeren Entscheidung immer mindestens zwei sachkundige Personen befragt werden müssen – also nicht etwa bequeme Kollegen.

Auch ein fachfremder Blick auf ein Thema kann helfen, mehr Klarheit zu gewinnen und seine Gedankengänge zu präzisieren. Dafür kommen Personen innerhalb und außerhalb der Firma infrage. Die Verantwortung, wie am Ende entschieden wird, verbleibt bei der entscheidenden Person oder Gruppe.

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen: Die Orbit-Organisation. In 9 Schritten zum Unternehmensmodell für die digitale Zukunft. Gabal Verlag 2019, 312 S., 34,90 €, ISBN: 978-3-86936-899-3. Foto: Gabal
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