Hockeylegende Janne Müller-Wieland schöpft Karrierewissen aus dem Teamsport
Janne Müller-Wieland hat alle Höhen und Tiefen des Leistungssports mitgemacht. Die 329-fache Hockeynationalspielerin ist überzeugt: Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden in Strategien und Prozesse einbinden, profitieren von einem riesigen Kompetenzfundus.
Im neuen Podcast „Prototyp“ geht es sportlich zu. Janne Müller-Wieland ist im Hockey eine Legende. Die ehemalige Spielführerin der deutschen Nationalmannschaft berät heute in ihrem Londoner Beratungsunternehmen „Unthink“ Unternehmen bei der Führungskräfteentwicklung und bei der Bildung von High Performing Teams. Nach etlichen Jahren Leistungssport kommt sie zu dem Schluss: Aus Niederlagen lernt man mehr als aus Siegen. „Allein schon weil man viel tiefer in die Analyse geht. Das ist wie bei einem Kind, das auf die Herdplatte fasst. Das macht man einmal und nicht wieder.“ Am Ende waren die Niederlagen Basis für die zahlreichen Erfolge der Ausnahmesportlerin. „Hindernisse sind Teil des Weges.“
Mit Talent allein macht man keine Karrieren
Wer es so weit schafft wie Janne Müller-Wieland, muss über außergewöhnliche Begabung verfügen. Talent ist der überragende Faktor, wenn es um Karrieren geht. Falsch! „Diejenigen, die in der Nationalmannschaft ankommen, verfügen natürlich über Talent. Viel wichtiger sind aber Durchhaltevermögen, Resilienz, die Fähigkeiten, immer wieder aufzustehen, schnell zu lernen und sich in eine Mannschaft einzufügen. Ich habe Spielerinnen auf höchstem Niveau erlebt, die aber nicht die talentiertesten waren sowie Spielerinnen mit großem Talent, die es nicht geschafft haben. Je höher man steigt, desto weniger bedeutsam wird der Faktor Talent, weil viele andere Komponenten hinzukommen.“
Für die Karriere ist Scheitern ein Baustein
Hockey als Blaupause für die Wirtschaftswelt? In Führungsfragen könne der Mannschaftssport durchaus Vorbildfunktion für Unternehmen haben. Der Trend im Training ginge dahin, so Janne Müller-Wieland, „in die Mannschaft hineinzuhören: Ist es gerade das, was die Spielerinnen brauchen? Macht das Sinn oder sind alle übersäuert? Es ist viel mehr Empathie im Spiel als früher, es wird viel mehr auf einzelne Spielerinnen eingegangen. Sie bestimmen wesentlich mit, wie das Spiel gestaltet werden soll. Dann stehen sie auch voll hinter der Taktik, dann ziehen sie das auch durch.“
Top-down als dominante Strategie ist Vergangenheit. Die Trainer nutzen, so Müller-Wieland, die Kompetenz von exzellenten „Mitarbeitenden“, um sich und das Team weiterzuentwickeln. „Es kommt sehr viel emotionale Intelligenz vonseiten der Trainer hinzu.“ Nicht jeder Trainer habe das Zeug dazu, sollte aber dafür sorgen, dass im Trainerstab entsprechende Humankompetenzen vorhanden sind. Für die Einzelkämpfer unter den Trainern würde es künftig schwer.
Feedbackkultur ist in vielen Unternehmen im Gegensatz zum Leistungssport nicht besonders ausgeprägt
In ihrer Praxis als Beraterin erlebt Janne Müller-Wieland immer noch viele Firmen, in denen nach straffen Hierarchien geplant und gehandelt wird, wo Vetternwirtschaft gelebt wird. Aber es gäbe auch viele andere Unternehmen, „die das inzwischen ganz anders sehen“. Die Beraterin warnt aber vor einem „Organisationssetting für alle“. Der eine brauche mehr Führung als die andere. Zentrale Fragen seien: „Mit welcher Person haben wir es zu tun? Wie schaffen wir es, das Beste, das in ihr steckt, herauszuholen?“
Bei Kompetenzen sind vor allem Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit gefragt
Für jeden Mitarbeitenden aber sollte gelten, dass er oder sie gehört und nicht übergangen wird. Feedbackkultur sei in vielen Unternehmen im Gegensatz zum Leistungssport allerdings noch nicht besonders ausgeprägt. „In Deutschland wird immer noch nicht so gerne über Fehler geredet, aber auch selten über das, was gut gelaufen ist“, sagt die von London aus arbeitende Beraterin. Für Leistungssportler seien Feedbackgespräche das täglich Brot, weil sie allen Beteiligten weiterhälfen und nicht dazu da seien, Mitarbeitende vorzuführen.