Innovative Produkte und konsequentes Marketing gehören zusammen
Viele Maschinenbauer sind überzeugt, ein Spitzenprodukt verkaufe sich quasi von alleine. Entscheidend ist die Ausrichtung an der Wirkung am Markt.
Vor einiger Zeit trat Reiner Calmund, ehemaliger Geschäftsführer des Fußball-Bundesligavereins Bayer Leverkusen, bei uns auf. Wir veranstalten seit vielen Jahren den Ammerbucher Design Talk mit prominenten Gästen. Dabei schauen wir „über den Tellerrand“ der Industrie und des Maschinenbaus hinaus.
Reiner Calmund zeigte uns bei dieser Gelegenheit eine Grafik über die Zuschauerzahlen im Leverkusener Stadion über die Jahre. Vermerkt war auch, wann der Verein die größten sportlichen Erfolge hatte, wann die deutsche Nationalmannschaft groß auftrumpfen konnte – und wann der Verein das größte Marketingbudget zur Verfügung hatte.
Je höher die Marketingausgaben, desto größer der Erfolg
Der Zusammenhang war überdeutlich und überraschend. Pokale, eine gute Bundesligaplatzierung, der Gewinn der Weltmeisterschaft – das alles hatte keinen Einfluss. Waren jedoch die Marketingausgaben höher, waren auch die Zuschauerzahlen höher. Viel höher. Teils sogar mehr als doppelt so hoch wie die Jahre zuvor.
Und ich dachte: Im Maschinenbau ist das nicht anders. Nur die wenigsten machen sich die mächtige Wirkung der Aufmerksamkeit und Kommunikation bewusst.
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Über die vielen Jahre, die ich mich mit Maschinendesign und Innovationen beschäftige, habe ich zahlreiche Erfinder gesehen, die ihr gesamtes Geld in ihre Produktentwicklung gesteckt haben. Doch sie sind gefloppt, weil sie – als ihr Produkt dann verkaufsfähig war – kein Geld mehr übrig hatten, um es im Markt bekannt zu machen.
Erfolglos trotz Spitzenprodukt
Das geht auch vielen Firmen so: Ihr Produkt ist top, doch ihre potenziellen Kunden erkennen die Vorteile nicht. Weil bei der Entwicklung niemand darauf geachtet hat, dass das Produkt auch ein markantes Gesicht mit einem hohen Wiedererkennungswert hat.
Die Haltung, die dahinter steht und die mir gerade im Maschinenbau ständig begegnet: „Wenn das Produkt tadellos funktioniert, wird der Kunde das wahrnehmen. Mehr Überzeugungsarbeit ist nicht nötig. Qualität setzt sich durch.“
Doch diese Gleichung stimmt schon lange nicht mehr. Das weltweite Angebot auf dem Maschinenbausektor ist inzwischen riesengroß und unübersichtlich. Die Qualität eines Produkts ist heute kein Garant mehr für gute Verkaufszahlen. Deshalb ist es heute so: Je weniger der Kunde es Ihrem Produkt ansieht, wie gut es ist, desto mehr Kommunikationsaufwand müssen Sie betreiben.
Konzentration auf technische Innovation genügt nicht
Viele Maschinenbauer aber konzentrieren sich nach wie vor auf die technische Produktentwicklung. Das ist ja auch gut so, denn die Qualität muss weiterhin stimmen. Nur erreichen sie damit allein weder echte Wachstumssprünge noch einen Spitzenplatz im Markt. Wenn Sie das wollen, brauchen Sie mehr: Sie brauchen ein Produkt mit einer einzigartigen Wirkung, die den Mehrwert sichtbar macht, eine Wirkung, die den Vertriebsmitarbeiter und den Kunden gleichermaßen sofort erfasst.
Doch wie erzielen Sie diese Wirkung? Die Wirkung eines Produkts wird geprägt von der Bedienerfreundlichkeit, den zusätzlichen Anwenderfunktionen und der äußeren Erscheinung, welche die innovative Qualität des Produkts zum Ausdruck bringt, dem Produkt ein unverkennbares Gesicht gibt und die unverwechselbare Unternehmensmarke abbildet.
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Doch unserer Erfahrung nach befassen sich von 100 Maschinenbauunternehmen nur zehn mit diesen Themen und nur eines davon verfolgt sie mit Nachdruck und Konsequenz. Der Marketingchef einer der großen Firmen der Branche behauptet sogar, die Relation wäre noch deutlicher und spricht von 1000 zu zehn zu eins.
Beispiele für erfolgreiche Unternehmen mit unverwechselbaren Produkten
Aber es gibt diese Leuchtturmunternehmen. Drei Beispiele:
– Kadia als führender Hersteller von Honmaschinen hat vor über 15 Jahren damit begonnen, das Maschinendesign konsequent in die Produktentwicklung mit einzubeziehen. Das Geheimnis hinter dem Erfolg ist, dass der Geschäftsführer ein klares Bild davon hat, was er mit Kadia erreichen möchte. Deshalb ist das gesamte Produktportfolio inzwischen von markanter Wiedererkennbarkeit geprägt und in der Tiefe funktional.
– Liebherr ist ein weiteres Beispiel für diese unnachgiebige Konsequenz. Das Unternehmen setzt seit fast 30 Jahren bei seinen Autokranen auf strikt anwenderbezogene Designentwicklung, vom Interieur über den Einstieg ins Fahrerhaus bis zum Kranwagen. Über diesen Zeitraum hat die Firma ihre Umsätze verzehnfacht.
– Vega, ein Unternehmen für Messtechnik mit Sitz im Schwarzwald, hat ein ganzheitliches Konzept entwickelt: hohe technische Qualität, Anwenderinnovationen und eine bestens austarierte Produktwirkung. So ein Anspruch erfordert viele Extrameilen von allen Beteiligten, aber die werden mit Erfolg belohnt. Bei Vega ist es zur Unternehmenskultur geworden, dass jeder darüber wacht, dass keine Verwässerung stattfindet: Es geht immer um Innovation und Wirkung.
Das ist die Kombination, die Ihnen heute gute Verkaufszahlen bringt. Nicht entweder Innovation ODER Wirkung. Sondern Innovation UND Wirkung. Unternehmen, bei denen beides Hand in Hand geht, sind die Unternehmen, die sich über ihren Erfolg auch in Zukunft keine Gedanken machen müssen.