Podcast „Prototyp“ 02. Apr 2024 Von Wolfgang Schmitz Lesezeit: ca. 4 Minuten

Karriere: Von neuer Arbeit und Mitteln gegen Stress

Im Podcast „Prototyp“ hören Sie sich quer durch (fast) alle Karrierethemen. Wer sich sein Arbeitsleben erleichtern oder Stress aus dem Weg räumen möchte, ist hier goldrichtig.

Technische Innovationen werden Arbeit und Karriere verändern. Der Mensch soll im Mittelpunkt bleiben, so der allgemeine Tenor der Podcast-Gäste.
Foto: panthermedia.net/Arne Trautmann

Jutta Rump: Ist die Viertagewoche ein Arbeitsmodell der Zukunft?

Die Ökonomin Jutta Rump zeigt sich skeptisch bei der Realisierung kürzerer Arbeitszeiten. Fachkräftemangel und demografische Entwicklung setzten dem Projekt „Viertagewoche“ bei gleichzeitiger Arbeitszeitreduzierung wirtschaftliche Grenzen. Aus dem System heraus sei das Konzept nicht zu bewerkstelligen. „Arbeitgeber müssen dann auch ihr Geschäftsmodell hinterfragen: Kann ich dieses und jenes noch umsetzen, obwohl mir die Ressourcen fehlen, oder muss ich abspecken? Wie gestalte ich meine Prozesse und mein Personalmanagement? Das System Arbeit müssten wir von Grund auf neu denken.“ Nichtsdestotrotz: Eine zeitliche Flexibilisierung sei die Zukunft der Arbeitswelt, so die Professorin. Und für die heiß umworbenen Ingenieurinnen und Ingenieure könne das heißen, dass sie aufgrund ihrer Marktmacht eine Flexibilisierung ihrer Arbeit einfordern könnten. Dann obliege es einem Aushandlungsprozess von Fachkraft und Arbeitgeber, Lösungen zu finden.

Jutta Rump betrachtet die Diskussionen zur Viertagewoche in Anbetracht des Fachkräftemangels sehr skeptisch. Foto: Protectedwww.simonwegener.com

Julia Brailovskaia: Nutzung von Social Media kann zu Stress und Depressionen führen

Wer sich kontinuierlich in den sozialen Medien bewegt, steuert auf gesundheitliche Risiken zu und läuft Gefahr, sein Leistungspotenzial zu reduzieren. Das hat Julia Brailovskaia ermittelt. Die Psychologin an der Universität Bochum erläutert, wie man erfolgreich gegensteuert. In einem von ihr und ihrem Forschungsteam konzipierten Versuch reduzierten Probanden eine Woche lang ihre nicht arbeitsbezogene Social-Media-Nutzungszeit um 30 min pro Tag. „Dann haben wir auf die psychische Gesundheit geschaut und festgestellt, dass sich die Empfindung der Arbeitsbelastung reduziert hat und die Arbeitszufriedenheit gestiegen ist, gleichzeitig wurden Stresssymptome weniger und die positive psychische Gesundheit verbesserte sich. Letztlich hat sich auch die suchtartige Nutzung vermindert.“ Da der vollständige Verzicht auf Social Media in unserer Gesellschaft nicht funktioniere, rät Brailovskaia: „Es ist wohl das Beste, den Konsum bewusst und kontrolliert zu reduzieren.“

Podcast: Ein Blick zurück auf 70 Folgen „Prototyp“

Werner Widuckel: Die Zukunft des Ingenieurberufs und der Industrie

Der Arbeitsmarkt für Ingenieure und Ingenieurinnen ist gut. Dennoch verursachen die rasanten Veränderungen durch technische Innovationen auch bei versierten technischen Fachkräften gelegentlich Unbehagen. Wird die KI beispielsweise Ingenieure und Ingenieurinnen überflüssig machen? „In Teilbereichen sicherlich“, sagt Werner Widuckel, Professor für Personalmanagement und Arbeitsorganisation an der Universität Erlangen-Nürnberg. Aber der Experte hat auch einen positiven Ausblick: Das Potenzial der KI sei noch nicht gehoben und viele Anwendungsbereiche noch nicht erschlossen. Durch neue Geschäftsmodelle und Anwendungen würden neue Bereiche für technische Fachkräfte entstehen. Widuckel gibt Entwarnung: Die große Beschäftigungslosigkeit durch KI für Ingenieurinnen und Ingenieure sieht er nicht kommen. Eher im Gegenteil. Die Welle des großen Fachkräftemangels komme auf die Firmen durch den Weggang der Babyboomer noch zu. Unternehmen werden laut Widuckel unterschiedlich auf diese Anforderung reagieren. „Arbeitszeitflexibilität wird sicherlich eine Rolle spielen, flexiblere Organisationsformen und wir werden sicherlich neben der Zuwanderung auch eine verstärkte internationale Arbeitsteilung haben.“

Werner Widuckel sieht eine große Beschäftigungslosigkeit durch KI für Ingenieurinnen und Ingenieure nicht kommen. Foto: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Hannes Zacher: Ziele erreichen im Beruf: Kleine Schritte machen und Negatives abschütteln

Wie schaffe ich es, realistische Ziele zu setzen und zu verfolgen und nicht in fantastischen Welten zu irren? Wie finde ich Ziele, die zu mir passen und nicht von außen auf mich gestülpt werden? Der Arbeits- und Organisationspsychologe Hannes Zacher gibt Tipps, wie es gelingen kann, berufliche Ziele zu verwirklichen. Demnach sollten Ziele möglichst spezifisch formuliert werden, auch quantitativ. Sie sollten nachprüfbar und realistisch sein. Und sie sollten immer mal wieder hinterfragt werden, denn Ziele verändern sich laut Zacher in unterschiedlichen Lebensphasen. Was einem Berufseinsteiger noch wichtig ist, kann für einen älteren Arbeitnehmer zweitrangig sein. Was logisch klingt, ist bei vielen noch nicht angekommen: Arbeit und Privates müssen zueinander passen, Arbeit soll Spaß machen. Zacher verrät auch, wie er sich selbst motiviert.

Frank Leminski: Karrieren im digitalen Wandel

Die Karrieren von Ingenieurinnen und Ingenieuren werden sich radikal wandeln, meint Frank Leminski. Die Digitalisierung werde sich diffiziler auf die Arbeit auswirken als auf Produktionsprozesse, ist der Kölner Berater und Coach überzeugt. „Neue Zusammenarbeitsformen, in denen sich Hierarchiestufen auflösen und die Verantwortung direkt an den einzelnen Mitarbeitenden übertragen wird, bringen ein neues Verständnis von Arbeit.“ Um vor diesem Hintergrund effiziente Zusammenarbeit zu gewährleisten, dürfe nie immer nur in eine Fachrichtung gedacht und geplant werden. Kundenzentriertes Denken sollte der Maßstab sein. Leminski nennt das Beispiel Tesla für die Notwendigkeit fachübergreifender Planung und stellt die Frage: „Ist Tesla ein Auto mit Computerfunktion oder ein Computer mit Autofunktion?“

Gerlind Hartwig: So klappt es mit dem Vorstellungsgespräch

Ein Vorstellungsgespräch. Schon der Gedanke daran kann Stress auslösen. Umso wichtiger ist es, sich gut auf dieses Gespräch vorzubereiten. Dahinter steckt laut Image- und Karrierecoach Gerlind Hartwig mehr als nur inhaltliche Vorbereitung. Denn zu einem gelungenen Auftritt gehört auch die passende Kleidung. Und die Beantwortung folgender Fragen: Wie benehme ich mich? Was mache ich, wenn ich mich verspäte? Wie besiege ich die Nervosität? Wie schaffe ich es, souverän zu wirken? Welche Rolle spielt der Small Talk? Soll ich übers Wetter reden? Viele Bewerbende würden sich zu wenig Gedanken über sich selbst machen und über die eigenen Ziele. Gerlind Hartwig rät dazu, sich die Zeit zu nehmen und eine Stärken- und Schwächenanalyse vorzunehmen und die eigenen Stärken nicht unter den Tisch zu kehren. Wer das Gespräch online führt, sollte sich auch Gedanken über Gestik und Mimik machen. Ein Muss für alle, die sich präsentieren müssen.

Lesen Sie auch: Rente versus Fachkräftemangel: Wie ältere Beschäftigte länger im Arbeitsleben bleiben

Ulrike Reiche: Entschleunigt arbeitet es sich besser

Die Digitalisierung, der sich verschärfende Wettbewerbsdruck und die nicht enden wollenden Krisen drücken aufs Tempo und zehren an den Kräften der Menschen. Das verunsichert sie, die Zahl der psychischen Erkrankungen steigt zusehends. Die Geschwindigkeit zu drosseln, ist nicht nur eine Frage des persönlichen Wohlergehens, sie trägt auch zur Wirtschaftlichkeit von Unternehmen bei, meint Ulrike Reiche. Die Beraterin und Buchautorin erlebt immer mehr Menschen in Unternehmen, die sich über den Stellenwert von Gesundheit und Entschleunigung bewusst sind. Nicht nur ökologische Nachhaltigkeit sei angesagt, in Zeiten des Fachkräftemangels und steigender Fehlzeiten gerate der Mensch zusehends in den Mittelpunkt. Letztlich sollten alle an sich selbst denken: „Entschleunigung ist für mich ein tolles Mittel, nicht geradewegs in die Überlastung zu rennen.“

Ulrike Reiche weiß, dass in Zeiten des Fachkräftemangels und steigender Fehlzeiten der Mensch zusehends in den Mittelpunkt der Unternehmen gerät. Foto: privat/Klaus Knuffmann
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