Karrieretalk mit Topmanager
Gunther Olesch kann aus dem Vollen schöpfen. Der ehemalige Geschäftsführer von Phoenix Contact erzählt, was Arbeitgeber von jungen Ingenieuren erwarten, wie gute Führung aussieht – und von der Bedeutung von Visionen.
Nicht jedem widerfährt das Glück, für seinen Job zu brennen. Bei Gunther Olesch bedarf es nur weniger Worte, um in seinen Augen ein Flackern der Begeisterung hervorzurufen. Wissensarbeit ist für den 65-Jährigen keine Handlung, in die ausschließlich der Kopf involviert ist. Mindestens genauso wichtig ist für ihn das Herz.
Olesch hat dieses Credo als Geschäftsführer beim Elektrotechnikspezialisten Phoenix Contact im ostwestfälischen Blomberg immer (vor-)gelebt, seine Vorstellungen von guter Arbeit beinahe messianisch nicht nur unter der eigenen Belegschaft gestreut, sondern als Botschafter „seines“ Unternehmens auch bei Reden in kleinen und großen Hallen bundesweit voller Überzeugung vertreten. Im Sommer nahm der Topmanager aus Altersgründen seinen Geschäftsführer-Hut.
Im Podcastinterview schildert der Hobbyrockmusiker, was er unter guter Führung versteht, wie wichtig eine auf das jeweilige Unternehmensprofil zugeschnittene Firmenkultur ist, wie sehr die Digitalisierung die Arbeitsgestaltung verändert und wie er sich heute als junger Ingenieur bewerben würde.
An der Qualität der deutschen Ingenieurausbildung hat Olesch wenig zu beanstanden. Deshalb ziehen die Blomberger auch die fachliche Qualifikationen der Bewerber in der Regel nicht in Zweifel. Für Phoenix Contact ist wichtig, dass die Kandidatin oder der Kandidat zum Unternehmen passt, die Persönlichkeit ist entscheidend. Aber trotz hohen Bildungsniveaus hätten die Hochschulen Nachholbedarf. Olesch: „Sie müssen den Ingenieur nicht nur als Technologen ausbilden, sondern auch als Netzwerker und Kommunikator.“
Was nicht heißen solle, dass nur Arbeitgeber Ansprüche an ihre Mitarbeiter stellen dürfen. Die andere Seite sei nicht weniger wählerisch. „Und das ist gut so“, findet Olesch. „Junge Menschen wollen Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit sehen. Sie stellen Fragen wie: Wo will das Unternehmen in zehn Jahren sein?“ Das zeuge von Selbstvertrauen, von einem nachvollziehbaren Bedürfnis nach Sicherheit in unsicheren Zeiten und – für den Arbeitgeber wichtiger – von der Bereitschaft, verändern und die Zukunft gestalten zu wollen. Olesch scheut nicht vor „himmlischen“ Metaphern: „Visionen sind wie Sterne. Man muss sie nicht erreichen, aber sie bieten uns Orientierung.“
Danach müsse sich auch moderne Führung richten. Die Ära der Machtmenschen, die Wissen (Wissen = Macht) häppchenweise an ihre Mitarbeiter verteilten, sei vorüber. „Heute stehen Wissen und Informationen jedem zur Verfügung.“ Daher sei es vorrangige Aufgabe der Vorgesetzten, zu koordinieren, wie es im Sport ein guter Trainer praktiziere. „Der spielt selbst nicht mehr mit, sondern versteht es, die richtigen Leute für die richtigen Aufgaben einzusetzen und sie vor dem Spiel heiß zu machen.“ Entsprechend seien Charisma und Begeisterungsfähigkeit mitentscheidende Tugenden erfolgreicher Führungskräfte.
Der Karrieretalk dreht sich um Themen, die auch in VDI nachrichten behandelt werden: Arbeitsmarkt für Ingenieure, Karrieretipps, Managementtrends. Präsentiert werden die Themen von Redakteuren von VDI nachrichten. In dem Podcast geht es um das Umfeld, in dem sich ein Ingenieur von Beginn seiner Karriere an bewegt, weniger um konkrete Handlungsanleitungen. Dies alles im Gespräch mit prominenten Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft.