Wie Maschinenbauer mit langfristiger Strategie ihre Innovationsfähigkeit sichern
Volle Auftragsbücher und Lieferengpässe setzen Maschinenbauer unter Druck. Eine langfristige Strategie sorgt dafür, dass sich Unternehmen und Produkte trotzdem weiterentwickeln.
„So sind wir aus dem Schneider!“ Die Überzeugung, mit der Roland Eisenlauer, CTO des Branchenprimus Zwickroell, diese Worte aussprach, beeindruckte mich. Ich hatte mit ihm über eine Frage gesprochen, die ich in den letzten Monaten mit etlichen Geschäftsführern und Inhabern diskutiert habe: Wie schaffen es Unternehmen, in Zeiten von völliger Überlastung innovativ zu bleiben?
Welche Faktoren über die Marktführung entscheiden
Die Antwort ist im Maschinenbau überlebenswichtig – egal ob sie aktuell Champions in ihrem Markt sind oder (noch) nicht. Die Überlastung bedroht sie gleichermaßen. Diese Überlastung besteht in alle Richtungen: Auf der einen Seite drücken volle Auftragsbücher und eine überlaufende Produktion, auf der anderen Seite Lieferengpässe, hohe Beschaffungsaufwendungen, Fachkräftemangel.
Kompetenzgerangel gefährdet die Innovationsfähigkeit
Wie soll da noch Kapazität übrig bleiben, um Innovationen voranzutreiben? Gerade bei Weltmarktführern beobachte ich zum ersten Mal seit vielen Jahren Zeichen zunehmender Anspannung: Im Zuge der hohen Belastung hält vereinzelt intern ein Schwarzer-Peter-Spiel Einzug. Solches internes politisches Gerangel beeinträchtigt diese Unternehmen dabei, weiterhin so gelassen und zielstrebig zu arbeiten wie in den letzten Dekaden.
Erfolgreiche Unternehmen vertrauen auf eine langfristige Strategie
Umso wichtiger war es mir, herauszufinden, wie erfolgreiche Firmen mit der Situation umgehen. Aus meinen Gesprächen und Beobachtungen habe ich eine Gemeinsamkeit identifiziert:
Die Gemeinsamkeit ist das Vertrauen in die langfristige Strategie. Sie basiert darauf, dass diese Maschinenbauer ihre Kunden und deren Geschäft intensiv beobachten. Darin haben sie sich eine solche Kompetenz aufgebaut, dass sie bereits heute prognostizieren können, was der Kunde in zehn Jahren braucht und kauft. Diese Kundenbedürfnisse ändern sich auch nicht über Nacht, selbst wenn zum Beispiel die Politik mit fragwürdigen Regularien, Vorschriften und Verboten die Unternehmen massiv beschäftigt. Solche Firmen sind sich gewiss, dass sie heute mit Nachdruck und Konsequenz genau an diesen Lösungen und Technologien von morgen arbeiten müssen, wenn sie übermorgen noch Weltmarktführer sein wollen.
Langfristige Strategie wird nicht dem Tagesgeschäft geopfert
Diese Gewissheit hat eine gewaltige Wucht: Die Entscheider kommen gar nicht auf die Idee, ihre langfristigen Überlegungen dem aktuellen Druck zu opfern. Entsprechend werden sie von keiner Krise, keinem Lieferengpass, keiner Auftragsflut dazu verführt, die Kapazitäten der Entwicklungsabteilung als Feuerwehr zu missbrauchen oder sie in Kurzarbeit zu schicken.
Stephan Witt, COO der Jagenberg AG, hat es so formuliert: „Wenn du die Hütte voll hast, darfst du nicht aufhören, dich weiterzuentwickeln, oder noch schlimmer, wenn man in eine Krise stürzt, sollte man erst recht nicht mit der Weiterentwicklung aufhören.“
Die Grundüberzeugung, dass langfristige strategische Konsequenz in der Entwicklung der Weg ist, ist also gleich. Wie die erfolgreichen Unternehmen die Entwicklung angehen, ist allerdings unterschiedlich.
Jagenberg zum Beispiel setzt auf eine kontinuierliche Produktneu- und -weiterentwicklung. Das Unternehmen verfolgt die Strategie, Lösungsanbieter für Rolle-zu-Rolle-Prozesse zu sein, zum Beispiel in der Batterieproduktion. Dafür war und ist eine komplette Neustrukturierung der Produkte sowie der Dienstleistungen notwendig. Jagenberg setzt also konsequent auf eine Strategie über das ganze Unternehmen hinweg.
Zwickroell dagegen vertraut auf die Produktebene: Die Firma arbeitet mit einer konsequenten Plattformstrategie, sodass sie „nur“ einzelne Module und nicht gleich ganze Produkte neu entwickeln müssen, um den Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Konsequenz und Unbeirrbarkeit müssen sich Unternehmen aber leisten können. Wer sich mit 3 % oder 4 % Marge zufriedengibt, hat es da schwer. Vor allem, weil sich alle Entscheider, mit denen ich gesprochen habe, einig sind: „Wir werden uns auf einen höheren Kostendruck einstellen müssen.“ Wie geht das zusammen mit den Ausgaben für Innovationen? Tatsächlich braucht es für Innovationen zusätzliche Investitionen.
Wichtig ist das Alleinstellungsmerkmal für Unternehmen und Produkte
Ihre gewünschte Marge und Marktposition bekommen Sie nur dann, wenn Sie nicht einer von vielen vergleichbaren Anbietern sind. Sie und Ihre Produkte müssen ein (zumindest vorübergehendes) Alleinstellungsmerkmal haben. Darüber hinaus lassen sich über eine klug angelegte Produktneuerung im Zusammenspiel mit einem innovativen Maschinendesign deutlich mehr Kosten einsparen als die üblichen 5 %, die Sie über Optimierungen hier oder dort noch herausquetschen können.
Im Changeprozess führt Klarheit zum Unternehmenserfolg
Führende Maschinenbauer, so meine Beobachtung, forcieren ihre progressive Unternehmensentwicklung durch eine langfristige Strategie, die sie kraftvoll und konsequent in die Tat umsetzen.