Mehrheit sieht KI im Bewerbungsprozess kritisch
Laut Befragung der IU Internationalen Hochschule stehen die meisten Bürgerinnen und Bürger hierzulande dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Bewerbungsprozess ablehnend gegenüber.
Die Studie „KI im Recruiting: Emotionen, Ansichten, Erwartungen“ der IU Internationalen Hochschule ergibt: Die Mehrheit der Befragten (64,7 %) lehnt den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) im Recruiting ab und bewertet die technologische Entwicklung als negativ. Vor allem der Verlust von zwischenmenschlichen Aspekten wie Sympathie (59,4 %) sowie die gefühlt unkontrollierte Datenverarbeitung (34,1 %) sorgen für Bedenken. Für die Studie wurden 1005 Personen aus Deutschland im Alter zwischen 16 und 65 Jahren im Zeitraum Oktober/November 2021 befragt.
Entscheidungen sollen beim Menschen verankert bleiben
Zwei Drittel der Befragten (65,2 %) vertrauen den Entscheidungen, die durch Algorithmen getroffen werden, nicht und 58,6 % der Befragten haben kein Vertrauen in Unternehmen, die KI im Bewerbungsprozess einsetzen. Vier von fünf Befragten (80,5 %) fühlen sich laut Studie weniger wertgeschätzt, wenn KI anstelle eines Menschen im Bewerbungsprozess eingesetzt wird. Rund 43 % denken sogar, dass KI den Bewerbungsablauf für sie insgesamt verschlechtert. Mehr als 72,3 % der Befragten sind der Meinung, dass jeder Schritt im Bewerbungsprozess und die getroffenen Entscheidungen in Menschenhand bleiben sollen.
Laut Studienautoren und -autorinnen zeigen die Ergebnisse: Je tiefer der Bewerbungsprozess geht, desto eher wird der Einsatz von KI abgelehnt. Während noch 69,8 % den Einsatz von KI beim Verfassen von Stellenanzeigen für gut befinden, finden es nur 38,1 % gut, wenn KI bei der Analyse von Wortwahl und Mimik im Bewerbungsgespräch zum Einsatz kommt.
KI wird von Mitbestimmungsseite kritisch gesehen
KI bietet Chancen für mehr Gerechtigkeit
Aus Sicht der Befragten bringt der Einsatz von Algorithmen im Bewerbungsprozess auch positive Aspekte mit sich: So sieht jeder und jede dritte Befragte (32,9 %) in der Nutzung von KI die Chance, Diskriminierungen etwa aufgrund von Herkunft, Alter oder Geschlecht zu verhindern. Und jeder und jede fünfte Befragte (21,5 %) ist der Ansicht, dass der Auswahlprozess gerechter ist, da die KI Entscheidungen immer anhand derselben Kriterien wie der beruflichen Qualifikation trifft.
Auch finden ein Drittel (31,7 %) der Befragten, dass durch den Einsatz von KI der gesamte Bewerbungsprozess schneller läuft. „Künstliche Intelligenz hat gegenüber dem Menschen einen entscheidenden Vorteil hinsichtlich Gleichberechtigung: Sie denkt in Einsen und Nullen. Vorurteile und subjektive Wertung sind ihr fremd, sie entscheidet rein auf Faktenbasis – vorausgesetzt die KI-Algorithmen sind richtig programmiert“, sagt Michaela Moser, Professorin für Personalmanagement an der IU Internationalen Hochschule.
Deutliche Unterschiede bei Herkunft und Bildung
Personen mit Migrationshintergrund zeigen sich laut Studie deutlich offener gegenüber KI als Befragte ohne Migrationshintergrund. So blickt die Hälfte (48,6 %) der Befragten mit Migrationshintergrund positiv auf den Einsatz von KI, während dies nur ein Drittel (32,6 %) der Befragten ohne Migrationshintergrund tut.
Beim Blick auf den Bildungsgrad machen die Forschenden einen weiteren Unterschied aus: Je höher der Bildungsabschluss, desto positiver die Haltung gegenüber dem Einsatz von KI. Während nur 30,1 % der Befragten mit Hauptschulabschluss KI für eine positive Entwicklung halten, tun dies 42,5 % der Befragten mit Hochschulabschluss.
Mehr Transparenz beim Einsatz von KI empfohlen
Ein Grund für die grundsätzliche Skepsis gegenüber KI könnte laut Studie fehlende Erfahrung sein: Neun von zehn Befragten (88,5 %) haben noch keine bewusste Erfahrung mit KI in einem Bewerbungsprozess gemacht. Lediglich 6,3 % nahmen künstliche Intelligenz in bisherigen Bewerbungsprozessen bewusst wahr. Am häufigsten geschah dies bei der Stellen- und Unternehmensrecherche über Websites, Messen oder Telefonate.
„Bewerberinnen und Bewerbern ist der Einsatz von KI im Bewerbungsprozess häufig gar nicht bewusst“, sagt Katharina-Maria Rehfeld, Professorin für Personalmanagement an der IU Internationalen Hochschule. „Außerdem ruft die Vorstellung von KI im Recruiting bei einigen zunächst Skepsis hervor, da viele gar nicht wissen, wie und an welcher Stelle des Bewerbungsprozesses KI überhaupt ihren Einsatz findet. Wer einmal bewusst Erfahrung mit KI gemacht hat, ist in der Regel auch offener für ihren Einsatz. Es empfiehlt sich daher, die Anwendung von KI im Bewerbungsprozess transparenter zu machen.“
Beim Blick in die Zukunft sind fast zwei Drittel (63,3 %) der Meinung, dass KI im Recruiting zukünftig häufiger eingesetzt wird. Doch nur gut jede oder jeder Dritte (36,6 %) davon beurteilt diese Entwicklung als gut. Bei der Frage, was die Zweifel an einem Einsatz von KI im Bewerbungsprozess mildern würde, gab die Hälfte der Befragten (53,8 %) an, die freie Wahl zwischen Mensch oder KI im Bewerbungsprozess zu haben.
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