Digitaler Mutmacher für den beruflichen Aufstieg
Im Verbundprojekt „Chefin“ von RWTH Aachen und TU Dortmund erproben Wissenschaftler, wie ein Online-Tool für die Frauenkarriereberatung sein sollte.
Der Psychologin Johanna Werz fiel der Abschied schwer. Sie, die am Lehrstuhl für Informationsmanagement im Maschinenbau an der RWTH Aachen drei Jahre lang in einem interdisziplinären Team im Projekt „Chefin“ mitgearbeitet hat, würde mit dem Wissen und der Erfahrung aus der Forschung sehr gern weitermachen, um das neu entwickelte Online-Tool Chefin zu optimieren und auszudifferenzieren. Doch das Projekt von RWTH Aachen und TU Dortmund endete im März 2021 nach dreijähriger Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Wissenschaftlerin, die auf dem Feld digitaler Lernumgebungen forscht, resümiert: „Ich finde, es ist ein wertvolles Projekt und die Thematik, bestens ausgebildete Mint-Frauen dabei zu unterstützen, wie sie ihren individuellen Weg nach oben planen und angehen können, wird immer wichtiger.“
Frauen schätzen ihre Kompetenzen oft falsch ein und sind oft verunsichert
Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Verbundprojekt war es wichtig, einen realistischen Blick auf Frauenkarrierewege zu werfen, um dem wirklichen Potenzial auf die Spur zu kommen. Dazu wurde auch die Expertise diverser Beiräte und Beirätinnen genutzt, darunter Antoinette Beckert, Ingenieurin, Leadership-Coach und Leiterin des Arbeitskreises „Frauen im Ingenieurberuf“ im VDI Berlin-Brandenburg. „Ich habe meine Erfahrungen aus dem Coaching und der Karriereförderung für Frauen eingebracht. Was sind Knackpunkte für gute Bewerbungsunterlagen? Was sind die Topthemen junger Frauen auf ihrem Karriereweg? Welche Tricks und Tipps kann man sich von erfolgreichen Frauen abschauen?“ Beckert beriet zum Aufbau des Tools und zur Ansprache der Zielgruppe. Das Verbundprojekt vereint zwei Perspektiven. Die Dortmunder Forscherinnen und Forscher haben sich um die quantitative und qualitative Begleitforschung für Karrierefaktoren gekümmert, die Aachener um eine Big-Data-Lebenslaufanalyse und die Entwicklung des technischen Empfehlungssystems. Miriam Schmitt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Hochschulbildung (zhb) am Lehrstuhl für Organisationsforschung, Weiterbildungs- und Sozialmanagement an der TU Dortmund, schildert, warum Frauen überhaupt verunsichert sind und mehr Support Sinn macht: „Mint-Frauen schätzen durch die Konfrontation mit Genderstereotypen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten oft als weniger gut ein, als sie es tatsächlich sind. Wir wollen mit dem Tool Frauen so stärken, dass sie ihre Fähigkeiten realistisch wahrnehmen und nach außen zeigen.“
Die Zugangshürde ist niedrig – jede kann es einfach ausprobieren
Das Wertvolle und Neuartige des digitalen Angebots liegt auf der Hand. Karriereberatung per Mausklick ist schnell verfügbar. Die Zugangshürde ist niedrig. Niemand muss für viel Geld einen Karrierecoach buchen, offline eine Reise antreten, ohne vorher wirklich genau zu wissen, welchen Erfolg die Beratung haben wird. Digitale Karriereberatung mit Chefin kann auf check-deine-karriere.de einfach ausprobiert werden. Die Zielgruppe sind Studierende, die noch mitten im Studium stecken, die den Blick in die Zukunft nicht scheuen, und Berufsanfängerinnen, die sich mit der Planung ihres Weges befassen und für die eine Führungsposition schon ein Gedankenspiel ist. Johanna Werz wirbt noch mit einem anderen Aspekt für den digitalen Service. „Der Beratungsaufwand ist sehr viel geringer mit so einem Online-Tool. Die Ratsuchenden erhalten sehr schnell erste Ergebnisse. Das ist eben der Vorteil der Automatisierung.“ Die Erfahrung der Forscher und Forscherinnen war, und das haben auch die Tests mit ständig weiterentwickelten Prototypen auf diversen Berufsmessen für Frauen 2019 und 2020 und die späteren Nutzungen gezeigt: Chefin hilft den jungen Mint-Frauen zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Für Young Professionals waren die Antworten, Tipps und Empfehlungen des Systems gelegentlich zu banal. Studierende und Berufseinsteigerinnen erhalten durch das Online-Tool einen einfachen ersten Zugang zum Thema Karriereplanung. Bei allen Herausforderungen, die in der Entwicklung eines solchen Tools stecken, halten die Forscher aus Dortmund und Aachen fest, dass mit Chefin ein Tool mit viel Potenzial entstanden sei. Auch wenn das Projekt offiziell beendet ist. Das Tool steht weiter zur Verfügung