„Man darf sich in diesem Studium nicht von den Herausforderungen schrecken lassen“
Die Ausbildung im Maschinenbau-Studium gilt als sehr hart, die Abbrecherquoten sind hoch. Maximilian Schendell aus Hamburg beißt sich durch: Zu den 50 Wochenstunden für das Studium kommen noch 15 Stunden für einen Job.
Die Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg ist aktuell der Lebens-Mittelpunkt von Maximilian Schendell. Im Grundstudium ist Büffeln angesagt.
Das Maschinenbaustudium ist ohnehin nicht einfach. Umso schwieriger wird es, wenn man nebenbei auch noch arbeiten muss. Maximilian Schendell zeigt Kampfgeist. „Freizeit bleibt keine“, sagt der Maschinenbau-Student an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg.
Gerade beginnt sein viertes Semester. Sein bisheriges Pensum: 50 Stunden pro Woche für das Studium. Und nebenbei der Studentenjob bei Airbus mit 15 Stunden. Schließlich muss er ja auch noch Geld verdienen.
Dass die Anforderungen hoch sind, hatte Schendell erwartet. Und so hat es sich auch bewahrheitet. Durch die erste Mathe-Klausur ist er gleich durchgefallen. „Das war schon ein Rückschlag. Aber davon darf man sich in diesem Studium nicht schrecken lassen“, sagt der 23-Jährige. Sich nicht unterkriegen lassen, mit Fehlschlägen zurechtkommen, wieder aufstehen, wenn etwas schief gelaufen ist. Diese Überlebenstipps hat Schendell für sich aus dem Studium mitgenommen.
Rund 53 % der Studienanfänger im Maschinenbau an Universitäten sollen nach einer Studie der HIS Hochschul-Informations-System GmbH das Studium ohne Abschluss verlassen. Die hohen Abbrecherquoten machen vielen Entscheidungsträgern Kopfzerbrechen.
Auch die HAW in Hamburg kennt das Phänomen. „In schlimmen Jahren brechen bis zu 45 % der Studierenden ab. Normalerweise liegt der Schnitt zwischen 30 % und 35 %“, sagt Thomas Frischgesell vom Department Maschinenbau und Produktion. „Wir wissen durch Analysen des Studienverlaufs, dass rund 50 % der Studierenden keine Probleme haben, durchzukommen. Rund ein Drittel steht auf der Kippe. Etwa 10 % verlieren wir schon in den ersten zwei Semestern.“
Die Hochschule steuert inzwischen gegen. Vortests im Internet sollen eine Neigung für Mathematik oder Physik erkennbar machen. Ist diese nicht vorhanden, wird Bewerbern abgeraten, das Studium zu beginnen. Diejenigen, die einen Studienplatz ergattern, haben die Möglichkeit, Vorkurse zu besuchen, die sie auf das Studium vorbereiten sollen.
„Die Abiturienten haben oft noch nie eine technische Zeichnung gesehen. Die Studienanfänger mit Ausbildung haben oft Mathematik früh abgewählt oder sich lange nicht mehr mit dem Thema beschäftigt“, sagt Frischgesell. „In Vorkursen versuchen wir, die Studenten auf einen gemeinsamen Stand zu bringen.“
Für Maximilian Schendell ist es nicht nur der Stoff, der ihm Kopfzerbrechen bereitet. „Viele Studenten müssen ihr Studium finanzieren. Wer kein Bafög bekommt, muss arbeiten.“ Oft ständen diese Studenten dann vor der Entscheidung: Geld oder Bildung. Beides mit einander zu vereinbaren, das falle vielen schwer.
Gleichzeitig wurde das Studium mit der Umstellung von Diplom auf Bachelor komprimiert. Über allem thront die Studienregelzeit. „Ich denke, dass man sich davon frei machen muss“, sagt Schendell. Notfalls dauert es eben etwas länger. Denn etwa die Abschluss-Klausuren zu koordinieren, ist nicht einfach. In einer Woche kann es sein, dass am Montag die Mathe-Klausur aus dem Vorjahr nachgeholt werden muss, und am Dienstag die aktuelle Klausur in technischer Mechanik geschrieben wird.
Maximilian Schendell hat nach dem Realschulabschluss gleich eine Lehre als Drucker absolviert. Doch schon im zweiten Lehrjahr wusste er, dass er sich damit nicht zufriedengeben würde. Zwei Monate arbeitete er in dem Beruf. Dann ging er wieder zur Schule und machte sein Fachabitur nach.
Mit dem Fachabitur ging es dann erst einmal für sechs Monate auf große Fahrt: Asien und Australien. Von Australien aus bewarb er sich für den Studienplatz an der HAW. „Wäre es nichts geworden, wäre ich wahrscheinlich noch ein wenig unterwegs gewesen“, sagt Schendell.
Doch er wurde angenommen. Schon das erste Semester war ein Sprung ins kalte Wasser. „Ich bin in Mathe nie gut gewesen und ich wusste, es würde ein extrem harter Brocken“, sagt Schendell. Der Spaß kam erst mit der Zeit. Auch wegen des hohen praktischen Anteils im Studium.
Jedes Semester ist an der HAW mit einem Praxisteil verbunden. Während eines Projektes im zweiten Semester entwickelte er zusammen mit anderen Studenten für seinen Arbeitgeber Airbus ein Handbuch, mit dem neue Mitarbeiter schneller eingearbeitet werden können. Nah an der Praxis und motivierend sei dies gewesen, sagt der Student.
Inzwischen möchte Maximilian Schendell so schnell die Hochschule gar nicht mehr verlassen. Nach dem Maschinenbau-Bachelor kann er sich gut ein Masterprogramm vorstellen. Dann allerdings mit einem Managementschwerpunkt als MBA. „Ein technisches Studium und wirtschaftliches Wissen – das ist, denke ich, eine sehr interessante Mischung.“
Gut könnte er sich vorstellen, mit dieser Ausbildung dann weiter für Airbus zu arbeiten. Ohnehin würde er sein Hauptpraktikum gerne am Airbus-Standort Toulouse in Frankreich machen. Auch diese Möglichkeiten eröffnet ihm sein Studium. „Wenn es nur Blut, Schweiß und Tränen wären, dann würde ich dieses Studium auch nicht machen“, sagt der Student. HENNING ZANDER