„Das Angebot ist eines der Kernstücke im technischen Vertrieb“
Der Ingenieur Erwin Hölzler ist nach eigenen Angaben federführender Autor der VDI Richtlinie 4505 Blatt 2, die sich mit der Gestaltung von Angeboten im Investitionsgüterbereich befasst. Hierzu hat er über 30 VDI-Seminare durchgeführt.
VDI nachrichten: Herr Hölzler, Sie beraten Maschinenbau- und andere Technikunternehmen bei der schriftlichen Angebotserstellung. Sie sind selbst Ingenieur. Wie sind Sie dazu gekommen?
Hölzler: Meine Wurzeln liegen in der Softwarebranche. Heute berate ich Unternehmen zur Frage, wie man Angebote besser – also überzeugender – aufbaut, gestaltet und formuliert und ich halte Seminare hierzu – auch beim VDI. Hieraus ist über meine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit in Arbeitskreisen beim VDI auch die einschlägige Richtlinie 4504 Blatt 2 entstanden, die ich federführend formuliert habe. Parallel habe ich in den vergangenen vier Jahren viel über Psychologie gelernt. Psychologie und Hirnforschung liefern Erkenntnisse, die zum Teil alt, teils auch relativ neu sind und für die Angebotserstellung nützlich sind.
Warum haben die Firmen die Beratung nötig?
Das Angebot ist eines der Kernstücke im technischen Vertrieb. Ein Großteil aller Diskussionen zwischen Anbieter und Kunde rankt sich um dieses Dokument. Diese Verkaufsgespräche laufen auf einem hohen professionellen Niveau – dies zeigt sich schon an der gewaltigen Menge von Vertriebstrainings und Verkäuferschulungen.
Im Gegensatz hierzu liefert der Innendienst im Angebot überwiegend Zahlen, Daten und Fakten im technischen Rohkostüm – aus Ingenieursicht eben. Ich empfehle, den Kunden durchgängig nach verkäuferischen und damit psychologischen Gesichtspunkten anzusprechen. Die Kunden entscheiden nicht nur nach dem Preis – wie viele Verkäufer immer behaupten – sondern oft danach, wem sie als Anbieter vertrauen. „Vertrauen“ ist aber eine Größe, die sich aus zahlreichen und höchst unterschiedlichen Einzelelementen zusammensetzt. Ich zeige, wie meine Kunden mit ihren Angeboten bei ihren Lesern Vertrauen aufbauen können.
Sie sind ein Verfechter der Verkaufspsychologie auch auf schriftlicher Ebene. Welche Elemente und Aspekte sollte ein schriftliches Angebot in jedem Fall enthalten?
Ein gut gebautes Angebot beginnt mit einem kraftvollen Produktbild auf der Titelseite. Wir müssen drei Lesergruppen bedienen: Techniker, Einkäufer und Entscheider: Daher ist eine management summary besonders wichtig, in der der Entscheider erfährt, warum er sich in dieser Situation und bei dieser Aufgabenstellung für den Anbieter entscheiden soll. Diese fehlt aber ganz überwiegend. Außerdem fehlt oft ein Kapitel, das die Kundenanforderungen beschreibt. Dabei ist dies nicht nur aus formalen Gründen der ISO 9001 nötig. Durch dieses Kapitel bringt der Anbieter den Kunden innerlich zum Nicken – denn er hört seine eigenen Worte. Und wenn anschließend die dazu passende Lösung beschrieben wird, nickt er weiter – und mein Kunde hat ihn schon wieder ein Stück für sich gewonnen.
Was lässt sich noch besser machen?
Ich finde immer in der technischen Beschreibung irgendwelche abgrenzenden Bemerkungen. Da steht dann „Der Kunde ist für die Statik beim Einbau verantwortlich.“ So fühlt sich aber ein Kunde schnell alleingelassen. Dabei lässt sich dies so leicht entschärfen: Der Anbieter beschreibt einfach den Prozess, der sich abspielt, um die Statik zu klären und erläutert, wo und wie er als Anbieter hierbei mitwirkt.
Wie soll der Angebotsersteller erfahren/wissen, wie der mögliche Kunde „tickt“?
Bei größeren Unternehmen sind Innen- und Außendienst getrennt. Zwischen den beiden hapert es fast immer in der Kommunikation.
Der Außendienstler teilt dem Kollegen vom Innendienst, der das Angebot erstellt, natürlich die Anforderungen des Kunden mit – wie lang, wie breit, wie hoch.
Die englischsprachige Literatur unterscheidet zwischen Compliance, also der Erfüllung dieser explizit formulierten Anforderungen, und Responsiveness, dem Eingehen auf – manchmal versteckte – Bedürfnisse des Kunden. Diese bleiben in der Kommunikation oft genug auf der Strecke, dabei können sie wichtig sein.
Ein Beispiel: Will der Entscheider beim Kunden unbedingt auf Nummer sicher gehen? Oder will er sich mit einer innovativen Lösung profilieren? Dahinter steckt dann der Persönlichkeitsstil eines Ängstlichen oder eines Narzissten. Es gibt Techniken, diesen Persönlichkeitsstil präzise zu identifizieren und diese Erkenntnis kann der Anbieter in seiner Argumentation im Angebot nutzen. So gewinnt der Verfasser des Angebots den entscheidenden Vorsprung beim Aufbau von Vertrauen.
Können Sie ein kurzes Beispiel geben, wie ein Angebot aussehen sollte?
Ein paar Elemente – Deckblatt, Management Summary, Anforderungen und Beschreibung der Lösung habe ich bereits angesprochen. Die Preisübersicht soll vor allem übersichtlich und möglichst kompakt sein. Wenn der Kunde erst mal nach dem Taschenrechner kramen muss, wird er erst ärgerlich und gleich darauf misstrauisch: „Will mich hier einer leimen?“, denkt er sehr schnell.
Die technische Beschreibung orientiert sich landläufig an der Sicht des Konstrukteurs – das hilft dem Kunden nicht wirklich und dem Anbieter auch nicht. Geschickter ist die Orientierung am Nutzen.
Spezialfahrzeuge sind ein schönes Beispiel: Da gibt es den Fahrer, der ermüdungsarm sitzen und lenken will und sich über eine übersichtliche Anordnung der Instrumente freut. Dann gibt es den Fuhrparkmanager, die Kollegen von der Wartung in der Werkstatt, den Sicherheitsbeauftragten.
Wenn der Anbieter die technische Beschreibung mit dem spezifischen Nutzen verschränkt, dann verankert er die Wahrnehmung von Nutzen und Qualität tief in der Wahrnehmung seines Kunden.
Lässt sich der Erfolg nachweisen?
Ein wunder Punkt. Es gibt so viele zusätzliche Einflussfaktoren – allein die Konjunktur – die es unmöglich machen, die Verbesserung beim Angebot isoliert zu messen. Wenn die Hitrate steigt, kann das auch daran liegen, dass der Anbieter aufhört, auf drittklassige Anfragen mit einem Angebot zu reagieren. Dass ein Anbieter explizit für sein schönes Angebot vom Kunden gelobt wird, kommt nur ganz gelegentlich vor. C. BURGER