Die neue Art, Karriere zu machen
Der kontinuierliche Aufstieg in einem Unternehmen ist nur noch eine Art, Karriere zu machen. Die Organisationsentwicklerin Eva Holden erläutert, was junge Ingenieurinnen und Ingenieure unter „Karriere“ verstehen und wie Arbeitgeber damit umgehen sollten.
Mit neuen Job- und Arbeitsmodellen verändert sich auch die Vorstellung von „Karriere“. Es geht nicht mehr nur allein um den beruflichen Aufstieg. Aber um was noch? Die Organisationsentwicklerin Eva Holden weiß Antworten auf diese Frage. „,Höher, schneller, weiter‘ ist nicht mehr das Konzept der Zukunft“, sagt Holden. „Kaminkarrieren“, also der kontinuierliche Aufstieg innerhalb eines Unternehmens, sei nur noch eine von vielen Karrierevarianten. „Das ist am Ende des Tages eine positive Entwicklung für alle Beteiligten, weil es ganz verschiedene Lebenskonzepte gibt, an die sich der Job anpassen muss. Das ist auch der Kern von ,New Work‘.“ Man habe früher gelebt, um zu arbeiten. Das habe sich jetzt ins Gegenteil gewandt.
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Das heißt für die Arbeitspraxis, dass Menschen sich die Frage stellen: Was will ich eigentlich? Was entspricht meinen Stärken? Das äußert sich auch in einer anderen Unternehmenskultur. „Geschäftsmodelle verändern sich und damit auch die immer komplexer werdenden Anforderungen, die an Mitarbeitende gestellt werden. Das schlägt sich auch auf die Art der Führung und die Art, wie Führung geschult wird, nieder.“
Das Wissen der Mitarbeitenden intensiver in Entscheidungsprozesse integrieren
Für Unternehmen sei das ein schwieriger Prozess und zuweilen ein langer Weg, auf den sich aber viele Firmen in ganz unterschiedlichen Formen gemacht hätten. „Dazu muss ganz oben in den Unternehmensetagen der Wille bestehen, an den Grundfesten etwas verändern zu wollen“, so Holden. Das schnelle Geld sei damit in der Regel nicht zu machen, im Gegenteil: Veränderungen kosten Geld. Nachhaltiges Handeln und Anreizsysteme aber rechneten sich mittelfristig.
Ein Anreiz könnte es etwa sein, das Wissen der Mitarbeitenden intensiver in Entscheidungsprozesse zu integrieren, deren Selbstwertgefühl innerhalb des Unternehmens zu stärken wie die Produktivität jedes und jeder Einzelnen und damit letztlich auch des Unternehmens. Mitarbeitende, die mit ihrer Arbeit völlig ausgelastet seien und denen dann noch ein zusätzliches Projekt aufgehalst werde, würden einen Aufstieg ins mittlere Management nicht als Karriereschritt, sondern als Belastung empfinden. Wenn vorausgesetzt werde, dass man in einer solchen Position Überstunden machen müsse, werde das nicht überall auf Begeisterung stoßen und auf den Willen, auf einen besser bezahlten Job zu wechseln. Holden: „Wer empathisch mit Menschen umgehen und sie coachen will, braucht Unterstützung. Wenn das der Fall ist, kann es durchaus attraktiv sein, Führungsaufgaben zu übernehmen.“
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Auf die Bedürfnisse junger Menschen einzugehen, sei für Unternehmen „ein Riesenhebel“, um sich attraktiv auf dem Arbeitsmarkt aufzustellen. „Wer Menschen in Strukturen zwingt, die sie nicht wollen, wer Menschen ständig überfordert und ihnen Aufgaben auferlegt, die nicht ihrem Kompetenzbereich entsprechen, bekommt dafür einen hohen Krankenstand und eine hohe Fluktuation. Jemand, der sich wahrgenommen und in seinem Job wohlfühlt, bringt auch bessere Leistungen als jemand, der nachts im Bett liegt und nicht weiß, wie er am nächsten Tag seinen Job schaffen soll.“
Mit eigenen Karrierezielen im Reinen sein
Wer etwa eine junge Ingenieurin direkt beim Bewerbungsgespräch frage: Wo willst du bei uns hin? Was sind deine Ziele? Und sich ernsthaft frage, wie das zu realisieren sei, schlage gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Die Ingenieurin werde von Beginn an wertgeschätzt und das Unternehmen weiß, was es von ihr verlangen und wie es die Fachkraft halten kann.
Bevor sich Ingenieurinnen und Ingenieure mit den Zuständigen im Unternehmen unterhalten, sollten sie sich selbst erst einmal über ihre Karriereziele im Klaren sein, so Eva Holdens Rat: Geht es mir ums Geld? Möchte ich viel Zeit für Freunde und Familie haben? Kann ich auch auf Reisen mobil arbeiten? Dann könne man das Gespräch suchen und Lösungen im „beidseitigen Einvernehmen“ suchen.