TELEFONAKTION 11. Apr 2014 Peter Schwarz Lesezeit: ca. 6 Minuten

Elternzeit gehört in den Lebenslauf

Unsere Karriere-Expertinnen Ruth Vijande Rodríguez und Rebecca Jakobs freuten sich Anfang April über zahlreiche Anrufe. Hier eine Auswahl spannender Fragen und Antworten.

Expertinnen am Karrieretelefon der VDI nachrichten: Die Personalberaterin Ruth Vijande Rodríguez (li.) und Rebecca Jakobs, Personalleiterin von Helbako.
Foto: Zillmann

Das Problem: Ein Absolvent der Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen muss sich zwischen zwei Jobangeboten entscheiden. Das erste ist von einer größeren Firma und hat eher den Charakter einer Fachlaufbahn. Das andere Angebot lockt mit mehr Verantwortung in einer kleineren Firma. Was tun?

Der Rat: Es gibt ein paar Tipps, wie man systematisch mit der Situation umgehen kann: Erstellen Sie eine Liste mit Prioritäten, die für Sie beim künftigen Job wichtig sind und bewerten Sie diese mit Punkten. Matchen Sie dann Ihre persönliche Prioritätenliste mit dem jeweiligen Jobangebot und bewerten, welche Ihrer Kriterien erfüllt werden; Pros und Kontras hinzufügen. Der Job mit der höchsten Punktzahl und den meisten Pros gewinnt. Aber: Vergessen Sie die emotionale Seite nicht. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie eine Absage für das jeweilige Jobangebot bekommen sollten? Meistens hat man schon instinktiv eine Entscheidung getroffen.

Das Problem: Ein junger Ingenieur befindet sich aktuell in Elternzeit. Er stellt sich folgende Fragen: Wird die Elternzeit in meinem Arbeitszeugnis dokumentiert? Soll ich diese Zeit in meinen Lebenslauf erwähnen?

Der Rat: Hierzu hat z. B. das Landesarbeitsgericht Köln entschieden, dass bei einer rund sechsjährigen Beschäftigungsdauer insgesamt die Elternzeit von einem Jahr Dauer im Arbeitszeugnis erwähnt werden darf.

Bei fortschrittlichen Arbeitgebern sollte die Elternzeit im Lebenslauf erwähnt und positiv präsentiert werden. Bei Unternehmen, von denen wir wissen, dass sie konventioneller sind, ist im Einzelfall abzuwägen und fundiert zu begründen. Wichtig ist jedoch, Mut zu entwickeln. Familiengerechte Arbeitsplätze sollten die Regel sein. Damit sich unsere Gesellschaft ändert, brauchen wir Vorbilder – seien sie eines!

Das Problem: Eine spanische Bauingenieurin (15 Jahre Führungserfahrung) sucht nach einem Job in Deutschland. Weil ihr deutsches Sprachniveau mit „B2“ (gutes Mittelmaß) bewertet wurde, bewirbt sie sich eher auf Juniorstellen. Sie sieht kaum Chancen, eine Leitungsposition zu finden.

Bis jetzt bekommt sie aber nur Absagen, meist mit der Begründung, dass sie überqualifiziert sei.

Der Rat: Eine Arbeitnehmerin mit 15 Jahren Führungserfahrung ist kein „Junior“ mehr. Daher wird ein potenzieller Arbeitgeber Ihre Bewerbung auf die Juniorstelle als nicht plausibel empfinden. Mögen Sie noch so gut argumentieren, der Arbeitgeber wird sich fragen, ob außer den Deutschkenntnissen noch etwas anderes dahintersteckt.

Denken Sie an Ihre Stärken und Ressourcen statt sich zu unterschätzen. Es gibt viele international tätige Firmen, die Aktivitäten in Spanien und/oder Südamerika haben, was die spanische Sprache sehr wertvoll macht. Oder Sie finden ein Unternehmen mit multikulturellen Teams, in dem Sie mit Englisch überbrücken und parallel Ihre Deutschkenntnisse verbessern können.

Das Problem: Ein Doktorand mit dem Schwerpunkt Fahrzeug- und Motorentechnik sucht einen Berufseinstieg im süddeutschen Raum, vorzugsweise bei einem OEM (Original Equipment Manufacturer), da er hier bereits Praktika absolviert hat. Von OEMs erhält er nur Absagen, ist aber bei Dienstleistern in Bewerbungsgesprächen. Wie soll er weiter vorgehen?

Der Rat: Rufen Sie nach einer Absage den genannten Ansprechpartner direkt an und fragen Sie nach den Gründen. Liegt es an den Bewerbungsunterlagen oder an den fachlichen Kenntnissen? Im Optimalfall hat der Ansprechpartner direkte Verbesserungsvorschläge für Sie.

Fragen Sie offen nach einer Datenbank, wo Ihr Lebenslauf gespeichert wird und das Unternehmen auf Sie zukommen kann, falls eine passende Stelle frei wird. Nutzen Sie ihr Netzwerk! Sie waren bereits bei OEMs eingesetzt. Rufen Sie Ihre früheren Kontakte an und fragen Sie direkt nach. Doch auch ein Einsatz über einen Dienstleister kann ein guter Einstieg sein. Wichtig ist es, zum richtigen Zeitpunkt den „Absprung“ zu schaffen und Ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Das Problem: Ein 38-jähriger Projektmanager hat nach neun Jahren Betriebszugehörigkeit im Baugewerbe eine betriebsbedingte Kündigung erhalten. Ein Teilbereich des Konzerns wird geschlossen. Der Manager hat sich stets weiterentwickelt, ein gutes Netzwerk und gutes Auftreten. Die Kündigung kam sehr überraschend. Was soll er jetzt tun?

Der Rat: Ruhe bewahren. Bei einer langen Betriebszugehörigkeit und einer überraschenden Kündigung ist es wichtig einen kühlen Kopf zu bewahren. Lassen Sie zunächst die betriebsbedingte Kündigung prüfen. Hier kann Ihnen der Betriebsrat oder ein Anwalt für Arbeitsrecht weiterhelfen. Stellen Sie sich selbst die Frage, ob Sie für den Chef und das Unternehmen, gegebenenfalls an einer anderen Stelle, noch tätig sein wollen. Fordern Sie ein Zwischenzeugnis an und bewerben Sie sich mit diesem. Durch Ihre lange Kündigungsfrist brauchen Sie sich bei der Jobsuche nicht unter Druck zu setzen. Ziehen Sie einen Radius, in dem Sie geografisch einen neuen Job suchen. Setzen Sie sich selbst eine Deadline, bis wann Sie einen neuen Job antreten möchten. Bei Erstellung Ihrer Unterlagen können Karriereberatungen oder Personalberatungen helfen.

Das Problem: Ein spanischer Biochemiker sucht einen Job in der Pharma- oder Chemieindustrie in Deutschland, gerne in einer Labortätigkeit. Hat er überhaupt Chancen einen Job zu finden?

Der Rat: Eine Möglichkeit, die in Spanien nicht so üblich ist wie in Deutschland, ist eine Doktorarbeit bei einer Firma zu schreiben. Für die Karriereentwicklung in beiden Branchen bestimmt keine schlechte Option. Ausländische Fachkräfte setzen sich zwangläufig parallel mit der deutschen Sprache intensiv auseinander und erarbeiten sich so eine gute Basis für das Berufsleben in Deutschland.

Das Problem: Eine spanische Studentin der Chemieingenieurwissenschaften schreibt gerade ihre Diplomarbeit in Deutschland und würde gerne danach bleiben, um in Deutschland zu arbeiten. Sie möchte wissen, wie sie den Bewerbungsprozess startet.

Der Rat: Zunächst mit den Basics anfangen: Erstens, definieren Sie Branchen und Rollen für sich. Erstellen Sie eine Zielfirmenliste und entscheiden Sie, wo Sie sich gerne bewerben möchten!

Zweitens, die Dokumentation vorbereiten:

– einen Lebenslauf auf Deutsch und in deutschem Format erstellen – bitte kein Europass.

– Anschreiben vorbereiten, die danach auf die jeweilige Vakanz und Firma angepasst werden sollten.

– Zeugnisse zusammenstellen: Akademische Ausbildung – an der spanischen Uni nach S.E.T fragen (Englische Übersetzung); Praktikumszeugnisse, wichtige Zertifikate (wenn möglich auf Deutsch oder mindestens ins Englische übersetzt).

Drittens, mit der Job Suche gemäß Ihren Ziele anfangen:

– Jobbörsen (VDI, Monster, Arbeitsamt, etc.)

– Webseiten von Firmen aus Wunschbranchen (gerne Initiativbewerbungen).

– Karrieremessen besuchen.

– Kontakt zu Personaldienstleistern und ggf. Personalberatern aufnehmen.

Last but not least: Entwickeln Sie Ehrgeiz, die deutsche Sprache kontinuierlich zu perfektionieren. Das ist ein nicht endender Lernprozess.

Das Problem: Eine 38-jährige Maschinenbauingenieurin ist für ein Jahr befristet als Elternzeitvertretung in der Dokumentation beschäftigt. Der kleine Betrieb ist im vergangenen Jahr um 20% gewachsen. Auch die Tätigkeiten in der Dokumentation werden mehr und zusätzliche Projektaufgaben werden übernommen. Die Stelle hat sie im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung angenommen und ist nun sehr zufrieden mit der Tätigkeit. Der Vertrag läuft allerdings am Ende des Monats aus, die Dame in Elternzeit ist allerdings noch ein Jahr weg und ihr Vorgesetzter ist im Urlaub. Soll sie den Geschäftsführer direkt ansprechen? Kann sie ansprechen, dass es ihr Ziel ist in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu wechseln?

Der Rat: Ja, unbedingt, denn Sie müssen ja wissen, wie es weiter geht. Wenn Sie den Geschäftsführer direkt ansprechen geschieht das auch im Interesse des Unternehmens. Fragen Sie nach einem Termin bei dem Geschäftsführer und schreiben Sie ihm direkt, worum es geht, damit er sich auf das Gespräch vorbereiten kann.

In dem Gespräch können Sie ihm aufführen was Sie im vergangenen Jahr geleistet haben und dass Sie das Wachstum des Unternehmens mit einem Mehraufwand in der Dokumentation sehen. Vermitteln Sie ihm Ihre Freude und Ihr Engagement für den Job und fragen Sie offen nach einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Sollte Ihnen trotzdem nur ein weiterer Jahresvertrag angeboten werden, nehmen Sie diesen an, denn wenn das Unternehmen weiterhin wie zuletzt wächst, werden die Argumente für eine neugeschaffene Position in der Dokumentation natürlich größer.

Das Problem: Ein Elektrotechnikingenieur mit dem Schwerpunkt Prozessautomation wurde nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit in einer Ingenieurgesellschaft gekündigt. Die Erstellung eines Zwischenzeugnisses hat mehrere Monate gedauert und wurde vom Chef selbst bearbeitet. Eine Personalabteilung gibt es nicht. In dem Zeugnis ist die Aussage „Er hat sich bemüht..“ vermerkt, der Rest klingt aber gut. Ist das ein schlechtes Zeugnis? Wie soll er sich jetzt bewerben? Er hat eine Bekannte aus dem HR, kann er sich hier weiterhelfen lassen?

Der Rat: Die Aussage „Er hat sich bemüht…“ in einem Zeugnis ist tatsächlich nicht gut. Es scheint als ob Ihr Chef nicht die Zeit und ggf. nicht die Erfahrung im Verfassen von Arbeitszeugnissen hat. Vermutlich war dieser Satz keine böse Absicht, da der Rest des Zeugnisses sehr gut klingt. Nun fehlt Ihnen ein Arbeitszeugnis. Kopieren Sie doch das Zwischenzeugnis und formen Sie selbst daraus Ihr Arbeitszeugnis, wie Sie es für gut befinden. Dann lassen Sie dieses von einem Profi, bzw. Ihrer Bekannten aus dem HR-Bereich prüfen. Anschließend schicken Sie Ihrem Chef das Zeugnis so, dass er es nur noch auf seinem Geschäftspapier ausdrucken und unterzeichnen muss. Das ist eine erhebliche Arbeitserleichterung für Ihren Chef und schließlich soll er Ihnen ein wohlwollendes Zeugnis ausstellen, mit dem Sie sich bewerben können.

Das Problem: Ein Maschinenbauingenieur bewirbt sich als Berufseinsteiger im Bereich Fahrzeug-, Medizin- und Flugzeugtechnik deutschlandweit und hat 49 000 € als Gehaltsvorstellung angegeben. Ist das zu viel?

Der Rat: Die Einstiegsgehälter variieren nach Branche und Region. In der Ausgabe Ingenieurkarriere spezial 01/2014 finden Sie eine gute Übersicht der Ingenieurgehälter in Deutschland. Meiner Erfahrung nach, bewerben sich Berufseinsteiger aktuell je nach Qualifikation mit einem Zielgehalt zwischen 43.000 € und 46.000 €. ps

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