Deutsche Unternehmen weisen strategische Lücke auf
Ohne Maßnahmen zur Sicherung der Innovations- und Qualitätsexzellenz verlieren deutsche Unternehmen ihre bisherige Spitzenposition, sagen Frank Bünting (VDMA) und Dietmar Vahs (CMI) in einem Meinungsbeitrag für die VDI nachrichten.
Im Rahmen einer Studie hat sich das Institut für Change Management und Innovation (CMI) in Zusammenarbeit mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit der Frage befasst, wie die Innovations- und Qualitätsfähigkeit von Unternehmen gezielt und wirksam weiterentwickelt werden kann. Die Autoren schreiben: „Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Innovations-Performance eine höhere Bedeutung für den Unternehmenserfolg hat als die Qualität. Das heißt nicht, dass die Unternehmen in ihren Qualitätsbemühungen nachlassen sollten. Allerdings wird die Qualitäts-Performance zunehmend zu einem Hygienefaktor. Rund 75 % der Unternehmen messen Innovationen und der Produkt- und Prozessqualität einen hohen Stellenwert bei, aber in über der Hälfte der Unternehmen haben die Führungskräfte kein einheitliches Verständnis davon, was sie unter „Innovation“ und „Qualität“ verstehen sollen. Daraus resultieren Missverständnisse, die eine klare und eindeutige Ausrichtung auf diese beiden Toperfolgsfaktoren und in der Folge ein bereichsübergreifendes, zielgerichtetes Handeln erschweren.“
Neue Fehlerkultur erforderlich
Zudem, so die Autoren, hätten viele Führungskräfte Schwierigkeiten im Aufgabenverständnis und in der Mitarbeiterführung unter Innovations- und Qualitätsgesichtspunkten. Eng verbunden damit sei auch der Umgang mit Fehlern. Hier müsse sich ein Wandel vollziehen, denn ein Fehler aus Innovationssicht sei nicht identisch mit einem Fehler aus Qualitätssicht. Umso erstaunlicher finden es die Autoren, dass „gerade im Innovationsbereich Fehler negativ behaftet sind und nicht als Lernchancen verstanden werden“. Der Anspruch eines fehlerfreien Endprodukts bedeute jedoch nicht, dass auf dem Weg dorthin keine Fehler passieren dürfen. Dazu gehöre auch, dass mehr Mitarbeiter im Innovationsbereich zur Umsetzung eigener Ideen ermutigt werden sollten. Interessant sei darüber hinaus, dass der Fach- und Methodenkompetenz der Führungskräfte ein deutlich höherer Stellenwert zugeordnet werde als ihrer Sozialkompetenz. So erstaune es nicht, dass die Vereinbarkeit der Innovations- und der Qualitätskultur von noch nicht einmal 20 % der Befragten bejaht werde. Die Autoren fragen sich angesichts dieser Feststellung: „Nur: Wie sollen Innovation und Qualität zum Erhalt einer Spitzenposition beitragen, wenn die Führungskräfte beider Bereiche mit Blick auf die übergeordneten Unternehmensziele nicht am gleichen Strang in die gleiche Richtung ziehen?“
Was Unternehmen tun können
Die Autoren gehen der Frage nach, was Unternehmen in Zukunft besser machen können. „Zunächst einmal brauchen die Führungskräfte ein einheitliches Verständnis von Innovation und Qualität als Grundlage für ein koordiniertes und zielgerichtetes Handeln. Darauf aufbauend, kann dann ein gemeinsames IQ-Bewusstsein mit entsprechend positiven Wirkungen entwickelt werden. Was die Umsetzung der Innovations- und Qualitätsstrategien anbelangt, sollten den Plänen auch Taten folgen. Schließlich führen insbesondere unterschiedliche Bereichskulturen zu Barrieren zwischen der Innovations- und der Qualitätsfunktion, die eine Zusammenarbeit unnötig erschweren.“ In jedem Fall müssten die Innovations- und die Qualitätsfunktion zielgerichtet zusammenarbeiten. Zu beachten sei aber, dass Unterschiede durchaus fruchtbar sein könnten, wenn daraus konstruktive Konflikte entstehen und im Sinne der Unternehmensziele gestaltet und genutzt würden. „Vielleicht ging es vielen deutschen Unternehmen in den letzten Jahren zu gut. Diese Zeiten scheinen jetzt vorbei zu sein. Das ist einerseits zu bedauern, eröffnet andererseits aber neue Perspektiven. Es bleibt zu hoffen, dass der bevorstehende wirtschaftliche Abschwung von unseren Unternehmen als Chance genutzt wird, um ihre Innovations- und Qualitätsfähigkeit weiter auszubauen und die Position im globalen Wettbewerb nachhaltig zu stärken“, sagen die Autoren.