Die „verlorene“ Form ist ein Fall für 3-D-Druck
Komplexe Bauteile im Feingussverfahren in kleinen Stückzahlen herstellen – das lief bislang nur mit beträchtlichem Zeit- und Kostenaufwand. Doch es geht auch anders, wie die Schmolz + Bickenbach Guss zeigt: In Ennepetal favorisiert man bei der Herstellung verlorener Modelle jetzt den 3-D-Druck.
Auch die Herstellung komplexer Bauteile, darunter Laufräder, Getriebegehäuse in Losgröße 1 oder in Kleinserien muss schnell und wirtschaftlich voran gehen. Das Feingussverfahren in der klassischen Variante zeigt hier allerdings „klassische“ Schwächen. Thomas Peipp, Leiter Feinguss des Schmolz + Bickenbach Guss GmbH Standortes Ennepetal: „Das Problem liegt in der aufwendigen Herstellung der erforderlichen Wachsmodelle. Dafür sind teure Spritzgießwerkzeuge und Wachspressen erforderlich. Die Werkzeugkosten schlagen gerade bei Kleinstserien heftig zu Buche und führen in der Folge zu einem sehr hohen Stückpreis.“
Jetzt setzen die Gießerei-Experten auf die 3-D-Drucktechnologie. „Auf modernen 3-D-Druckern des Friedberger Anbieters Voxeljet lassen sich Kunststoffmodelle schnell, präzise und kostengünstig herstellen“, so Peipp. Die Modelle aus Polymethylmethacrylat (PMMA) könnten Wachsmodelle 100 %ig ersetzen. Die Herstellung der Kunststoffmodelle im 3-D-Druck sei denkbar einfach, präzise und schnell, Werkzeuge dafür nicht erforderlich: „Der Digitaldruck basiert auf den CAD-Daten des Bauteils. Der 3-D-Drucker übernimmt den Aufbau des Modells anhand der angepassten Druckdaten im Schichtbauverfahren.“
So gelingt die Herstellung eines Kunststoffmodells für ein Francis-Laufrad mit einem Durchmesser von 500 mm in weniger als 24 Stunden. Als Material kommt PMMA zum Einsatz, das bereits bei 73 oC zu erweichen beginnt und bei Temperaturen jenseits der 700 oC rückstandsfrei verbrennt. Damit eignen sich die Bauteile gut als Ausschmelzmodelle für den Feinguss.
Bei Schmolz + Bickenbach verfügen die Gießereifachleute bereits seit einigen Jahren über Erfahrungen mit dem 3-D-Druck von Kunststoffmodellen: „Wir haben die Modelle früher im Dienstleistungszentrum des Druckerspezialisten Voxeljet fertigen lassen. Die Vorteile der 3-D-Drucktechnologie und ein steigendes Auftragsvolumen haben uns 2013 zur Investition in einen eigenen Drucker veranlasst.“
Die Modelle entstehen im Schichtbauverfahren: Dabei wird das Kunststoffpulver in dünner Schicht auf eine Bauplattform ausgetragen und anschließend selektiv mit einem Lösungsmittel bedruckt. Das Lösungsmittel führt zu einer lokal begrenzten Verklebung der Partikel untereinander. Durch Auftrag und Bedrucken weiterer Schichten entsteht das gewünschte Objekt. Die unbedruckten Pulvermengen stützen dabei die bedruckte Struktur, sodass selbst komplizierte Freiformflächen mit Hinterschneidungen ohne Stützstruktur herzustellen sind. Nach dem Drucken wird das Modell vom Restpartikelmaterial befreit und mit Wachs infiltriert. Die weitere Handhabung ist identisch zur klassischen Gießereitechnik.