3D-Druck-Urgestein Stefan Ritt: „Es lassen sich Metalle kombinieren, die kaum zu verschweißen wären“
3D-Druck-Urgestein Stefan Ritt erklärt im Podcast „Druckwelle“, wie die additive Fertigung erwachsen wurde – und wohin ihr Weg führt.
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Stefan Ritt hat so viele Einblicke in die Geschichte der additiven Fertigung wie kaum ein Zweiter. Er hat sowohl bei weltweit agierenden Unternehmen gearbeitet (etwa SLM Solutions) als auch in kleinen Firmen (z. B. 3YourMind). Der Norddeutsche ist Dozent an der Technischen Hochschule Lübeck, berät 3D-Druck-Start-ups und hat selbst gegründet. Er kennt Chuck Hull (Erfinder der Stereolithografie, SLA) und Scott Crump (Erfinder des Schmelzschichtverfahrens, FFF) persönlich. Er war schon im Geschäft, als 3D-Drucker noch via Diskette mit Druckdaten gefüttert wurden.
Multimaterialdruck ermöglicht Verbindungen, die kaum zu schweißen wären
In der aktuellen Folge der „Druckwelle“, dem Podcast zur additiven Fertigung von ingenieur.de und VDI nachrichten, erinnert er daran, dass große Marktteilnehmer wie DMG Mori Additive, Renishaw Additive und SLM Solutions ihre Wurzeln allesamt in einer Kooperation der westfälischen F&S Stereolithographietechnik GmbH (Fockele & Schwarze) mit der britischen Mining und Chemical Products Ltd. (MCP) haben.
Aktuell ist der Ingenieur begeistert von der Kombination aus topologischer Optimierung und bionischer Reduzierung: „Man hat es geschafft, nur die Kraftflusslinien zu drucken und Bauteile so von unnötigem Ballast zu befreien.“ Beeindruckt ist er außerdem vom Multimaterialdruck: „Es lassen sich inzwischen Metalle kombinieren, die einzeln kaum zu verschweißen wären.“ In der Raumfahrt würden beispielsweise häufig Kupfer und Stahl bzw. Kupfer und Inconel verbunden.
Die Verteidigungsindustrie ist Treiber der additiven Fertigung
Als großen Treiber der additiven Fertigung sieht Ritt aktuell neben der Raumfahrt vor allem die Verteidigungsindustrie. „In diesem Bereich ist in vielen Ländern seit Jahren kaum investiert worden. Nun müssen 30 Jahre alte Fahrzeuge, für die es kaum noch Ersatzteile gibt, schnell ertüchtigt werden.“
Auf die Frage, wann der 3D-Druck in der Massenfertigung eingesetzt wird, erklärt Ritt: „Er ist längst in der Klein- und Mittelserie angekommen.“ Als Beispiel verweist er auf den Medizintechnikhersteller Stryker. „Das Unternehmen hat in Irland eine Fabrik aufgebaut, in der über 100 Metalldrucker rund um die Uhr Implantate drucken.“
Additive Fertigung stößt an physikalische Grenzen
Das Wachstum in der Industrie wird nach Einschätzung des Experten aber nicht endlos sein. „Wir nähern uns gerade physikalischen Grenzen. Wer die Laserleistung weiter steigern will, verdampft irgendwann das Material, ohne es vorher verflüssigt zu haben.“ Auch ließe sich die Anzahl der Strahlquellen pro Drucker nicht ohne Weiteres steigern. „Dann werden die Anlagen schlicht viel zu teuer.“
Privatleute werden verstärkt auf 3D-Druck mittels Binder Jetting setzen
Ganz anders schätzt Ritt die Situation im Privatkundenbereich ein. „Die Nutzung von 3D-Druckern wird schon bald so normal sein wie die Nutzung anderer Werkzeuge, etwa eines Hammers.“ Dabei werde sich das BinderJetting-Verfahren einer wachsenden Beliebtheit erfreuen. „Sowohl die Maschinen als auch die benötigten Öfen werden immer erschwinglicher.“
Überraschend sind die Einschätzungen des Lübeckers zu den großen aktuellen Themen „Fachkräftemangel“, „Nachhaltigkeit“ und „KI im Produktionsumfeld“. Interessiert? Dann einfach mal reinhören:
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