Agile Robots bestätigt Übernahme von Franka Emika
Die Übernahme des Roboterherstellers Franka Emika durch Agile Robots schlägt hohe Wellen. Inwiefern Know-how nach China abfließen wird, ist ungewiss. Deutlich wird aber, wie unterschiedlich sich die beiden Start-ups entwickelt haben.
Seit Wochen wurde darüber diskutiert, wer den insolventen Münchner Roboterhersteller Franka Emika übernehmen könnte. Jetzt bestätigt die ebenfalls in München gegründete Agile Robots AG die Zustimmung durch den Gläubigerausschuss. Laut Handelsblatt liegt der Kaufpreis bei mehr als 30 Mio. €. Zhaopeng Chen, CEO und Gründer von Agile Robots spricht allerdings lieber von einem Zusammenschluss als von einer Übernahme. Er sagt: „Der Zusammenschluss von Agile Robots und Franka Emika ist ein starkes Signal für den Robotik- und KI-Standort Deutschland. Mit der Übernahme wurde eine industrielle Lösung gefunden, die uns die einmalige Chance bietet, ein bayrisches Technologieunternehmen mit einer echten globalen Perspektive zu schaffen.“
Beide Unternehmen hatten in der Vergangenheit bereits auf unterschiedliche Weise für Aufsehen gesorgt. So hatte 2017 das Team um den heutigen Robotik-Professor der Technischen Universität München Sami Haddadin mit seinem feinfühligen und intuitiv zu bedienenden Roboter Franka Emika den Zukunftspreis des Bundespräsidenten erhalten. Das brachte dem Unternehmen viel Aufmerksamkeit, zumal ein Jahr vorher mit der Kuka AG der größte deutsche Roboterbauer mehrheitlich an den chinesischen Midea-Konzern verkauft wurde.
Erfolgreicher beim Werben um Investorengelder war allerdings die 2018 gegründete Agile Robots AG. Mitte 2021 erreichte das Unternehmen Einhorn-Status. Das heißt, es wurde von Investoren erstmals mit über 1 Mrd. $ bewertet. Das lag auch daran, dass das Unternehmen von Anfang an nicht so stark auf europäische Investoren ausgerichtet war, sondern neben Softbank, Chimera, Hillhouse, Linear Capital, Sequoia und Temasek auch Industriestrategen wie Foxconn aus Taiwan gewinnen konnte. Das und die Tatsache, dass das Unternehmen neben dem 2022 in Kaufbeuren eröffneten Produktionsstandort auch in Peking und Shenzhen (China) fertigt, führen nun dazu, dass Kritiker erneut den Ausverkauf deutscher Technologie befürchten.
Mehr darüber erfahren Sie im Interview mit den Agile-Robots-Gründern
Gemeinsamkeiten zwischen Franka Emika und Agile Robots
Tatsache ist, dass beide Unternehmen ihre Wurzeln im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben. Sami Haddadin, sein Bruder Simon Haddadin sowie Sven Parusel haben vor der Gründung der Franka Emika GmbH jahrelang am Institut für Robotik und Mechatronik des DLR geforscht. Das gilt auch für die Gründer von Agile Robots Zhaopeng Chen und Peter Meusel, die zuvor gemeinsam am DLR Robotertechnologien entwickelten. Auch bei den Konzepten ähneln sich die beiden Hersteller. Statt auf große Roboter für hohe Nutzlasten zu setzen, konzentrieren sich beide Unternehmen auf Leichtbauroboter, also kleinere Modelle für Montageaufgaben und ähnliches. Typische Nutzlasten sind bei Franka Emika 3 kg, bei Agile Robots 5 kg bzw. 7 kg.
Blick auf Franka Emikas Investoren und Kaufinteressenten lohnt sich
Zum zweiten Mal ist der Investor Voith von der Robotik-Übernahme betroffen. Bereits bei Kuka war Voith mit im Boot. Durch den Verkauf seiner Anteile an Midea bekam der Großaktionär 2017 nach Informationen des Handelsblatts 1,2 Mrd. €. Kurze Zeit später, 2018, hatte der Großkonzern dann in Franka Emika investiert und mit Voith Robotics ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wurde im Oktober aber bekannt, dass das Gemeinschaftsprojekt inzwischen beendet und die Beteiligung an Franka Emika auf 5 % reduziert wurde.
Hintergrund zur bisherigen Strategie von Franka Emika
Interesse am Kauf des Roboterbauers hatten auch Neura Robotics aus Metzingen sowie die Beteiligungsgesellschaft Schoeller. Spannend ist das deshalb, weil auch hier Netzwerke deutlich werden. Bei Neura Robotics ist seit 2022 der ehemalige Kuka-Vorstandsvorsitzende mit im Boot. Und die Schoeller-Brüder hatten laut einem Spiegel-Bericht vor wenigen Tagen noch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einem Verkauf an Agile Robots gewarnt. Sie begründeten das mit einem Abzug deutschen Know-hows nach China. Gleichzeitig war zu lesen, das Schoeller über den ebenfalls in der Robotik aktiven Anlagenbauer TQ Group an Franka Emika beteiligt ist.
Wie geht es für die Beschäftigten von Franka Emika weiter?
Von Agile Robots heißt es nun, dass das Unternehmen den Betrieb von Franka Emika mit seinen rund 100 Mitarbeitenden im Zuge der Übernahme fortführen möchte. Darüber hinaus wolle man weiter in das Wachstum des Unternehmens in Bayern investieren. Dazu soll das Produktportfolio ausgeweitet, der globale Vertrieb gestärkt, und die Aktivitäten in Forschung und Entwicklung weitergeführt werden.
Rory Sexton, Vice President Operations von Agile Robots, erklärte dazu: „Mit dem Zusammenschluss beschleunigen wir die Umsetzung unserer internationalen Wachstumsstrategie. Die Kombination hoher KI- und Softwarekompetenz mit führender Robotertechnologie stärkt unsere Innovationskraft und die Fähigkeit, bedarfsgerechte und marktreife Produkte auf den Markt zu bringen. Das ist gut für den Standort, für die Mitarbeitenden, und für die Kunden beider Unternehmen.“
Agile Robots ist seit Oktober Mehrheitseigner bei der BMW-Tochter Idealworks
Fast zur Nebensache wurde bei der Diskussion um die Übernahme von Franka Emika, der mehrheitliche Einstieg von Agile Robots bei Idealworks vor wenigen Tagen. Die Tochtergesellschaft der BMW Group hat in den vergangenen Jahren eine eigene intelligente Automatisierungsplattform, einen eigenen autonomen mobilen Roboter sowie ein eigenes Betriebssystem für die mobile Robotik entwickelt. Dazu ist der Automobilkonzern Kooperationen mit führenden Technologieunternehmen wie der Nvidia Corporation, der Microsoft Corporation und Adlink Technology eingegangen, die Agile Robots nun weiterführen möchte.
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Hier geht es also längst um mehr als nur um Roboterarme für unterschiedliche Einsatzbereiche. Michael Nikolaides, Bereichsleiter Produktionsnetzwerk und Logistik bei der BMW Group, sagte dazu Mitte Oktober: „Gemeinsam mit der Agile Robots AG wird Idealworks sein Robotik-Ökosystem weiter ausbauen, um neue und innovative Lösungen im Bereich der industriellen Automatisierung voranzutreiben – und zwar sowohl im Software- als auch im Hardwarebereich.“