Bedeuten diese Bausteine für die Automatisierung das Ende des Schaltschranks?
Verstärkt drängen Unternehmen mit Komponenten zur schaltschranklosen Automatisierung in den Markt. Das hat viele Vorteile, ist aber nicht überall umsetzbar. Zudem entwickelt sich auch der Schaltschrankbau weiter.
Die Idee klingt bestechend: Funktionsmodule werden einfach wie Bausteine zusammengesteckt und übernehmen als Einheit die gewünschten Automatisierungsaufgaben. Gibt es Änderungsbedarf, müssen nur einzelne Module umgesteckt werden, schon läuft die Technik wieder. In der Informationstechnik spricht man deshalb auch von Building Blocks, mit denen Softwaremodule aus einer Cloud in einer agilen Produktentwicklung flexibel kombiniert werden. In der Fabrik braucht es dazu aber noch die entsprechende Hardware. Denn üblicherweise werden die elektrischen Verbindungen und die notwendigen Elektronikkomponenten verkabelt und in Schaltschränke eingebaut, um sie vor Schmutz, Feuchtigkeit und auch unbefugtem Zugriff zu schützen. Auf der Messe SPS in Nürnberg ist das vom 8. bis 11. November ein Thema.
Hersteller sehen großes Potenzial für die schaltschranklose Automatisierung
Wie schaltschrankfreie Automatisierungstechnik aussehen kann, zeigt seit einigen Jahren bereits der Sensorspezialist ifm electronic aus Essen mit seinen Mastermodulen für Sensoren und Aktoren, die mit dem Kommunikationsstandard IO-Link arbeiten. Die Module können bereits einfach in der Produktionsumgebung – fachsprachlich „im Feld“ – montiert werden. Inzwischen hat auch der Automatisierungsspezialist Beckhoff einen modularen Ansatz vorgestellt, der Konzepte für komplette Maschinen vorsieht.
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Beide Unternehmen sind vom Marktpotenzial überzeugt. „Die Firma ifm bietet seit einigen Jahren sehr erfolgreich feldmontierbare IO-Link-Master-Module an. Diese Mastermodule werden weltweit in großen Stückzahlen verkauft“, sagt Christoph Stratmann, Leiter im Produktmanagement Auswertesysteme und Netzteile bei den Essenern. „Deshalb gehen wir davon aus, dass sich ein großer Teil unserer Kunden bereits für die schaltschranklose Technologie entschieden hat“, stellt er fest. Die Vorteile liegen für Stratmann auf der Hand: Montagefehler und Montageaufwand werden durch standardisierte Steckverbinder mit M12-Verschraubung reduziert und die Anlagen werden weiter modularisiert. Die im Vorfeld der Messe SPS vorgestellten Netzteile in der Schutzart IP67 (Schutz gegen Staub und zeitweiliges Untertauchen in Wasser) seien der nächste logische Schritt, um diese Komponenten direkt an der Maschine mit Energie zu versorgen und Leitungsverluste zu reduzieren.
Noch weiter geht der Ansatz von Beckhoff. Das Familienunternehmen aus Verl hat dafür Basisplatten und verschiedene Aufsteckmodule entwickelt. Dazu gehören Industrie-PC unterschiedlicher Leistungsklassen, Ein- und Ausgänge (I/O) für Standardsignale aus der Automatisierungswelt, Koppler zu industriellen Kommunikationsnetzen, Netzteile und vorkonfektionierte Antriebsmodule. Noch ist das MX-System nicht im Kundeneinsatz. Dazu sagt Daniel Siegenbrink, der zuständige Produktmanager bei Beckhoff: „Die Komponenten durchlaufen zurzeit notwendige externe Prüfungen. Vorausgesetzt, diese sind erfolgreich, beginnen wir Anfang 2023 damit, unseren Kunden MX-Systeme zur Verfügung zu stellen.“ Es würden jedoch bereits konkrete Gespräche über den zukünftigen Einsatz des Systems mit Kunden aus allen Branchen geführt, in denen Beckhoff aktiv sei.
„Viele unserer Kunden haben schon 3D-Modelle von MX-Systemkonfigurationen in ihre Maschinenkonstruktion eingebracht“, hebt Siegenbrink hervor. Das Unternehmen Beckhoff hat dabei auch den Fachkräftemangel im Blick. Denn für die Konfiguration an der Maschine werde kein Elektriker mehr benötigt, auch die Dokumentation falle deutlich schlanker aus als bei der Umsetzung mit einem Schaltschrank.
Wo sind die Grenzen der schaltschranklosen Automatisierung?
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