China treibt den weltweiten Roboterabsatz voran
Lange galt ein hoher Automatisierungsgrad als Mittel der Industriestaaten, um gegenüber der Produktion in Asien wettbewerbsfähig zu bleiben. Laut aktuellen Zahlen wird der Absatz von Industrierobotern inzwischen aber vor allem von China angetrieben. In Europa liegt Deutschland vorne, wie der neueste Bericht der Vereinigung internationaler Roboterhersteller IFR zeigt.
Nie zuvor waren weltweit mehr Industrieroboter im Einsatz als aktuell. Zu dem Ergebnis kommt der World Robotics Report, den die International Federation of Robotics gestern vorstellte. Insgesamt rund 3 Mio. weltweit eingesetzte Roboter erfasst der aktuelle Report der in Frankfurt am Main beheimateten Organisation. Das sind 10 % mehr als im Vorjahr – und damit ein neuer Rekordwert. Trotz der weltweiten Pandemie wurden demnach 2020 insgesamt 384 000 Einheiten ausgeliefert. Das entspricht einem leichten Plus von 0,5 % gegenüber dem Vorjahr.
China sorgt für positive Bilanz
Dass die weltweite Bilanz insgesamt positiv verlief, ist laut IFR vor allem auf die starke Nachfrage aus China zurückzuführen. Der Absatz in China, dem größten Anwenderland in Asien, stieg mit 168 400 ausgelieferten Robotern um 20 %. Nie zuvor habe ein einzelnes Land ein solches Wachstum gezeigt, heißt es dazu in dem aktuellen Bericht der Organisation. Der operative Bestand, also die Zahl der momentan eingesetzten Roboter, erreichte demnach 943 223 Einheiten. Deshalb wird erwartet, dass die 1-Mio.-Marke noch in diesem Jahr geknackt wird. Die hohe Wachstumsrate dokumentiert die rasant voranschreitende Robotisierung in China.
Generell ist Asien weltweit längst der größte Absatzmarkt für Industrieroboter. 71 % aller neu installierten Einheiten wurden im Jahr 2020 in Asien verkauft. Vor der Pandemie, im Jahr 2019, hatte der Anteil noch bei 67 % gelegen. Zweitstärkster Absatzmarkt in der Region ist Japan. Dort gingen die Verkaufszahlen 2020 jedoch gegenüber dem Vorjahr um 23 % zurück auf diesmal 38 653 neu installierte Einheiten. Nach einem Rekordwert von 55 240 Einheiten im Jahr 2018 ist das der zweite Rückgang in Folge. Laut IFR war insbesondere die Nachfrage aus der Elektronikindustrie und der Automobilindustrie in Japan im Gegensatz zu China schwach. Japans operativer Bestand lag im Jahr 2020 bei 374 000 Einheiten. Positiver sah es dagegen in der Republik Korea aus, wo die Zahl der Neuinstallationen um 7 % auf 30 560 Einheiten stieg. Damit stieg dort auch der operative Bestand um 6 % auf 342 983 Einheiten.
Absatzrückgang in den USA
Als weltweit drittgrößter Markt verzeichneten die in den Vereinigten Staaten im Jahr 2020 einen Rückgang der Neuinstallationen um 8 %. Wie in Japan war das für die USA der zweite Rückgang in Folge, nachdem die Nachfrage zuvor acht Jahre lang gewachsen war. Als Hauptgrund wird auch hier die Situation in der wichtigen Abnehmerbranche Automobilindustrie angeführt. Diese hatte im Jahr 2020 mit 10 494 Einheiten (-19 %) deutlich weniger Roboter nachgefragt. Demgegenüber stiegen die Installationen in der Elektro-/Elektronikindustrie um 7 % auf 3710 Einheiten. Mit einem Anteil von 79 % an den Gesamtinstallationen bleiben die USA aber der größte Nutzer von Industrierobotern auf dem amerikanischen Kontinent. Es folgen Mexiko mit 9 % und Kanada mit 7 %.
Deutschland in Europa an der Spitze
Innerhalb der Europäischen Union ist Deutschland nach IFR-Angaben mit rund 230 000 im Einsatz befindlichen Industrierobotern die am stärksten automatisierte Volkswirtschaft. Die Zahl der neu installierten Roboter erreichte im Jahr 2020 rund 22 300 Einheiten. Trotz des Krisenjahres 2020 ist das in der IFR-Statistik der dritthöchste, jemals erreichte Wert. „Angetrieben durch ein starkes Auslandsgeschäft erholt sich die deutsche Robotikindustrie“, sagte Milton Guerry, Präsident der International Federation of Robotics. „Der Heimatmarkt dürfte langsam wachsen, hauptsächlich gestützt durch die Nachfrage nach kostengünstigen Robotern in der Industrie, aber auch außerhalb der Fertigung.“
Im Europäischen Vergleich kommt Deutschland beim Roboterbestand auf einen Anteil von 33 %. Damit sind in der deutschen Wirtschaft rund dreimal so viele Industrieroboter im Einsatz wie in Italien (78 200 Einheiten), rund fünfmal so viele wie in Frankreich (44 800) und rund zehnmal so viele wie in Großbritannien (23 000).
Weltweit gute Perspektiven
Für 2021 erwartet Guerry insgesamt einen positiven Trend: „Der Robotikmarkt wird sich weltweit stark erholen: Wie rechnen 2021 mit einem Wachstum von rund 13 % auf 435 000 Einheiten – das Rekordniveau von 2018 wäre damit übertroffen.“ Für Nordamerika prognostiziert die IFR einen Anstieg um 17 % auf fast 43 000 Einheiten. „Die Installationen in Europa werden voraussichtlich um 8 % auf fast 73 000 Einheiten steigen. In Asien dürfte die 300 000-Einheiten-Marke überschritten und das Vorjahresergebnis um 15 % übertroffen werden. Für fast alle südostasiatischen Märkte werden bis 2021 zweistellige Wachstumsraten erwartet“, sagte er.
Der „Boom nach der Krise“ dürfte nach Einschätzung der IFR 2022 weltweit leicht abklingen. Von 2021 bis 2024 werde mit durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten im mittleren einstelligen Bereich gerechnet. Eine Aufholjagd werde 2022 oder 2023 stattfinden – geringfügige Rückgänge könnten dabei jedoch als statistischer Effekt auftreten. „Sollten Sondereffekte eintreten, werden sie den allgemeinen Wachstumstrend nicht brechen. Die historische Marke von 500 000 weltweit installierten Robotereinheiten pro Jahr wird voraussichtlich im Jahr 2024 erreicht werden“, heißt es dazu in einer aktuellen Pressemeldung der Roboterorganisation.