Industrie zeigt ihr Innovationspotenzial
Wie sich insbesondere die Automatisierungstechnik in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat, zeigte vor wenigen Tagen die Hannover Messe. Dabei konkurrierte die Messe diesmal mit mehreren anderen Veranstaltungen.
Eine deutlich andere Hannover Messe als noch vor der Pandemie erlebten die rund 75 000 Menschen, die vom 30. Mai bis 2. Juni die internationale Industrieschau in Hannover besuchten. Das lag nicht nur an Bundeskanzler Olaf Scholz, der die Messe nach einer langen Merkel-Ära eröffnen durfte. Bei Wetterkapriolen wie im April kam beim 75. Jubiläum der Veranstaltung zwar keine Feierlaune auf, doch dafür war eine deutliche Erleichterung zu spüren, dass 2500 Aussteller wieder für regen Betrieb auf dem Messegelände sorgten.
Da wurde es angesichts der Reisebeschränkungen in China und des Ukraine-Kriegs auch zur Nebensache, dass die Messe damit weit hinter ihrem Bestwert aus 2017 mit über 6500 Ausstellern sowie über 225 000 Besucherinnen und Besuchern zurückblieb. Allerdings gab es durch die Verschiebung der Hannover Messe von Ende April auf Ende Mai/Anfang Juni auch mehrere Terminkonflikte – so zum Beispiel mit der Logistikmesse Logimat in Stuttgart und der Umwelttechnikmesse IFAT in München.
Technische Neuheiten zum Anfassen
Wer den Weg nach Hannover trotz Einschränkungen bei der Anreise auf sich genommen hatte, durfte sich auf persönliche Gespräche und spannende Ausstellungsstücke freuen. Zu den Highlights gehörten Roboter wie der pneumatische Leichtbauroboter von Festo, der mit Druckluft bewegt wird und damit bauartbedingt nachgiebig reagiert. Durch die pneumatisch betriebenen Gelenke, die über zwei Druckkammern bewegt werden, ist der Roboter deutlich einfacher aufgebaut, als andere für die Kollaboration und Koexistenz mit dem Menschen ausgelegte Cobots mit Elektromotoren. Damit wird er zum Verkaufsstart 2023 laut Hersteller günstiger sein als andere Cobots für Nutzlasten bis zu 3 kg. Allerdings ist er damit bauartbedingt auch in der Größe eingeschränkt. Denn je länger die Druckluftleitungen werden, umso nachgiebiger reagiert der Roboter. Deshalb konzentriert sich Festo damit vor allem auf die Handhabung von Kleinteilen.
Bei Festo, wie auch dem Münchner Hersteller Franka Emika und anderen Roboteranbietern, konnten sich die Interessierten auf der Messe über die neuesten Bedienkonzepte informieren. Beide Unternehmen setzen auf Apps und Funktionsmodule, die eine klassische Programmierung überflüssig machen. Gleichzeitig erleichtert Künstliche Intelligenz (KI) das Anlernen der Roboter für spezifische Aufgaben. Am Messestand von Franka Emika wurde beispielsweise gezeigt, wie der Roboter in einer Montagesituation reagiert, wenn eine Baugruppe nicht exakt positioniert wurde. Dann tastet sich das System an den vorgesehenen Steckplatz heran – ähnlich wie ein Mensch einen Schlüssel in ein Schlüsselloch steckt.
Cobot-Antrieb gewinnt Hermes Award 2022
Antriebshersteller sehen ebenfalls einen zunehmenden Markt in der Robotik. Gleich mehrere Konzepte, mit denen insbesondere Leichtbauroboter und Cobots noch effizienter und sicherer gestaltet werden, wurden in Hannover ausgestellt. Ein Beispiel dafür ist der diesjährige Hermes-Award-Gewinner, die Sumitomo Cyclo Drive Germany mit ihrem modularen Antriebskonzept Tuaka – bestehend aus Getriebe, Motor sowie kompakter Steuerungselektronik mit Sicherheitsfunktionen.
Dazu heißt es von der Jury um Fraunhofer-Präsident Raimund Neugebauer: „Das modulare Konzept und die Baukastensysteme ermöglichen eine anwendungsspezifische Konfiguration der nötigen Hardware.“ Aufgrund der Sensorik und des Thermomanagements sei das Produkt für hochpräzise sensitive Anwendungen in der Servicerobotik sowie für die Interaktion mit dem Menschen geeignet. Auffallend ist dabei, dass ein wesentlicher Teil des Baukastens von einem Zulieferer stammt. Das Elektronikmodul für die feinfühlige Antriebssteuerung kommt von dem jungen deutschen Unternehmen Synapticon aus Schönaich, ebenfalls ein Aussteller auf der Messe.
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