Innovationspreis: ABB gewinnt mit individueller Fahrzeuglackierung per Roboter
Sehr viel effizienter und nachhaltiger wird die Fahrzeuglackierung laut der Jury des renommierten Innovationspreises „Award for Innovation and Entrepreneurship in Robotics & Automation“ (IERA). Doch wie funktioniert die Technik und wer kann davon profitieren?
Das Urteil der IERA-Jury zum Preisträger des diesjährigen Roboterinnovationspreises „Award for Innovation and Entrepreneurship in Robotics & Automation“ klingt verlockend: „Hersteller können flexibler auf spezielle Kundenwünsche reagieren“, heißt es in ihrem Statement. Denn mit dem Robotersystem Pixelpaint lassen sich zweifarbige und individuelle Designs in nur einem Durchgang aufgetragen. Es entsteht auch kein Lacknebel mehr. Bis das System auch in kleineren Lackierbetriebe zum Einsatz kommt, dürfte es zwar noch dauern, technisch ist das System aber schon heute ein Highlight.
Präzision schont Umwelt
Durch den präzise geführten Tintenstrahlkopf trägt die Pixelpaint-Lösung nach Unternehmensangaben 100 % der Farbe auf die Fahrzeugoberfläche auf und verbessert damit die Umweltbilanz des Lackierprozesses deutlich. Beim Einsatz eines herkömmlichen Sprühkopfs gingen dagegen bisher 20 % bis 30 % des Lacks durch den sogenannten Overspray verloren. Das ist ein Lacknebel, der über die Luft in der Kabine wieder abgesaugt wird und nicht auf der Fahrzeugoberfläche landet.
Außerdem erlaubt die Lösung von ABB eine neue Prozessführung und erhöht damit die Effizienz. Das gilt insbesondere für eine zweifarbige Lackierung mit individuellem Design. Diese war bisher extrem zeit- und arbeitsintensiv. Das Fahrzeug musste vor jedem Lackauftrag aufwendig abgeklebt werden und mindestens zweimal durch die Lackierstraße laufen. Das neue System kommt mit einem Durchlauf aus und beschleunigt die kundenspezifische Lackierung damit um gut 50 %. Ein positiver Nebeneffekt: Auch die Anschaffung und Entsorgung des Abklebematerials entfällt.
Automobilhersteller oder Lackierbetriebe?
Die Möglichkeit zur individuellen Lackierung lässt die Technik auch für lokale Lackierbetriebe interessant erscheinen, beispielsweise mit einer Onlinekonfiguration. Der Roboterhersteller will damit aber zunächst im umkämpften Automobilmarkt punkten und adressiert mit Pixelpaint vor allem die Automobilhersteller. Für kleinere Lackierereien und außerhalb der Serienproduktion ist der Programmieraufwand laut ABB noch zu hoch. Auch die Investitionskosten könnten ein Grund dafür sein. Diese wollte der Hersteller auf Anfrage der VDI nachrichten nicht näher beziffern.
An einer Verknüpfung mit einem Onlineshop arbeitet der Roboterspezialist bereits. Damit sollen Endkunden angesprochen werden, die ihr eigenes maßgeschneidertes Design online bestellen möchten. „Über Pixelpaint wird es dann möglich sein, die Grafikdatei des Kunden in das bestehende Bewegungsprogramm des entsprechenden Fahrzeugtyps einzufügen“, erklärte dazu ein Sprecher des Unternehmens. Daraus ließen sich anschließend spezielle Lackieranweisungen für den Roboter erstellen. In einem Zwischenschritt werde dazu die Qualität der vom Kunden erstellten Grafik überprüft, beispielsweise in Bezug auf die nötige Auflösung und Monochromatizität. Anschließend werde die Grafik nur noch über die Steuerung der Lackiererei dem jeweiligen Fahrzeug zugeordnet. Das geschehe auf die gleiche Weise wie die Zuordnung der richtigen Farbe zum Fahrzeug.
Weitere Finalisten beim Robotic-Award
Der IREA-Award wird von der International Federation of Robotics (IFR) vergeben. Im Rahmen der Preisverleihung im Juni hob IFR-Präsident Milton Guerry hervor, dass sich ABB in einem sehr starken Umfeld von Wettbewerbern durchgesetzt hat. „Alle vier Finalteilnehmer stehen für die Erfolgsgeschichte eines innovativen Produkts in der Robotik und Automation. Darin werden die heutigen Bedürfnisse der Hersteller mit einem hohen Maß an Benutzerfreundlichkeit vereint“, sagte Guerry.
Zu den weiteren Finalisten zählt in diesem Jahr das in Barcelona ansässige Unternehmen Infaimon mit seinem InPicker. Das ist ein universelles Handhabungssystem für Pick-and-Place-Aufgaben in industriellen Anwendungen. Ebenfalls mit dabei ist das Berliner Unternehmen Micropsi Industries mit seiner Mirai-Software. Die ist Teil eines KI-basierten Steuerungssystems, das Industrierobotern den Umgang mit Varianzen in der Produktion ermöglicht. Dritter im Bunde ist Mobile Industrial Robots (MiR) aus Odense in Dänemark mit seinem benutzerfreundlichen mobilen Roboter MiR250 für Materialflüsse in allen Branchen.