Wechsel in VDI-Fachgesellschaft 24. Feb 2022 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

KI ist für Michael Weyrich ein Wachstumstreiber

Porträt: Michael Weyrich ist seit Anfang 2022 neuer Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft Messtechnik und Automatisierungstechnik. Hier möchte er KI und Digitalisierung vorantreiben.

Automatisierungsexperte Michael Weyrich will Digitalisierung und KI in der Branche vorantreiben.
Foto: Universität Stuttgart

Die Begeisterung für Automatisierungstechnik ist dem neuen Vorsitzenden der VDI/VDE-Gesellschaft Messtechnik und Automatisierungstechnik (GMA) auch im privaten Umfeld anzumerken. Dort erfreut sich Michael Weyrich z. B. an den Assistenzsystemen von Neuwagen und hat seine Heizungsanlage mit Funktechnik automatisiert. Grenzen gibt es im privaten Anwendungsbereich für ihn eher aufgrund persönlicher Bedürfnisse. „Mein Elektriker hat mich noch nicht überzeugen können, auch meine Beleuchtung per Bussystem zu steuern“, berichtet er schmunzelnd. „Das ist für mich eine Abwägung zwischen einer just-enough-technology und Sachen, die ich einfach gut gebrauchen kann.“

Nachwuchs für die Industrie gewinnen

Hauptberuflich leitet Weyrich das Institut für Automatisierungstechnik und Softwaresysteme (IAS) an der Universität Stuttgart, wo er sich sowohl für die Forschung und die Wissensvermittlung als auch die Nachwuchsgewinnung engagiert. „Als Universitätsprofessor sehe ich es als eine meiner wichtigsten Aufgaben, Talente für unsere Arbeitswelt in Deutschland zu sichern. Und jeder der sich mit Demographie auskennt, weiß, dass wir uns dazu stark internationalisieren müssen“, hebt er hervor. Er sagt: „Menschen mit Zuwanderungsinteresse können Sie in Deutschland nur halten, wenn Sie ihnen ein attraktives Umfeld bieten.“

Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Nationalitäten hat der Hochschulprofessor als Manager bei der damaligen DaimlerChrysler AG gesammelt. Im deutsch-amerikanischen Konzern war er als Leiter des Fachgebiets „CAx/IT-Prozesskette – Produktion“ in den Pkw-Werken unterwegs und vier Jahre in Indien stationiert, wo er ein Offshore-IT- und Engineering-Dienstleistungszentrum aufbaute. Zudem hatte er über die Lkw-Sparte Kontakte nach Japan. „Im internationalen Konzern habe ich kulturell anders geprägte Menschen kennengelernt und gelernt, mit anderen Denkwelten umzugehen. Das war eine sehr prägende Erfahrung“, sagt er heute.

Paradigmenwechsel in der Automatisierungstechnik

Als Vorsitzender der Gesellschaft Messtechnik und Automatisierungstechnik möchte er nun vor allem die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz in der Branche vorantreiben. „Das sind nicht nur Buzzwords, sondern Hauptinnovationstreiber für die Automatisierungstechnik“, hebt Weyrich hervor. Das führe zu dem Paradigmenwechsel, sodass dabei die Software und nicht mehr die Mechanik eine führende Funktion habe.

Er verweist auf die Automobilindustrie, wo bereits Entwicklungsprozesse darauf ausgerichtet seien, neue Softwarefunktionen „Over-the-Air“ (per Funk) auf Fahrzeuge zu übertragen, die längst beim Kunden sind. „Auf diese Weise läuft die Produktion auch nach dem Verlassen der Fabrik quasi weiter“, so der GMA-Vorsitzende. Damit gehe eine Transformation der Wertschöpfung und ganzer Geschäftsmodelle einher, weil das Produkt auch noch während seines Gebrauchs verändert werden könne. Im Automobilbereich sei man hier schon wesentlich weiter als im Maschinenbau. Prinzipiell sei das Konzept aber auf viele Automatisierungsprozesse übertragbar.

Michael Weyrich

In den vergangenen Jahren sei im Rahmen von Industrie 4.0 schon einiges erreicht worden, aber insgesamt ist der Weg für ihn noch weit, bis alle Komponenten nach dem Prinzip von plug&play automatisch interagieren können. „Im Bereich der Heizungstechnik bekommt man das mit autoadaptiven Funktionen heute schon gut hin. In großen Anlagenkonglomeraten und Fabriken geht das aber wegen der großen und speziellen Software-Entwicklung bisher nur mit einem hohen finanziellen Aufwand“, räumt er ein. Nun gehe es um die Strukturen von Datenräumen und deren Informationsschnittstellen, die den Anwendern Nutzen bringen. Als Datenraum definiert er Strukturen aus Speichersystemen, über die Digitale Zwillinge von der physischen Welt bereitgestellt werden, wodurch eine „hybride Realität“ entstehe.

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Bezüglich der Relevanz für Unternehmen verweist er auf die Siemens AG. Als Abteilungsleiter war er nach seiner Zeit im Daimler-Konzern dort in der Industrieautomatisierung im Thema „Motion Control“ einst selbst für den Aufbau eines neuen Geschäfts auf der Basis von Software und Dienstleistungen verantwortlich und hat die Entwicklung bis heute verfolgt. Rückblickend sagt er: „Es funktioniert.“

Digitale und reale Begegnungen

Die Digitalisierung funktioniert für den neuen Vorsitzenden auch hinsichtlich der internen Abstimmungsprozesse in der VDE/VDI-GMA sehr gut: „Im Vorstand treffen wir uns jetzt sogar öfter und die Kommunikation läuft besser als vorher.“ Dennoch freut er sich darauf, dass es in diesem Jahr mit dem VDI-Kongress Automation 2022 in Baden-Baden wieder eine Präsenzveranstaltung geben soll. „Hier freue ich mich besonders auf den persönlichen Kontakt zur Basis und den Austausch mit den Fachleuten in den Kaffeepausen“, lässt er durchblicken.

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Für Hobbys bleibt dem Vater von zwei erwachsenen Kindern wenig Zeit. Als Hobby bezeichnet er deshalb auch sein Buchprojekt, in dem es um Automatisierungstechnik geht. „Daran schreibe ich schon lang‘.“ Ablenkung von seinem Beruf findet er dagegen, indem er sich im eigenen Haushalt gerne handwerklich betätigt.

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