Automation und Digitalisierung 29. Jan 2021 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 4 Minuten

Neue Initiativen wollen den Robotikeinsatz in Deutschland für kleine Firmen attraktiver machen

Kleine Firmen und Handwerksbetriebe könnte der Einsatz von Robotern künftig leichter fallen. Ein aktuelles Forschungsprojekt soll dazu beispielsweise in Form einer offenen Plattform für Serviceroboter weitergeführt werden. Zudem möchte ein neuer Verband die Sicherheitsbewertung der erstellten Lösungen in der Praxis vereinfachen. Davon könnten letztlich insbesondere Anwender und Start-ups profitieren.

Im Konsortialprojekt »SeRoNet« entwickeln die elf Partner die Plattform "robot.one". Mit dieser soll ein Ökosystem für die Entwicklung von Robotersystemen geschaffen werden.
Foto: Matthias Lutz / Toolify Robotics GmbH

Angesichts aufsehenerregender Roboterprojekte, wie tanzender Roboter des US-Unternehmens Boston Robotics, fragen sich viele Menschen, ob Deutschland hier ins Hintertreffen geraten könnte. Gleichzeitig gibt es derzeit hierzulande einige praxisnahe Initiativen, die Roboter für breitere Anwendungen in Industrie und Handwerk attraktiver machen wollen. Beispielsweise wurde zum Jahreswechsel der Deutsche Robotik Verband gegründet, der es sich zur Aufgabe macht, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) positive Einstiegserfahrungen zu vermitteln. Und: Aus dem Forschungsprojekt Servicerobotik-Netzwerk – kurz SeRoNet – soll eine Onlineplattform entstehen, die eine nahtlose Zusammenarbeit von Anwendern, Systemdienstleistern und Komponentenherstellern ermöglicht.

Plattform für Serviceroboter

Mit „robot.one“ entwickeln derzeit elf Partner aus Forschung und Industrie im Konsortialprojekt „SeRoNet“ derzeit ein Ökosystem für die Entwicklung von Roboterlösungen. Mit dem von SeRoNet-Mitarbeitern gegründeten Start-up Toolify Robotics konnte jetzt ein starker Partner für den langfristigen Betrieb der Plattform über das Projektende 2021 hinaus gewonnen werden. Die notwendigen technischen Grundlagen hatte das vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) geleitete Projekt bis Anfang 2020 gelegt. SeRoNet wird im Rahmen des Technologieprogramms PAiCE vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.

Die daraus entstandene Plattform will wiederverwendbare Komponenten für professionelle Servicerobotikanwendungen einfach zugänglich machen und so für Anwender anbieterübergreifend Transparenz schaffen. Aktuell bietet der digitale Marktplatz 30 Automatisierungskomponenten. Doch es sollen schnell mehr werden. Denn bis zum 15. Februar 2021 können sich noch weitere Unternehmen für eine geförderte Teilnahme an der Plattform bewerben. Durch die Zusammenarbeit von Anwendern, Systemdienstleistern und Komponentenherstellern soll damit letztlich der Aufwand für die Entwicklung von Roboterlösungen schließlich durch entsprechende Engineeringwerkzeuge sowie den offenen Marktplatz auf der Plattform robot.one deutlich reduziert werden.

Vorbild kommt aus Dänemark

Ganz neu ist die Idee nicht. Der dänische Hersteller Universal Robots hat mit UR+ bereits eine solche Plattform aufgebaut. Hier können sowohl passende Komponenten für die Leichtbauroboter des Unternehmens ausgewählt werden als auch ganze Entwicklungskits für spezifische Anwendungsfälle. Hier schließt sich auch der Kreis zum deutschen Start-up Toolify Robotics und der Plattform robot.one. Denn Toolify gehört mit seiner Low-Code-Entwicklungsplattform Xito zu den Entwicklungspartnern, die Lösungen auf UR+ anbieten. Durch die Low-Code-Programmierung können Roboteranwender auch ohne Wissen der klassischen Roboterprogrammierung eigene Lösungen entwickeln.

Ebenfalls vom dänischen Pionier für kollaborierende Leichtbauroboter – sogenannte Cobots – inspiriert ist der neu gegründete Deutsche Robotik Verband. Erster Vorsitzender ist hier der ehemalige Deutschlandchef von Universal Robotics Helmut Schmid. Der Verband sieht sich als Ergänzung zum etablierten Fachverband VDMA Robotik+Automation. „Wir wollen Mitglieder eher aus dem Bereich der klein- und mittelständischen Unternehmen ansprechen, die heute noch Berührungsängste beim Einsatz der Robotik haben“, erklärt Schmid. Er meint damit kleine Firmen sowie hoch spezialisierte Handwerksbetriebe. „Diese wünschen sich Partner auf Augenhöhe“, verdeutlicht er im Gespräch mit VDI nachrichten (Printausgabe Nr. 4/21).

Sicherheitsbewertung im Fokus

Der Deutsche Robotik Verband möchte sich dazu insbesondere der Sicherheitsbewertung von einfachen, mit den Menschen kollaborierenden Robotern widmen. Denn während die Installation und Konfiguration der Lösungen immer einfacher werde, sind nach Einschätzung des neuen Robotikverbands gerade kleinere Unternehmen anschließend mit der von der Berufsgenossenschaft verlangten Risikobewertung überfordert. Diese wolle die Vereinigung zusammen mit Partnern und Forschungseinrichtungen ebenso vereinfachen, wie die Konfiguration.

Nach dem Vorbild der dänischen Stadt Odense, die mit ihrem Robotercluster Keimzelle für Universal Robots und zahlreiche weitere Unternehmen ist, will sich der Deutsche Robotik Verband auch für die Bildung und Stärkung entsprechender Cluster in Deutschland einsetzen. An der TU München, dem KIT in Karlsruhe sowie der RWTH Aachen und der TU Dresden gebe es schon einige solcher Hotspots.

Weltweiter Robotereinsatz nimmt zu

Ein verstärktes Engagement in der für die deutsche Industrie so wichtige Automatisierung mit Robotern scheint dringend geboten. Denn auch in anderen Ländern wächst das Engagement und der Bedarf. Laut einer aktuellen Meldung der International Federation of Robotics hat die Roboterdichte im produzierenden Gewerbe weltweit mit durchschnittlich 113 Industrierobotern pro 10 000 Mitarbeitern einen neuen Rekord erreicht. Die Kennzahl hilft dabei, unterschiedlich große Nationen im weltweiten Automatisierungsrennen miteinander zu vergleichen.

Spitzenreiter ist laut IFR demnach mit einer Roboterdichte von 918 aktuell Singapur, gefolgt von Südkorea mit 868. Auf den weiteren Plätzen folgen Japan (364), Deutschland (346) und Schweden (274) sowie Dänemark. Die USA liegen trotz einer Steigerung im Jahr 2019 mit 238 installierten Einheiten pro 10 000 Mitarbeitern lediglich auf Rang neun. China erreicht in dem Vergleich aktuell weltweit nur Platz 15. Doch die Roboterdichte in China steigt laut IFR dynamisch an.

Vertrauen in der digitalen Welt

Die zunehmende Umsetzung von digitalen Plattformen wirft aber auch neue Fragen auf – in der Robotik ebenso wie bei Konzepten von Industrie 4.0 allgemein. Denn das wirft auch Vertrauensfragen auf. Industrieunternehmen haben heute einen recht überschaubaren Kreis von Geschäftspartnern. Einen Grund dafür sehen Rechtsinformatiker der Universität des Saarlandes vor allem darin, dass Geschäftsbeziehungen Vertrauenssache sind. Unternehmer müssten darauf vertrauen können, dass ihr Partner auch fristgerecht und in der geforderten Qualität liefert. Umgekehrt müsse der Lieferant darauf vertrauen können, sein Geld zu bekommen. Das gelte insbesondere im internationalen Geschäft unter Berücksichtigung relevanter Normen und Standards sowie sonstiger Zertifikate und Bonitätsauskünfte.

Mit „Vertrauensagenten für Industrie 4.0“ wollen die Experten aus Saarbrücken diesen Prozess künftig vereinfachen. Sie arbeiten dabei zusammen mit Forschenden der Ruhr-Universität Bochum und den Fraunhofer-Instituten für Materialfluss und Logistik (IML) sowie für Software und Systems Engineering (ISST). Details dazu hatten sie diese Woche auf der „Konferenz zur Gestaltung eines global sicheren Industrie 4.0-Ökosystems“ des Bundeswirtschaftsministerium und der Plattform Industrie 4.0 vorgestellt.

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