Messe Automatica 2022 30. Jun 2022 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 8 Minuten

Darum werden Roboter jetzt für kleine Unternehmen interessant

Weltweit wurden nie so viele Industrieroboter verkauft wie im vergangenen Jahr. Davon beflügelt, stellten viele Unternehmen vorige Woche ihre Innovationen auf der Branchenmesse Automatica in München vor.

Innovationscluster: Firmen aus Dänemark zeigten Produkte rund um Roboter von Universal Robots, wie die soften Greifer von OnRobot.
Foto: Messe München GmbH

Die Zahlen, die die International Federation of Robotics (IFR) vorige Woche in München vorstellte, sind ein deutliches Signal. „Die Absatzzahlen für Industrieroboter haben sich weltweit stark erholt und machen 2021 zum bisher erfolgreichsten Geschäftsjahr für die Robotikindustrie“, sagte Milton Guerry, Präsident der internationalen Robotervereinigung. Demnach wurde mit weltweit 486 800 installierten Einheiten der bisherige Rekordwert aus dem Jahr 2018 übertroffen. Im Vergleich zum Vorjahr wurde 2021 ein Plus von 27 % erzielt. Am stärksten wuchs die Nachfrage mit +33 % in der Region Asien/Australien. Mit +15 % wurde aber auch in Europa ein zweistelliges Wachstum erzielt.

Elektronikindustrie bestellt mehr Roboter als die Automobilbranche

Auffallend ist, dass die Elektronikindustrie die Automobilbranche seit 2020 als größter Abnehmer überflügelt hat. 2021 gingen 132 000 installierte Einheiten in die Elektronikbranche, während die Automobilindustrie 109 000 neue Einheiten verbuchte. Auch das liegt insbesondere am hohen Absatz in Asien.

Perzeption war ein Schlagwort auf der Messe Automatica 2022. Dabei geht es darum, Roboter durch Sensoren und ihre Antriebsregler feinfühlig wie Menschen zu machen. Durch Sehen und Tasten sollen die Maschinen intuitiv auf Situationen reagieren können, für die sie nicht direkt programmiert wurden. Das Bild zeigt eine Sensorapplikation von ISRA Vision.

Foto: Messe München GmbH

Staatsbesuch auf dem Messestand der AI Society: Markus Blume (v.l.n.r.), Bayrischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder informieren sich über den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Robotik.

Foto: Messe München GmbH

Über 28 000 Besucher und Besucherinnen aus rund 75 Ländern verzeichnete die Messe Automatica 2022. Kommendes Jahr soll sie parallel zur Messe Laser stattfinden.

Foto: Messe München GmbH

Auch Roboter des deutschen Start-ups mit Einhorn-Status, Agile Robots AG, waren auf der Automatica 2022 zu sehen. Foro: Messe München GmbH

Seine neueste Produktlinie der kompakten LiveDrive-Direktantriebsmotoren für Robotik und Automatisierung hat Genesis Robotics & Motion Technologies auf der Automatica 2022 vorgestellt. Die LiveDrive-LDX-Serie besteht aus den ersten rahmenlosen Motoren des Unternehmens. Sie werden also ohne Gehäuse, Getriebe oder Ähnliches angeboten.

Foto: Genesis Robotics & Motion Technologies

Seine LiveDrive-LDD-Direktantriebsmotoren zeigte der kanadische Hersteller Genesis Robotics & MotionTechnologies auf der Messe Automatica 2022 auch in Deltaroboter-Systemen.

Foto: Genesis Robotics & Motion Technologies

Wie stark die Robotik- und Automationsbranche in Deutschland vom Nachfrageboom profitiert, verdeutlichen die Daten, die der VDMA-Fachverband Robotik und Automation in München vorstellte. In den ersten vier Monaten 2022 stiegen die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahr um satte 38 %. Stärker als erwartet war bereits 2021 der Branchenumsatz um 13 % gegenüber 2020 gewachsen. Die bisherige Wachstumsprognose für das laufende Jahr senkte der VDMA jedoch auf nunmehr 6 %. Frank Konrad, Vorsitzender des Fachverbands Robotik + Automation, sagte dazu in München: „Die in den Büchern stehenden Aufträge werden die Anbieter nicht so schnell wie gewohnt abarbeiten können. Jetzt gilt es, Engpässe in den Lieferketten zu managen.“ Insbesondere der Mangel an Elektrotechnik- und Elektronikkomponenten verlängere die Lieferzeiten.

„Die in den Büchern stehenden Aufträge werden die Anbieter nicht so schnell wie gewohnt abarbeiten können“, sagte Frank Konrad, Vorsitzender des VDMA-Fachverbands Robotik und Automation sowie CEO von Hahn Automation. Foto: Martin Ciupek

Neue Roboter haben positive Auswirkungen auf die Arbeit der Zukunft

Einen positiven Einfluss auf die Arbeit der Zukunft haben die neuen Automatisierungslösungen laut einer Trendumfrage der Messe München im Vorfeld der Automatica. Gut 80 % der Befragten, die in deutschen Industrieunternehmen über Robotik und Automation entscheiden, gehen demnach von einem positiven Einfluss der technologischen Erneuerung auf die Arbeitsplätze aus. Insbesondere die Mensch-Roboter-Kollaboration und der Einsatz von Assistenzsystemen schaffen eine qualitativ hochwertigere Beschäftigung und bieten neue Chancen für die Aus- und Weiterbildung.

Dabei hilft auch eine neue Generation von Automatisierungstechnik, die ganz ohne Programmierung eingesetzt werden kann und intuitiv anwendbar ist. Fachleute sprechen hier von Low-Code- bzw. No-Code-Lösungen, bei denen Mitarbeitende beispielsweise durch Handführung und Funktionsmodule auf dem Bediengerät einen Roboter für einen Prozess anlernen können.

Lesetipp: Melonee Wise – Die Roboterexpertin, die klassische Industrieroboter langweilig findet

Hersteller erleichtern den Anwendern den Einsatz von Automatisierungstechnik zudem durch digitale Vernetzung. So interagieren beispielsweise Knickarmroboter mit fahrerlosen Transportsystemen und autonomen mobilen Robotern (AMR). Softwarelösungen schließen dabei bisherige Lücken und bilden in der Smart Factory durchgängige Systeme.

Neben einzelnen Robotern zeigte ABB auf der Automatica komplett vorkonfektionierte Zellen

Wie das Zusammenspiel verschiedener Automatisierungssysteme aussehen kann, zeigte beispielsweise ABB auf der Automatica. Unter der neuen Marke OmniVance stellte der Konzern zwei konkrete Lösungen dafür vor: eine komplett automatisierte Zelle für Schweißprozesse und eine „Machining Cell“, in der ein Roboter Teile von einem fahrerlosen Transportsystem übernimmt und nachfolgenden Arbeitsschritten zuführt.

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Damit geht ABB auch auf den zunehmenden Fachkräftemangel in der Industrie sowie auf globale Unsicherheiten und den Wunsch, flexibel auf neue Marktbedürfnisse reagieren zu können, ein. Marc Segura, Leiter der Robotics-Division von ABB, erklärte dazu. „Mit den Robotik- und Softwarelösungen von ABB reagieren wir auf diese globalen Trends: Wir bieten intelligente, flexible, mobile und benutzerfreundliche Technologien, die unsere Kunden auf die Zukunft vorbereiten.“

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