Software soll Risikobeurteilung von Robotern vereinfachen
Technisch können viele Roboter flexibel umgerüstet werden. Doch nach der EU-Maschinenrichtlinie ist dann jedes Mal eine Risikobeurteilung nötig. Eine Software könnte das künftig erleichtern.
Selbst wenn ein Roboter für die Zusammenarbeit mit Menschen als inhärent sicher gilt, ist die funktionale Sicherheit beim Einsatz immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Anwendung zu betrachten. Das ist wichtig, weil es beispielsweise einen großen Unterschied macht, ob ein scharfkantiges Blech oder eine Chipstüte vom Roboter gehandhabt werden soll. Die Risikobeurteilung ist nach der europäischen Maschinenrichtlinie bzw. der künftigen EU-Maschinenverordnung verpflichtend und Grundlage für das CE-Kennzeichen.
Der Bewertungsprozess erfordert aber Zeit und umfangreiches Expertenwissen. Das erhöht die Kosten für den Robotereinsatz. Gerade für kleinere und mittlere Unternehmen ist dies laut Experten des Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF „ein spürbares Hemmnis bei der Automatisierung ihrer betrieblichen Abläufe“. Deshalb entwickeln die Forschenden aus Magdeburg zusammen mit dem Unternehmen Voraus Robotik GmbH nun eine Software, die Anwender bei der Risikobewertung von Roboterapplikationen unterstützen soll.
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Die Software soll in die Roboterprogrammierung integriert werden und den Aufwand beim Beurteilen von Risiken minimieren. Die Entwicklung erfolgt im Rahmen des Forschungsprojekts „IRPro – Integration einer Risikobeurteilung in die Roboterprogrammierung“, das als Teil der DATIpilot-Förderrichtlinie des Bundesforschungsministeriums den Wissenstransfer von der Forschung in die Anwendung vorantreiben soll. Das Projekt ist am 1. September 2024 gestartet und hat eine Laufzeit von 18 Monaten.
In dem Forschungsprojekt „IRPro“ soll eine Softwareassistenz für die Risikobeurteilung einer Roboteranwendung entwickelt werden. Sie wird als Demonstrator umgesetzt und in einer Studie untersucht. Dabei wird das Softwaremodul direkt in die Benutzerschnittstelle der Robotersteuerung integriert.
Erste Schritte zur einfachen Risikobeurteilung von Robotern
Zunächst müssen dafür aber erst einmal die Grundlagen geschaffen werden. In einem ersten Teilprojekt sollen deshalb die Anforderungen an eine digitale Risikobeurteilung identifiziert werden. Vor allem die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer IFF bringen hier ihre Expertise ein. Sie entwickeln ein Konzept für den Ablauf sowie die Integration der Assistenzsoftware.
Robert Scharping, Projektleiter am Fraunhofer IFF, verdeutlicht: „Unser Ziel ist es, sowohl den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen als auch den Aufwand durch den Nutzer zu minimieren. Dazu modellieren wir Eigenschaften und Bedingungen von Gefahren.“ Er führt weiter aus: „Bestandteil der Software ist außerdem die Bewertung und Analyse von Risiken. Dazu setzen wir computergestützte Assistenzsysteme zur modellbasierten Kraft- und Leistungsbegrenzung und Berechnung von Sicherheitsbereichen ein.“ Mithilfe dieser Daten könne dann eine zustandskorrekte Dokumentation der Risikobeurteilung erstellt werden.
Eigenständiges Softwaremodul soll Risiken künftig digital beurteilen
Das Konzept soll dann in einem eigenständig und unabhängig einsetzbaren Softwaremodul umgesetzt werden. Projektpartner Voraus Robotik GmbH wird es sodann in einen Softwarestack integrieren. Der Softwarestack des Unternehmens aus Hannover ist die hardwareagnostische Softwareplattform für Automatisierungstechnik „voraus.core“.
Julian Öltjen, Research Director des Robotikunternehmens, sagt dazu: „Aufbauend auf dem hardwareunabhängigen Ansatz unserer voraus.core-Software wollen wir das Softwaremodul zur digitalen Risikobeurteilung herstellerunabhängig realisieren und nahtlos in die Roboterprogrammierumgebung integrieren.“ Hierfür entwickle sein Unternehmen entsprechende Schnittstellen, über die das am Fraunhofer IFF entwickelte Softwaremodul direkt auf das jeweils passende Robotersimulationsmodell als digitalen Zwilling der realen Applikation zugreifen könne. „Weiterhin wollen wir die Programmierumgebung um entsprechende Funktionen und Schnittstellen erweitern, damit der Nutzer bereits während der Programmierung des Roboters klare Hinweise auf mögliche Risiken erhält“, erklärt Öltjen.
Was passiert, wenn der Roboter umprogrammiert wird?
Ändert sich beispielsweise etwas im Produktionsprozess, muss die Anlage umprogrammiert werden. In dem Fall soll die Software automatisch ermitteln, ob und in welchem Umfang eine neue Risikobeurteilung vorgenommen werden muss. Dafür ist viel Fachwissen erforderlich. Die Projektpartner sind sich aber einig: „Den Fachexperten werden wir nicht ersetzen können, aber wir hoffen, den aufwendigen Prozess der Risikobeurteilung, der auf vielen Vorschriften und Normen beruht, zu beschleunigen und zu vereinfachen. Damit erleichtern wir insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen den Einstieg in die Robotik und Automatisierung.“ Im Projekt stehe eine einfache und intuitive Anwendung der Software im Vordergrund.