Batterieforschung 16. Feb 2022 Von Peter Kellerhoff/KIT Lesezeit: ca. 2 Minuten

Das erste vollautomatische Batterieforschungslabor am Start

Für die E-Mobilität und die Energiewende sind Batterien unerlässlich. Eine neue Anlage erledigt die Materialentwicklung dafür vollautomatisch und digital.

Helge Stein, Professor am Karlsruher Institut für Technologie, erläutert Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer einen Teil der neuen Batterie-Materialbeschleunigungsplattform.
Foto: Daniel Messling/KIT

Rund um die Uhr Batterien bauen, Tausende Grenzflächen analysieren, die Ergebnisse mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) autonom auswerten und dann gleich das nächste Experiment planen: Eine neue Anlage beim Exzellenzcluster Polis erledigt die Materialentwicklung vollautomatisch und digital. Das autonome Forschungslabor entstand in einer Kooperation des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), der Universität Ulm sowie des Helmholtz-Instituts Ulm (HIU) und ist in der vergangenen Woche in Betrieb gegangen. Beim Start mit dabei war Theresia Bauer, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg.

Auch an anderen Instituten wird an neuen Batterietechnologien geforscht

Für die Verkehrs- und Energiewende werden neuartige leistungsfähige und nachhaltige Batterien benötigt

Die Entwicklung neuer Batterien bzw. Batterietypen stellt laut den Projektverantwortlichen eine große Herausforderung dar, denn von der Idee bis zum fertigen Produkt dauert es mit gegenwärtigen Methoden Jahrzehnte. Mit einer nun fertiggestellten Hightechanlage bei Polis soll es zukünftig sehr viel schneller gehen. Entwickelt wurde das Leuchtturmprojekt im Exzellenzcluster Polis, in dem das KIT gemeinsam mit der Universität Ulm an den Batterien der Zukunft arbeitet. „Mit der Förderung dieser neuen Materialentwicklungsplattform ist eine weltweit einmalige Forschungsinfrastruktur entstanden. Wir erhoffen uns einen deutlichen Schub für die Forschung an Energiespeichern, die bei der Umstellung unseres Energiesystems und unserer Mobilität unerlässlich sind“, sagt Theresia Bauer. „Zugleich konnten wir mit der Förderung Helge Stein als einen kreativen und umtriebigen Kopf für unser Team in Ulm gewinnen.“

Weltweit erste voll integrierte Plattform zur beschleunigten Forschung über die elektrochemische Energiespeicherung

Helge Stein, Professor am KIT und Polis-Forschungsbereichssprecher, erklärte die Vorzüge der Anlage: „Wir sind nun in der Lage, Batterien und deren Einzelkomponenten automatisiert zu synthetisieren und zusammenzubauen, eine Messung anzustoßen und diese voll automatisiert auszuwerten.“ Basierend auf der Datenlage, könne die KI-gestützte Anlage sogar entscheiden, welches Experiment als Nächstes durchgeführt werden soll. Mit seiner Forschungsgruppe hat Stein die zugrunde liegende kombinatorische Materialsynthese, die Hochdurchsatz-Charakterisierung sowie die Data-Mining-Techniken unter Zuhilfenahme von Methoden der KI in der Versuchsauswertung und -planung entwickelt. Die Anlage mit dem Namen Places/R (Platform for Accelerated Electrochemical Energy Storage Research) stelle die weltweit erste voll integrierte Plattform zur beschleunigten Forschung über die elektrochemische Energiespeicherung dar.

Hightech-Entwicklungen sollen Deutschland technologisch unabhängig machen.

Rasant beschleunigte Batteriematerialentwicklung

Batterieforschung ist geprägt von der Suche nach der idealen Kombination aus Materialien, nach deren Zusammensetzung und Verfahrenstechniken. Alle möglichen Variationen mit allen Materialien zu testen, würde mit klassischen Methoden allerdings Jahrtausende in Anspruch nehmen. „Unsere Anlage kann mehrere Hundert solcher Variationen am Tag testen. Dies entspricht in etwa dem durchschnittlichen Lebenswerk eines Forschenden“, so Stein. Neben der Beschleunigung durch Automatisierung könne durch die Algorithmen und KI eine zusätzliche, um den Faktor zehn schnellere Optimierung erreicht werden und vielversprechende Batteriekonzepte damit noch schneller und kostengünstiger zur Marktreife gebracht werden.

Batterieforschung in europäischen Rahmen eingebettet

Eingebettet ist die neue Forschungsanlage in einen europäischen Rahmen: Die erfassten Daten aus allen Bereichen des Batterieentwicklungszyklus werden mit 34 Institutionen aus 15 Ländern im Projekt BIG-MAP der europäischen Forschungsinitiative Battery2030+ geteilt. „Das voll automatisierte Labor wird uns und unsere europäischen Partner nicht nur in die Lage versetzen, Komponenten für neue Batterien viel schneller entwickeln zu können“, sagt Maximilian Fichtner, geschäftsführender Direktor des HIU sowie Sprecher von Polis. Es werde auch sicherstellen, dass Batterien zu so niedrigen Kosten hergestellt werden können, dass es „in Zukunft noch attraktiver sein wird, Strom zum Beispiel aus Sonne und Wind in Batterien zu speichern“.

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