Mit deutschem Know-how 17. Mrz 2020 Von Regine Bönsch Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ladestraße für E-Mobile im Herzen Londons

Die Sutherland Avenue ist die erste vollständig umgerüstete Wohnstraße Großbritanniens, in der Elektrofahrzeuge an Straßenlaternen aufgeladen werden können. Hinter dem Projekt stecken Siemens, das Berliner Unternehmen Ubitricity und der Westminster City Council.


Foto: Siemens

Siemens hat in Großbritannien die erste Straße enthüllt, die vollständig für das Laden von Elektrofahrzeugen umgerüstet wurde. Der über eine halbe Meile (rund 800 m) lange Straßenzug wurde auf den Namen „Electric Avenue, W9“ getauft.

Dabei wurden 24 Straßenlaternen unter Nutzung der vorhandenen städtischen Infrastruktur in Ladestationen für Elektroautos umgerüstet. Anwohner können ihr Elektroauto jetzt an verschiedenen Standorten entlang der Sutherland Avenue in London laden; zwei benachbarte Straßen kommen in den nächsten Wochen hinzu.

London wird zum Vorbild für Metropolen

Das Projekt wird gemeinsam von Siemens, Ubitricity und dem Westminster City Council durchgeführt. Ubitricity ist spezialisiert auf die Umrüstung von Laternen. Doch nicht in seiner Heimat Berlin, sondern in London konnte das einst gefeierte Start-up seine Pläne unter Beweis stellen. Verstreut in der Metropole, sollen in der britischen Hauptstadt mittlerweile über 1000 Laternen umgerüstet sein. Jetzt folgt eine ganze Straße. London könnte so Vorbild für viele Metropolen Europas sein.

Laut Untersuchungen von Siemens plant mehr als ein Drittel aller britischen Autofahrer den Kauf eines Hybrid- oder Elektroautos als nächstes Fahrzeug. Zwei von fünf Befragten wären schon früher umgestiegen, wenn es ausreichend Lademöglichkeiten gäbe. Damit ist dies der wichtigste Faktor, der Autofahrer am Kauf eines Hybrid- oder Elektroautos hindert. Ähnliche Umfragen gibt es auch für Deutschland.

„Electric Avenue, W9“ zeigt, wie sich die Einstellung gegenüber Elektrofahrzeugen in der britischen Hauptstadt wandelt. Umfragen zufolge ist für 80 % aller Autofahrer die Verbesserung der Luftqualität in der Londoner Stadtmitte „sehr wichtig“. 83 % machen sich heute mehr Gedanken über ihren CO2-Fußabdruck als vor fünf Jahren. Im Stadtteil Westminster ist die Anzahl von Elektrofahrzeugen, die dort geladen werden, im Jahr 2019 um 40 % gestiegen.

Initiative von Bürgermeister Sadiq Khan

Westminster City Council hat heute mehr öffentliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge als jede andere Kommune in Großbritannien: insgesamt 296 in Ladestationen umgewandelte Straßenlaternen, davon 24 in der „Electric Avenue, W9“. Innerhalb des nächsten Jahres soll es in Westminster 1000 Ladepunkte geben, da in diesem zentralen Stadtbezirk doppelt so viele Elektrofahrzeuge wie in anderen innerstädtischen Bezirken registriert sind – und die meisten im Großraum London.

Siemens und Ubitricity haben bereits mehr als 1300 Installationen im Großraum London durchgeführt, die hauptsächlich durch das „Go Ultra Low Cities Scheme“ finanziert wurden. Damit unterstützen sie die Kampagne #LetLondonBreathe von Bürgermeister Sadiq Khan, durch die die Luftqualität in der Metropole verbessert werden soll.

Starke Luftverschmutzung mindern

„Wir alle wissen, dass die Luftverschmutzung in London zur Hälfte auf den Straßenverkehr zurückzuführen ist. Westminster ist ein besonders stark befahrener Bezirk“, erklärt Cedrik Neike, Mitglied des Vorstands der Siemens AG und CEO von Siemens Smart Infrastructure. Man könne die Problematik der Luftqualität zwar nicht über Nacht lösen, aber die „Electric Avenue, W9“ zeige, was mit der Nutzung vorhandener städtischer Infrastruktur erreicht werden könne. „Sie verdeutlicht, wie Wohnstraßen schon in naher Zukunft aussehen werden, und beschleunigt die Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge“, so Neike.

„In einer Stadt, in der die Luftverschmutzung höher ist als in den meisten anderen Orten Großbritanniens, müssen wir alles tun, um den Umstieg auf grüne Technologien zu fördern“, sagt Councillor Andrew Smith, der im Stadtrat von Westminster für Umwelt und Verkehrswege zuständig ist. Der Bezirk wolle seinen Bürgern die Infrastruktur bereitstellen, die für die Umstellung auf saubereren und grüneren Transport nötig sei. Durch Umrüstung der Sutherland Avenue unter Nutzung der vorhandenen Infrastruktur entsteht ein einfaches Netzwerk zum Laden der voraussichtlich 8000 Elektrofahrzeuge, die bis 2025 im Bezirk Westminster zugelassen sein sollen.

Günstige Laterneninfrastruktur

„Das Laden von Elektroautos per Straßenlaterne ist für Autobesitzer ohne eigene Einfahrt eine praktische, kostengünstige, regenerative und energiefreundliche Lösung“, davon ist Daniel Bentham, Managing Director bei Ubitricity UK überzeugt. „Unsere Technologie ist auf niedrige Installations- und Wartungskosten ausgelegt. Das bedeutet nachhaltig niedrige Kosten für Besitzer von Elektroautos und für Kommunen.“

Revolution des Individualverkehrs

Das Verbot von Autos mit Benzin- und Dieselmotor rücke näher. Mit Macht arbeiten die Stadtbezirke Londons daran, die Luftqualität zu verbessern, das weiß auch Bernard Magee, Sales Director Future Grid bei Siemens. Und er ist sichtlich stolz darauf, eine komplette Straße umgerüstet zu haben.

Shirley Rodrigues, stellvertretende Bürgermeisterin für das Ressort Umwelt und Energie in London, erwartet gar eine „Revolution des Individualverkehrs in London.“ Im vergangenen Jahr hätten mehr als 140 Organisationen die vom Bürgermeister ins Leben gerufene Taskforce für Elektrofahrzeug-Infrastruktur unterstützt, deren Auftrag die Ausarbeitung eines Plans zum Ausbau der öffentlichen Ladepunkte in London sei. Rodrigues: „Das ist genau die Innovation, die wir brauchen, um unser wachsendes Ladenetzwerk weiter voranzutreiben.“

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