Neue EU-Regeln für Cybersecurity bei Neuwagen lassen Modellpalette schrumpfen
Ab 7. Juli gelten in der EU neue Regeln für die Cybersecurity in Neuwagen. Da ein Aufrüsten zu teuer wäre, werden viele betagte Modelle aus dem Sortiment gestrichen.
Die neuen strengeren EU-Regeln zur Cybersicherheit in Fahrzeugen, die ab Juli in Kraft treten, führen dazu, dass mehrere Automodelle vom Markt genommen werden. Betroffen sind der VW-Kleinwagen Up, der Transporter T6.1 sowie die Porsche-Modelle Macan, Cayman und Boxster. Einige dieser Fahrzeuge werden ohne direkten Nachfolger auslaufen. Die meisten sind bereits nicht mehr bestellbar.
„Für den deutschen Markt sind bereits alle Up produziert und an den Handel ausgeliefert“, teilt eine VW-Sprecherin mit. In anderen EU-Ländern werden dagegen noch bis Mitte des Jahres die letzten Exemplare ausgeliefert. Dann endet auch dort die Auslieferung. Die Produktion des beliebten Kleinwagens war bereits im November eingestellt worden. Auch bei VW Nutzfahrzeuge in Hannover kann der T6.1 nicht mehr bestellt werden. Obwohl die Produktion noch läuft, sind alle Fahrzeuge, die bis Ende Juni gebaut werden können, bereits verkauft, wie eine Sprecherin berichtet. „Wir sind ratzekahl ausverkauft.“
Nur Wohnmobile haben Schonfrist
Um die am 7. Juli in Kraft tretenden neuen Cybersicherheitsregeln zu umgehen, müssen die Fahrzeuge bis zu diesem Datum nicht nur produziert und ausgeliefert, sondern auch zugelassen sein. Daraus ergibt sich nach Angaben aus Hannover ein extrem enges Zeitfenster ohne Spielraum für Verzögerungen. Eine Ausnahme bildet die Reisemobilversion T6.1 California, für die kurzfristig noch Bestellungen angenommen werden, da Reisemobile erst ab dem 1. September von der Regelung betroffen sind.
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Ältere Fahrzeugmodelle wie der seit 2011 produzierte Up und der auf dem T5 von 2003 basierende T6.1 sind wegen des hohen Aufwands für die Hersteller besonders betroffen. VW-Markenchef Thomas Schäfer erklärt, dass die komplette Integration einer neuen Elektronikarchitektur notwendig wäre, was aber finanziell nicht tragbar sei. Aus diesem Grund wird der beliebte Kleinwagen Up ohne direkten Nachfolger eingestellt, was Schäfer bedauert, da das Einstiegsmodell nach wie vor gefragt ist.
Aufrüsten wäre viel zu teuer
Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach weist auf den enormen Aufwand hin, der auf die Automobilhersteller zukommt: Die Kosten pro Fahrzeug könnten in die Millionen gehen. Ab Mitte 2022 müssen neu entwickelte Modelle strengere Sicherheitsvorschriften erfüllen. Für ältere Modelle galt eine zweijährige Übergangsfrist, die nun ausläuft. Die Hersteller müssen nun bereits in der Entwicklungsphase ihrer Fahrzeuge ein zertifiziertes Management gegen Hackerangriffe nachweisen – sowohl intern als auch bei ihren Zulieferern. Gerade bei älteren Modellen sei dies eine nachträgliche Herausforderung, die viele Hersteller gerne vermeiden würden, so Bratzel gegenüber der dpa.
Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN) stellt die Produktion des bisher meistverkauften Modells T6.1 schweren Herzens ein. „Wir hätten das Auto sicher noch zehn Jahre lang weiterverkaufen können“, erläutert Markenchef Carsten Intra. Doch die neuen EU-Sicherheitsvorschriften machen eine Fortsetzung unmöglich. Im Gegensatz zu anderen Modellen ist aber ein Nachfolger geplant, der allerdings nicht in Hannover, sondern in Kooperation mit Ford produziert wird. Der neue Transporter soll im September vorgestellt werden.
Verbrennermodelle Macan, Boxter und Cayman gehen nur noch in den Export
Porsche nimmt für die Verbrennungsmodelle Macan, Boxster und Cayman keine Neuaufträge mehr an. Diese Fahrzeuge werden zwar weiterhin in Leipzig und Osnabrück produziert, jedoch ausschließlich für den Export. Der Macan wird in Deutschland nur noch in der neuen, vollelektrischen Version angeboten, die kürzlich vorgestellt wurde. Nachdem sich die Markteinführung des Elektro-Macan aufgrund von Softwareproblemen um zwei Jahre verzögert hat, hat Porsche den Plan aufgegeben, Verbrenner- und Elektroversion parallel zu verkaufen. Ab 2025 will Porsche auch für Boxster und Cayman vollelektrische Nachfolger auf den Markt bringen.
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Auch Audi, Mercedes-Benz und Renault verändern ihre Modellpalette. Audi stellte die Produktion des Sportcoupés TT Ende 2023 ein und nimmt für den Sportwagen R8 keine Bestellungen mehr an. Mercedes-Benz stellt Ende März die Produktion des Smart EQ Fortwo ein, der bisher neben seinem Nachfolger, dem Smart #1, angeboten wurde. Renault stellt die Produktion des Elektroautos Zoe ein. Alle drei Hersteller betonen, dass diese Entscheidungen nicht auf die neuen Cybersicherheitsvorschriften zurückzuführen sind, sondern darauf, dass die Modelle das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben. Audi fügt hinzu, dass der letzte R8 Mitte Juni ausgeliefert wird, um eine Zulassung noch vor dem Stichtag im Juli zu ermöglichen, da das Modell keine Zukunft mehr habe. (dpa/hoc)