Studie zeigt auf: So kommt Europas Autoindustrie aus der Krise
Eine aktuelle Studie von Allianz Trade beschreibt Wege, wie die leidende Autoindustrie auf etwaige US-Zölle reagieren und wieder auf die Überholspur finden kann.

Foto: PantherMedia / Andriy Popov
Inhaltsverzeichnis
- Deutsche Autobauer im „Handelskonflikt besonders verwundbar“
- Beim „Game of Tariffs“ können heimische Autobauer kaum gewinnen
- Ausweg aus der Krise Nr. 1: Innovation
- Ausweg aus der Krise Nr. 2: Modellpalette verkleinern
- Ausweg aus der Krise Nr. 3: neue Absatzmärkte erschließen
- Ausweg aus der Krise Nr. 4: Schulterschluss mit der Politik
Hält die Talfahrt der europäischen und insbesondere der deutschen Automobilindustrie an? Die Meldungen in den ersten Wochen des neuen Jahres sehen nicht besser aus als die im Vorjahr: Absatzprobleme, Stellenabbau und Werksschließungen bei Herstellern und Zulieferern bestimmen die Schlagzeilen. Nun verschärft die Zollproblematik die Situation. Die Allianz Trade lotet Wege aus, den Abwärtstrend zu stoppen.
Deutsche Autobauer im „Handelskonflikt besonders verwundbar“
Die Einführung hoher US-amerikanischer Zölle würde die europäischen Hersteller und Zulieferer gleich doppelt treffen. Zum einen müssten die Verkaufspreise unmittelbar durch die Erhebung von US-Zöllen auf Importe aus Europa steigen, zum anderen mittelbar durch die Erhebung von Zöllen auf Importe aus Mexiko, da viele europäische Autobauer und Zulieferer von dort aus Teile beziehen oder den US-Markt bedienen. „Die drohenden Zölle an den unterschiedlichsten Fronten sorgen für schlaflose Nächte in der deutschen und europäischen Automobilbranche“, sagt Guillaume Dejean, Senior Branchenexperte bei Allianz Trade. „Die USA sind zusammen mit China der Absatzmarkt für europäische Hersteller, sie wären bei einem sich zuspitzenden Handelskonflikt besonders verwundbar. Europäische Autos wären im US-Markt dann noch teurer und gegenüber den heimischen Marken kaum noch wettbewerbsfähig. Das dürfte Auswirkungen auf die heimische Produktion und im schlimmsten Fall hiesige Arbeitsplätze haben.“
Beim „Game of Tariffs“ können heimische Autobauer kaum gewinnen
„Etwaige Gegenzölle der Europäischen Union (EU) würden US-Hersteller hingegen kaum treffen, da für sie der europäische Markt keine große Rolle spielt. Deshalb gibt es aktuell Überlegungen, Zölle auf US-Autos von derzeit 10 % auf einen Wert zu senken, der sich an die 2,5 % anlehnt, die die USA selbst verlangen. Das würde amerikanischen Herstellern einen besseren Marktzugang in Europa gewähren“, erklärt Guillaume Dejean.
Ausweg aus der Krise Nr. 1: Innovation
In der Krise ist das Geld knapp, und es fällt schwer, in Innovationen zu investieren. Dennoch ist dies unverzichtbar, um den Abwärtstrend zu stoppen. Guillaume Dejean formuliert es so: „Aber wenn nicht jetzt, wann dann. Wenn die Unternehmen jetzt nicht aktiv diese Weichen für die Zukunft stellen, dann werden sie noch weiter ins Hintertreffen geraten. Deshalb sollten sie mindestens 10 % ihrer Ausgaben in Technologie, Forschung, digitale Bordtechnik und Kundendienst stecken, um mit den Innovationen der chinesischen und amerikanischen E-Modelle mithalten zu können.“
Ausweg aus der Krise Nr. 2: Modellpalette verkleinern
„Eine Verschlankung der Modellpalette auf fünf bis sechs Modelle, die sowohl in Hybrid- als auch in Elektroversionen angeboten werden, könnte beispielsweise helfen, die Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern“, sagt Dejean. „Und durch eine stärkere vertikale Integration und die Entwicklung maßgeschneiderter Ladelösungen können Kosten gesenkt und die Abhängigkeit von externen Lieferanten reduziert werden.“
Ausweg aus der Krise Nr. 3: neue Absatzmärkte erschließen
Die Probleme auf dem chinesischen und dem US-amerikanischen Absatzmarkt machen einen großen Teil der Misere aus. Umso wichtiger ist es, diese Abhängigkeiten zu verringern und neue Absatzmärkte zu erschließen. Besonders attraktiv sind dabei Absatzmärkte mit niedrigem Motorisierungsgrad, in denen der internationale Wettbewerb noch nicht sehr ausgeprägt ist, beispielsweise Indien, Vietnam, Indonesien und Südamerika.
Ausweg aus der Krise Nr. 4: Schulterschluss mit der Politik
Guillaume Dejean von Allianz Trade nennt eine Reihe politischer Maßnahmen, die der heimischen Automobilindustrie aus der Krise helfen können, unter anderem:
- die Förderung von Batterieproduktion und -recycling in Europa, um die Abhängigkeit von China zu verringern
- eine (erneute) Einführung von Kaufanreizen für lokal produzierte Elektrofahrzeuge und Förderung der Elektrifizierung von Unternehmensflotten
- Investitionen in den Ausbau der (Schnell-)Ladeinfrastruktur – gerade in ländlichen Gebieten
- die Förderung grüner Innovationen, etwa bei der Unterstützung von Projekten im Bereich Batterien, autonomes Fahren und Recycling durch das EU-Horizon-Programm.
„Die deutsche Automobilindustrie steht vor einer Herkulesaufgabe“, sagt Dejean. „Aber mit den richtigen Strategien und politischen Maßnahmen kann sie gestärkt aus der Krise hervorgehen und eine führende Rolle in der globalen Mobilitätswende übernehmen.“