Cannabis am Steuer 16. Mai 2024 Von Peter Kellerhoff Lesezeit: ca. 3 Minuten

TÜV-Verband kritisiert geplante Anhebung der THC-Grenzwerte im Verkehr

Gestern wurde im Bundestag in einer ersten Lesung über das Konsumcannabisgesetz debattiert. Es geht dabei auch um eine Anhebung der THC-Grenzwerte. Kritik kommt vom TÜV-Verband.

Autofahren und Kiffen - wie beim Alkohol gilt: Nicht gerade eine Idealkombination. Doch jetzt werden rechtlich verbindliche Grenzwerte im Bundestag verhandelt.
Foto: PantherMedia / oasisamuel

Vor rund sechs Wochen wurde der Konsum von Cannabis für Erwachsene freigegeben. Nun wollen die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP das Konsumcannabisgesetz nachjustieren. Der Gesetzentwurf „zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes“ wurde im Deutschen Bundestag in erster Lesung beraten und dann an den Gesundheits- sowie den Verkehrsausschuss überwiesen.

Dazu gehören ein Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer bei Cannabiskonsum und Regeln für Fahranfänger. Im Zuge dessen müssen nach Inkrafttreten der Änderungen das gerade erst im April in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz, die Straßenverkehrsordnung, die Fahrerlaubnisverordnung und die Bußgeldkatalogverordnung überarbeitet werden.

THC-Grenzwert für Autofahrer

Ähnlich der 0,5-Promille-Marke beim Alkohol soll auch bei Cannabis ein Grenzwert für den Konsum bei Autofahrerinnen und Autofahrern eingeführt werden. Bisher reicht schon der bloße Nachweis des Wirkstoffes für Geldbußen oder Punkte in Flensburg, etabliert hatte sich in der Rechtsprechung ein niedriger Wert von 1 ng Tetrahydrocannabinol (THC – der berauschende Cannabiswirkstoff) je Milliliter Blut.

Künftig soll die Grenze bei 3,5 ng liegen. Wer dann noch Auto fährt, der riskiert laut der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Änderung des Bußgeldkatalogs in der Regel ein Bußgeld von 500 € und einen Monat Fahrverbot. Die Bußgelder können aber auch noch höher ausfallen. Der Entwurf nennt einen Rahmen bis 3000 €.

3,5 ng THC vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol

Ab dem Wert von 3,5 ng THC „ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein allgemeines Unfallrisiko beginnt“, heißt es.

Im Gesetzentwurf wird davon ausgegangen, dass die Verkehrsbeeinträchtigung bei 3,5 ng THC bei Gelegenheitskonsumenten ungefähr der entspricht, die jemand mit 0,2 Promille Alkohol im Blut hat. Kontrolliert werden soll – soweit verfügbar, wie es heißt – mit Speicheltests. Mit ihnen könnte die Polizei auch gleich den Kokainkonsum testen.

Mischkonsum von Alkohol und Cannabis tabu

Eingeführt werden soll außerdem ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten. Wer am Joint zieht und dazu ein Bier trinkt, sollte das Auto lieber stehen lassen. Wird die 3,5-ng-Grenze erreicht und zusätzlich Alkohol nachgewiesen, drohen laut Gesetzentwurf in der Regel ein Bußgeld von 1000 € und ein Monat Fahrverbot, der Bußgeldrahmen reicht sogar bis 5000 €. Dadurch solle der „besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol“ Rechnung getragen werden. Für Fahranfänger in der Probezeit und Führerscheinbesitzer unter 21 soll es wie schon beim Alkohol ein Cannabisverbot geben. Es droht neben dem Punkt in Flensburg in der Regel ein Bußgeld von 250 €.

Mahnende Worte vom TÜV-Verband

Fast zwei von drei der Befragten erwarten, dass sich die Legalisierung von Cannabis negativ auf die Sicherheit im Straßenverkehr auswirken wird (64 %). Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands, für die 2500 Personen ab 16 Jahren befragt wurden.

Die große Mehrheit der Bürger sei sich der Gefahr von Cannabis am Steuer bewusst, sagte Fani Zaneta, Referentin für Verkehrssicherheit beim TÜV-Verband. Der Cannabiskonsum führe unter anderem zu verlängerten Reaktionszeiten, verminderter Konzentrationsfähigkeit und einer eingeschränkten Wahrnehmung. Das Unfallrisiko potenziere sich, wenn die Fahrenden ungeübt sind oder zusätzlich andere Rauschmittel wie Alkohol konsumiert haben.

TÜV-Verband warnt vor Anhebung des Grenzwerts

Aktuelle Studien aus Nordamerika zeigen, dass die Unfallzahlen nach der Legalisierung von Cannabis ansteigen: Im US-Bundesstaat Washington State sei die Anzahl der THC beeinflussten tödlichen Verkehrsunfälle laut Studie um 10 % gestiegen. Auch in Kanada ist laut TÜV-Verband ein signifikanter Anstieg der Unfallzahlen nach der Legalisierung zu verzeichnen.

Cannabiskonsum im Verkehr: Die Zahlen aus den USA lassen aufhorchen

Quellen blieb der TÜV-Verband schuldig, aber Zahlen aus den USA scheinen zu bestätigen, dass THC – ähnlich wie Alkohol – die Verkehrstüchtigkeit negativ beeinflusst. Die Traffic Safety Commission (TSC) untersucht im Bundesstaat Washington regelmäßig den THC-Nachweis bei Unfällen mit Todesfolge. In Washington State wurde der Cannabiskonsum 2012 freigegeben, der THC-Grenzwert beträgt dort sogar 5 ng. So wurde im Jahr 2020 beinahe bei jedem zweiten tödlich verunglückten Fahrer (45 %) THC im Blut nachgewiesen. Vier von fünf der tödlich Verunglückten mit THC-Nachweis waren übrigens männlich. Fahrende mit THC im Blut neigen laut TSC darüber hinaus zur Raserei (43 %), sind unkonzentrierter (17 %) oder tragen keinen Sicherheitsgurt (30 %).

Die AAA Foundation for Traffic Safety verglich im Bundesstaat Washington Unfallzahlen mit Todesfolge vor der Freigabe 2012 mit denen danach. Konkret wurden die Zahlen von 2008 mit 2017 untereinander verglichen. Es stellte sich heraus, dass nach der Freigabe mehr als dreimal so viele Verkehrstote THC im Blut hatten als vor der Freigabe.

Vor diesem Hintergrund warnt der TÜV-Verband vor der geplanten Anhebung des derzeit geltenden Grenzwertes. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Lockerung der Regelungen fahrlässig“, sagt Zaneta. „Aktuell fehlen fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse, um diesen Schritt zu rechtfertigen. Darüber hinaus erweckt die Anhebung des Grenzwerts den Eindruck, als sei es unbedenklich, bekifft Auto zu fahren.“

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