VW: „Werkschließungen nicht mehr ausgeschlossen“
Um die Renditeziele zu halten, kündigt Volkswagen knapp 120.000 Beschäftigten die Job-Garantie. Zwei Fabriken könnten von Kündigungen betroffen sein.
Inhaltsverzeichnis
- Stellenabbau bei VW reicht nicht mehr aus, um Sparziele zu erreichen
- VW-Chef: Autoindustrie befindet sich in einer „ernsten Lage“
- Aufsichtsratsmitglied Stephan Weil verlangt „Nutzung von Alternativen“
- In Deutschland hat Volkswagen noch nie ein Werk geschlossen
- Abfindungen von bis zu 474.000 € reichen nicht aus
Volkswagen schwenkt auf einen radikalen Sparkurs um. Der Konzern will Entlassungen und sogar Werkschließungen nicht mehr ausschließen. Volkswagen gab die entsprechenden Beschlüsse nach einer Führungskräftetagung bekannt. Konkret wird die derzeit geltende Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung mit dem Betriebsrat gekündigt. Die Vereinbarung schließt bislang Kündigungen bis 2029 aus.
Stellenabbau bei VW reicht nicht mehr aus, um Sparziele zu erreichen
Der VW-Vorstand begründet den Schritt damit, dass die Kernmarken von VW restrukturiert werden müssten. Der Konzern weist ausdrücklich darauf hin, dass sogar Werkschließungen Teil dieses Umbauprozesses sein könnten. Wörtlich heißt es im VW-Statement: „Auch Werkschließungen von fahrzeugproduzierenden und Komponenten-Standorten können in der aktuellen Situation ohne ein schnelles Gegensteuern nicht mehr ausgeschlossen werden.“ Bislang war bereits ein Stellenabbau durch natürliche Fluktuation, sprich durch Altersteilzeit und freiwillige Abfindungsprogramme, vorgesehen. Dieser Stellenabbau reiche nun nicht mehr aus, um die angestrebten Sparziele zu erreichen, so VW.
VW-Chef: Autoindustrie befindet sich in einer „ernsten Lage“
Konzernchef Oliver Blume erläuterte: „Die europäische Automobilindustrie befindet sich in einer sehr anspruchsvollen und ernsten Lage. Das wirtschaftliche Umfeld hat sich nochmals verschärft.“ Nach Informationen des Handelsblatts hat sich die Konzernleitung zusätzliche Einsparungen von bis zu 4 Mrd. € zum Ziel gesetzt. Damit will VW die Rendite, die in der Kernmarke derzeit bei 2,3 % liegt, auf 6,5 % anheben.
Arbeitnehmervertreter sprachen in Reaktion auf die Pläne von einem „Angriff auf unsere Beschäftigung, Standorte und Tarifverträge“ und kündigten Widerstand an. Die Betriebsratszeitung „Mitbestimmen“ zitiert Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger, die Absichten der Konzernleitung seien „unverantwortlich“ und erschütterten die „Grundfesten von Volkswagen“.
Aufsichtsratsmitglied Stephan Weil verlangt „Nutzung von Alternativen“
Derzeit beschäftigt das Unternehmen rund 120.000 Menschen in Deutschland. Wie viele von ihnen von Stellenkürzungen betroffen sein könnten und welche Standorte in Gefahr sind, kommentierte Volkswagen nicht. In Betriebsratskreisen ist laut Auskunft der Deutschen Presseagentur von mindestens einem Fahrzeugwerk und einer weiteren Komponentenfabrik die Rede.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, selbst im VW-Aufsichtsrat, forderte die Konzernleitung auf, Standortschließungen zu vermeiden. Es bestehe zwar Handlungsbedarf, VW müsse aber zuvor „alle anderen Möglichkeiten für Kostensenkungen prüfen“, so Weil. „Dabei erwarten wir, dass sich die Frage einer Schließung von Standorten durch die erfolgreiche Nutzung von Alternativen schlichtweg nicht stellt. Die Landesregierung wird darauf ein besonderes Augenmerk legen“, so Weil zuversichtlich.
In Deutschland hat Volkswagen noch nie ein Werk geschlossen
Sollte es zu den nun angekündigten Einschnitten kommen, wären es die ersten Schließungen von Standorten seit mehr als 30 Jahren. 1988 hatte VW zuletzt eine Fabrik in Westmoreland in den USA abgewickelt. In Deutschland wurde noch nie ein VW-Werk geschlossen.
Neben dem Stammwerk in Wolfsburg unterhält VW Fabriken in Hannover, Emden, Osnabrück, Braunschweig, Salzgitter, Kassel, Zwickau, Dresden und Chemnitz. Die Tochter Audi hatte jüngst bereits ihr Werk in Brüssel auf den Prüfstand gestellt.
Abfindungen von bis zu 474.000 € reichen nicht aus
Das bislang laufende Sparprogramm mit dem Ziel, die Personalkosten in der Verwaltung um 20 % zu drücken, lockt mit Abfindungen von bis zu 474.000 € für langjährige Beschäftigte. Insgesamt hat Volkswagen 900 Mio. € zurückgestellt, um auf diese Weise die Belegschaft zu reduzieren. Die Summe dürfte bei Weitem nicht ausreichen, wenn Volkswagen tatsächlich großflächig auf betriebsbedingte Kündigungen zurückgreifen muss. (mit Material von dpa)