„Fiber to the Home“ 24. Jun 2019 Lesezeit: ca. 3 Minuten

Straßenschlitzer fürs Glasfasernetz

In der kürzlich vorgestellten „Digitalen Strategie 2025“ will die Bundesregierung den Breitbandausbau beschleunigen. Die Verlegearbeiten für schnelleres Internet sind allerdings teuer. Eine Lösung dafür könnte „Mini-Trenching“ sein. Statt die Straßen aufzureißen, wird nur ein Schlitz für den Kabelkanal gefräst. Das spart Zeit und Kosten – aber nur, wenn die Straßenbauämter es genehmigen.

Eine Fräse schneidet einen Kabelkanal in die Straße. Trenching ist eine alternative Verlegemethode für Glasfaser.
Foto: Netcologne/Marius Becker

Deutschland steht auf dem vorletzten Platz: Wie kürzlich auf dem FTTH-Kongress („Fiber to the Home“) in Luxemburg bekannt wurde, bildet Deutschland (1,3 % Penetration) zusammen mit Polen (1,1 %) das Schlusslicht der europäischen Rangliste der Glasfaserländer. Nur rund 2,1 Mio. Haushalte und Gebäude mit etwa 503 700 tatsächlichen Teilnehmern sind im Bundesgebiet mit Glasfaser anschließbar. Spitzenreiter sind hier Litauen und Lettland mit jeweils über 36 %.

Das soll sich so schnell wie möglich ändern, wenn es nach Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) geht. Auf der Cebit 2016 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie die „Digitale Strategie 2025“ vorgestellt: Bis 2025 soll ein Gigabit-Glasfasernetz in Deutschland aufgebaut werden, das mindestens zehnmal schneller ist als das heutige Netz. Die notwendigen Investitionen in die digitale Infrastruktur bis 2025 beziffert Gabriel auf 100 Mrd. €.

Wenn die Verlegearbeiten im traditionellen Tiefbau verrichtet werden, reicht das Geld jedoch nicht weit: 1 km kann so nach Aussage der Deutschen Telekom bis zu 70 000 € verschlingen. Es macht also Sinn, die Kosten zu senken.

Ansatzpunkte dafür bietet der DigiNetz-Gesetzentwurf von Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Alternative Verlegungstechniken sollen schneller und günstiger sein (s. Tabelle). Die Bundesregierung spricht beispielsweise explizit von „Trenching“.

Gemeint ist damit das Fräsen eines Kanals in die Straßen- oder Gehwegdecke. Abhängig von der Frästiefe wird in der Kanalgröße aufsteigend zwischen Nano-, Mikro-, Mini- und Makro-Trenching unterschieden. Für den Breitbandausbau wird vor allem das Mini-Trenching eingesetzt. Schlitzbreiten von 8 cm bis 20 cm und Schlitztiefen zwischen 30 cm und 40 cm schützen die Kabel ausreichend vor Frost und Beschädigung.

Die Branche begrüßt das Verfahren größtenteils. Mit Trenching, so der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), ließen sich Glasfasernetze kostengünstig und vor allem schneller als bei offenem Graben zu realisieren. Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) wird konkret: An einem Arbeitstag könnten zwischen 200 m und 600 m verlegt werden. Die vorwiegend lokal und regional tätigen Netzbetreiber des Verbands setzen ebenfalls auf alternative Verlegetechniken, um Kosten zu reduzieren.

Es gebe noch mehr Vorteile der minimalinvasiven Glasfaserverlegung, erklärt Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. So werde beispielsweise ein Großteil der Oberfläche erhalten und die Bauaktivitäten verliefen ruhiger. Man brauche weniger Personal zur Baustellensicherung und der Verkehr würde weniger behindert.

Ein Beispiel präsentiert Gerda Meppelink, Pressesprecherin der Deutschen Glasfaser Holding: „Trassen im Bürgersteig bearbeiten wir in untiefer Verlegeweise – Pflastersteine werden von Hand aufgenommen und die Trasse darunter gefräst.“ Die Leitung selbst werde unter der Tragschicht verlegt. „Dabei sind wir etwa sieben- bis zehnmal schneller und sparen etwa 50 % der Kosten gegenüber der traditionellen Bauweise.“

Allerdings will sich Meppelink nicht auf ein einzelnes Verfahren festlegen: „In unseren Ausbaugebieten setzen wir grundsätzlich einen sinnvollen Mix verschiedener Verlegemethoden ein, jeweils abhängig von den örtlichen Möglichkeiten.“ Das sieht auch der VATM so und zieht Verfahren wie die Freileitung, das Verlegen in Abwasserkanälen, das Pflügen oder Bohren ebenfalls in Betracht. Als Referenzen werden die Gemeinde Lenningen in Baden-Württemberg und DNS:NET, ein lokaler Netzbetreiber in Brandenburg, genannt.

Der Gesetzgeber hat Trenching in der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) gesetzlich verankert. Das gilt aber nur für die dedizierte Verlegung von Glasfasern. Damit beginnen die Einschränkungen des Verfahrens: Für Wasser, Strom und Gas ist es beispielsweise nicht geeignet. Ein weiterer Kritikpunkt sind die vielen Vorgaben des Straßen- und Verkehrswesens, die beim Einsatz der Fräse erfüllt sein müssen, insbesondere die Nutzungsrichtlinien für Bundesfernstraßen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur.

Die Ämter sorgen sich um Schwachstellen in der Straße durch Grabenverfüllbaustoffe und Temperatureinflüsse. Wenn Vorgaben nicht erfüllt werden, können Kommunen und Straßenbauämter die Genehmigung für den Einsatz des Trenching-Verfahrens leicht verweigern.

Auch der Branchenverband Bitkom will sich für alternative Verlegetechniken wie Trenching einsetzen, wenn klar ist, dass notwendige Genehmigungen beim Bau auch erteilt werden.

Die Deutsche Telekom zögert jedoch noch beim Einsatz und nennt auch kein Referenzprojekt. Allerdings gibt es ein Pilotprojekt in der unterfränkischen Gemeinde Wonfurt. Eine 250 m lange Teststrecke wurde dort von der Bauunternehmung Leonhard Weiss ausgeführt. Deren Oberbauleiter Volker Braun erläutert: „Für die Projekte der Zukunft wird es sicherlich einen Technologiemix aus verschiedenen Verlegeweisen geben.“ Mini-Trenching erfülle die Anforderungen für einen schnellen Breitbandausbau.

Allerdings sei das ein zweischneidiges Schwert, sagt Dieter Braun, Geschäftsführer der Bauunternehmung Egon Braun: „Trenching ist eher eine politische Vorgabe, weil man bis 2018 noch einiges erreichen möchte. Die Folgekosten für die Wiederherstellung der Oberflächen werden aber von anderen bezahlt werden.“

Die Telekom zumindest geht vorerst andere Wege: Sie hat einer Holzbaufirma im Schwarzwald einen Großauftrag für über 100 000 Holzmasten erteilt. Der Konzern hat bereits mehr als 3 Mio. Holzmasten in seinem Bestand und betreibt damit über 100 000 km oberirdische Leitungen in ihrem Netz.

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