Elektromagnetische Kanone ist serienreif
Die chinesische Marine hat eine elektromagnetische Waffe entwickelt. Die sogenannte Railgun verschießt die Geschosse aus gehärtetem Metall.
Derzeit läuft in China ein Bauprogramm, das zunächst 20 schwere Zerstörer des neuen Typs 055 umfasst, die allesamt mit Railguns ausgestattet werden. An den schienengebundenen Hochgeschwindigkeitsgeschützen wird schon seit mehr als 150 Jahren gearbeitet.
Die elektromagnetisch angetriebenen Waffen besitzen anstelle eines Geschützrohrs zwei Metallschienen, die in einem Metallrahmen parallel angeordnet sind. Den Schienen verdankt die Waffe auch ihre Bezeichnung „Railgun”. Eine Schiene ist positiv, die andere negativ geladen. Zwischen ihnen befindet das Geschoss, das die Verbindung der beiden Pole herstellt. Durch Stromstöße von einer Million Ampere, die auf ein Magnetfeld stoßen, wird das Geschoss aus dem Rahmen gejagt.
Die Leistung der Railguns wird ganz wesentlich von der Stromstoßstärke und der Länge der Schienen bestimmt. Je höher die Leistung ist, desto eher müssen allerdings die Schienen ausgewechselt werden. Trotzdem bleibt der finanzielle Einsatz kalkulierbar. So schätzt der ehemalige US-Konteradmiral Matthew Klunder, dass der Abschuss eines 18-Zoll-Projektils etwas über 20 000 € kosten dürfte.
Die zerstörerische Wirkung der Schienenkanonen basiert auf der extrem hohen Aufschlaggeschwindigkeit, mit der die Projektile ihr Ziel treffen. Dabei kommt ihrer hohen Schlagkraft ein Durchmesser von 45,7 cm zugute. Betriebstechnisch zählt zu den Vorzügen der Railguns nach chinesischen Angaben, dass je Waffe jeweils nur ein Marinesoldat zur Bedienung erforderlich ist. Zugleich ist die Abnutzung der einzelnen Waffe je Abschuss deutlich geringer als bei einem herkömmlichen Schiffsgeschütz. Die chinesische Marine hebt des Weiteren auf eine hohe Feuergeschwindigkeit ab, ohne allerdings die Zahl der Abschüsse je Zeiteinheit zu nennen.
Eine erste elektromagnetische Waffe wurde 1845 skizziert. Kurz darauf wurde in Oslo ein Patent für eine Version erteilt, die in der Lage war, ein 500 g schweres Projektil auf eine Geschwindigkeit von 50 m/s zu beschleunigen. Die deutsche Wehrmacht erteilte 1944 einen Bauauftrag für eine Railgun, die es auf eine Geschwindigkeit des Geschosses von 2000 m/s bringen sollte. Die als Flak gedachten Geschütze wurden angesichts des sich schnell nähernden Kriegsendes und der Materialknappheit aber nicht mehr gebaut.
Die britische und die amerikanische Marine begannen 2010 ernsthaft mit Railguns zu experimentieren. Es waren allerdings Ingenieure der chinesischen Marine, die die Railguns wirklich zur Serien- und damit Einbaureife in Kriegsschiffe brachten.
Wie sehr es den Chinesen damit eilt, die neuen Schiffe und Geschütze in den Marinedienst zu bringen, geht schon allein daraus hervor, dass auf der Dalian Werft der Dalian Shipyard Group, die wiederum zur staatlichen China State Shipbuilding Corporation gehört, Anfang Juli dieses Jahres an einem Tag fast gleichzeitig zwei der neuen Zerstörer zu Wasser gelassen wurden. Kein anderes Kriegsschiff ist bisher auf derselben Werft zur gleichen Zeit auf benachbarten Helligen gebaut worden. Die ersten zwei der neuen Zerstörer wurden 2017 zu Wasser gelassen. Sie gehen im Herbst dieses Jahres in den aktiven Dienst.
Die beiden jüngsten Zerstörer sollen ebenfalls binnen Jahresfrist in den Marinedienst wechseln. Insgesamt sind derzeit 20 dieser Zerstörer fest geplant. Weitere sind in Planspielen der chinesischen Marine allerdings bereits enthalten. Die 055-Zerstörer weisen 13 000 t Wasserverdrängung bei einer Länge von 180 m auf und sind damit größer als etwa die amerikanischen leichten Kreuzer der Ticonderoga-Klasse (173 m, 10 000 t), un die US-Zerstörer der Arlen-Burke-Klasse (155 m, rund 9000 t). Unabhängig von ihren Railguns sind die chinesischen Zerstörer mit jeweils 112 vertikalen Abschussvorrichtungen für Lenkwaffen ausgerüstet.
Sie sind die derzeit größten und bestbewaffneten Schiffe der chinesischen Marine. Ihre Hauptaufgabe soll es allerdings werden, rund um die geplanten vier chinesischen Flugzeugträgerkampfgruppen Sicherungs-, Abwehr und Angriffsfunktionen mit großer Reichweite zu übernehmen. Dabei zielt die chinesische Marine nach eigenen Angaben auf eine Zusammensetzung, die auch lange Einsätze weit ab der heimatlichen Hafeninfrastruktur gestattet. Gerade zu diesen Szenarios tragen die Railguns bei. Von den Chinesen werden die Reichweite der Geschosse mit etwa 100 Seemeilen (ca. 180 km) angegeben. Diese Entfernung legen die Geschosse mit einer Spitzengeschwindigkeit von bis zu Mach 6 zurück. Die Nutzlast besteht dabei nicht etwa aus Sprengstoffen, sondern vielmehr aus gehärtetem Metall, Experten vermuten, dass es sich um angereichertes Uran handeln könnte.