Jubiläum 02. Sep 2024 Von Rainer Bücken Lesezeit: ca. 4 Minuten

IFA 2024: die Leitmesse feiert 100. Geburtstag

Die IFA (6. bis 10. September 2024 in Berlin) feiert in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag. Sie blickt zurück auf eine Geschichte voller Premieren, auf Tops und Flops und auf so manches Geheimnis.

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Auch auf der IFA 1973 war das Interesse groß. Das Foto der Besucher an durchsichtigen Musikverstärker-Demomodellen wurde am Stand der Firma Marantz aufgenommen.
Foto: picture-alliance/ dpa/Konrad Giehr

Wenn in Kürze die IFA 2024 beginnt, wird an die erste „Große Deutsche Funk-Ausstellung Berlin 1924“, also vor 100 Jahren, erinnert, damals eine rein deutsche Veranstaltung. Das bleibt so bis 1939. Nach der kriegsbedingten Pause geht es 1950 wieder los. Auch dann nur mit deutschen Ausstellern sowie einigen ausländischen Konzessionären, sprich deutschen Niederlassungen. Bis 1970 ist die Funk- vor allem eine Wanderausstellung, findet in Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf und Berlin statt. Wer dort Produkte japanischer Hersteller sucht, muss das Messegelände verlassen und sich auf den Weg zu diversen Hotels machen. Dieser „Wanderzirkus“ endet erst 47 Jahre und 28 Funkausstellungen später mit der „Internationalen Funkausstellung Berlin 1971“.

IFA wandert: Der kleinste Fernsehempfänger der Welt

ARD, ZDF und Deutsche Bundespost gehen mit der „Internationalen Funkausstellung Berlin“ strategische Partnerschaften ein. Sie kämpfen dafür, die Messe „standorttreu“ in Berlin zu halten. Trotzdem müssen Vertreter des „Fachverbandes Rundfunk und Fernsehen“ und der AMK Berlin im verräucherten Palais am Funkturm – selbst Zigarren und Pfeifen sind gestattet – während der Eröffnungspressekonferenz kritische Fragen der Medienvertreter parieren. Es geht um die Zukunftsfähigkeit und Innovationsträchtigkeit der deutschen Industrie, Zweifel sind berechtigt. In den „Ausstellerinformationen für die Presse“ finden sich Hinweise auf gezeigte Produkte. Bei Matsushita (heute Panasonic) wird beispielsweise unter der Marke National der „kleinste Fernsehempfänger der Welt“ mit einem 4-cm-Bildschirm vorgestellt, für 1971 ein echtes Novum.

„Futura 2001“, eine Fernsehkomfortliege von Philips, die auf der Internationalen Funkausstellung 1971 in Berlin gezeigt wird. Foto: picture alliance /dpa/ Volkmar Hoffmann

1983 – die GSG 9 als Wachschutz

1983 ist die GSG 9 auf der Messe. Nicht im Kriseneinsatz, sondern eher präventiv. Auf allen Funkausstellungen wird geklaut. Darüber wird nicht viel geredet, die Versicherungen zahlen. Dumm nur, dass selbst Wachmannschaften oft im Mittelpunkt der Verdächtigungen stehen.

Deshalb holt der Sony-Manager Peter Hoenisch die GSG 9 auf den Messestand, wo der Prototyp der sogenannten Mavica, einer Magnetic Video Camera, geschützt werden soll. Bilder werden da nicht auf chemischem Film, sondern auf einer winzigen Floppy Disk mit 2 Zoll Durchmesser aufgezeichnet. Hoenisch ist gut vernetzt, nicht zuletzt durch seinen Handballverein in Hangelar. Da spielen auch Mitglieder der Spezialeinheit, mit denen er sich anfreundet, ihnen einen temporären Job als Wachdienst in Berlin anbietet und mit einem guten Nebenverdienst winkt. So nehmen sechs GSG 9ler Urlaub und bewachen abwechselnd den Sony-Stand. Allerdings – heute nicht mehr denkbar.

1985 – Europapremiere in Sachen „hochauflösliches Fernsehen“

Auf der Science-Expo 1985 in Tsukuba in der Nähe von Tokio ist erstmals Japans HDTV- oder Hi-Vision-Premiere zu erleben. Analoges Fernsehen mit 1125 Zeilen und 60 Hz. In Berlin wird daraufhin ein Konzept zum Thema „Die Evolution des Fernsehens“ entwickelt. Da geht es um Bildverbesserungstechniken des PAL-Farbfernsehens, 3D und vor allem um HDTV. Japanische HDTV-Kameras werden mit hiesigen Monitoren von Bosch verbunden. So kann auf der IFA 1985 europaweit erstmals hochauflösendes Fernsehen dem Publikum gezeigt werden. Selbst Bundespräsident Richard von Weizsäcker zeigt sich beeindruckt.

Im Katalog allerdings ist vom „hochauflöslichen Fernsehen“ die Rede, ein irreversibler Schreibfehler. Eine Kollegin aus der Pressestelle hat (hochauf-)löslichen Kaffee vor Augen. Doch ein Jahr später, als das Eureka 95 Projekt gestartet und 1993/94 wieder unsanft beerdigt wird, stellt sich heraus, wie zukunftsweisend das alles ist. Eureka 95 – und damit analoges HDTV mit 1250 Zeilen und 50 Hz – hat sich wirklich als „hochauflöslich“ erwiesen. Die Digitaltechnik, auch für HDTV, steht in den Startlöchern.

1989 Computer hinter Gardinen

Im Fachzentrum Handel und Handwerk geht es 1989 um Warenwirtschafts- und Diebstahlschutzsysteme, um Ladenplanung und interaktive Produktpräsentationen. IBM kann als Aussteller gewonnen werden und kommt mit zwei PCs ins Palais. Doch die damalige gfu, die Gesellschaft zur Förderung der Unterhaltungselektronik, will keine PCs, und so müssen die hinter Gardinen verschwinden. Dabei hat die Digitalisierung schon ab 1981 die Fernseher erreicht. Doch die Funkausstellung soll keine Cebit werden. IBM bleibt daraufhin jahrelang weg.

1995 Wirtschaftskrimi Galaxis

In den 90er-Jahren wird Satellitenempfang immer wichtiger. Das Lübecker Unternehmen Galaxis verspricht eine 19 x 35 cm kleine Planarantenne für Astra- und Eutelsat-Empfang. Bei einer ersten Präsentation heißt es noch, alle Lötstellen seien auf der Fahrt gebrochen, auf der Funkausstellung 1995 soll alles funktionieren. Tut es aber nicht, auf dem Messestand in Berlin gibts nur Dummys. Auf der IFA 97 das gleiche Desaster. Trotzdem schafft es Geschäftsführer Winfried Klimek, den Versandhäusern die Funktionsfähigkeit dieser Antenne vorzugaukeln. So tauchen die Antennen in vielen Katalogen auf – sind aber nicht lieferbar. Ein absolutes „No-Go“.

Die IFA feiert 2024 ihren 100. Geburtstag. Foto: Jens D. Billerbeck

Doch Klimek macht weiter mit leeren Versprechungen – inszeniert gefakte Pressemeldungen über gigantische Decoderaufträge. Der Spuk fliegt 2004 auf und Klimek wird am 3. Dezember 2004 wegen des Tatverdachts des Betrugs und Untreue festgenommen und wenige Monate später zu fünf Jahren Haft verurteilt.

IFA 2024: Szenen einer Ausstellung

Zur IFA 2024 gibt es im Palais am Funkturm die Ausstellung „IFA – 100 Years: The Exhibition“. Abgesehen davon, dass das Drei-Buchstaben-Kürzel erst 2001 auf einem Katalog erscheint, geht es in der Ausstellung vor allem um die Geschichte der Unterhaltungs- und Hausgerätetechnik, weniger um die Messe selbst. Doch die ist mehr als Willy Brandts Druck auf den roten Knopf zum Start des Farbfernsehens am 25. August 1967 oder Albert Einsteins Eröffnungsrede 1930.

Was ist mit dem 1935 ausgebrochenen Brand in der Messehalle vier, wo es drei Tote gibt und die erste Fernsehstraße in Rauch aufgeht? Was ist aus Loewes recycelbaren Stahlfernsehern mit Keramikleiterplatten geworden? Auch das Jubiläum „100 Jahre Schallplatte“, auf das 1987 mit einer spektakulären Gemeinschaftsschau in Halle 19 hingewiesen wird, ist nicht berücksichtigt. Spannend wäre auch ein Hinweis auf den – gescheiterten – Versuch der Messe Berlin, mit einem Mediacom-Fachteil die Broadcaster 1987 auf die IFA zu holen. Wäre immerhin eine Ergänzung zur IBC und dem TV-Symposium Montreux gewesen.

Auch die Entwicklung der Aussteller-, Besucher- und gebuchter Quadratmeterzahlen über die Jahre fehlt gänzlich. Beim Deutsch-Deutschen Handelstreffen im Oktober 1990 im ICC Berlin unterstreicht Wilhelm Kahle, damaliger Aufsichtsratsvorsitzender der gfu, die Bedeutung des Zentrums Handel/Handwerk. Auch solche Impulse wären wichtig. Thema verfehlt, Chance verpasst. Leider. Übrigens – jetzt ist IFA nicht mehr die Internationale Funkausstellung, sondern bedeutet „Innovation for all“. Leider nur im Singular.

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